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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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studierte er das Ziegelmauerwerk im Lichtschein seines Feuerzeugs. Es waren keinerlei Geräte zu sehen – eine ganz gewöhnliche Mauer, und eben diese Gewöhnlichkeit täuschte, aber das wußte Wassili. Zu seiner Rechten ragte eine hohe Eiche auf, deren Äste sich an die Mauer schmiegten, aber nicht über sie hinwegreichten.
    Er sprang hoch, und seine Hände krallten sich in die Rinde, seine Knie umfaßten den Stamm wie ein Schraubstock; er arbeitete sich bis zum ersten Ast in die Höhe, schwang das Bein darüber und zog sich in sitzende Lage hoch, den Rücken gegen den Baumstamm gedrückt. Er beugte sich nach vorne, wobei er sich mit seinen Händen auf dem Ast abstützte, bis er fast lag; dann studierte er in der schwachen Beleuchtung die Mauerkrone. Er fand das, was er geahnt hatte.
    In die glatte Betonfläche war ein verschlungenes Netz aus mit Drähten überzogenen Plastikröhren eingelassen, ein Netz, durch das Luft und elektrischer Strom floß. Die Elektrizität diente dazu, kleine Tiere daran zu hindern, an den Plastikschläuchen zu knabbern, und der Luftdruck war so abgestimmt, daß in dem Augenblick ein Alarm ausgelöst wurde, wo ein bestimmtes Gewicht darauf drückte. Ohne Zweifel mündete die Alarmanlage in einen Raum des Gebäudes, wo geeignete Instrumente dann auch anzeigten, wo diese Berührung stattgefunden hatte. Taleniekov wußte, daß das System praktisch hundertprozentig funktionierte und keine Pannen kannte; wenn ein Stück der Leitung kurzgeschlossen wurde, gab es fünf oder sechs andere, die es ersetzten; der Druck einer Messerklinge auf das Drahtgeflecht würde ausreichen, um den Alarm auszulösen.
    Aber praktisch hundertprozentig ist nicht total sicher. Man mußte die Plastikröhren schmelzen und somit die Luft freigeben, ohne daß Druck entstand. Der einzige Alarm, der auf diese Weise ausgelöst wurde, war der, der einen Defekt anzeigte; das Anzeigegerät würde dann auf die Stelle deuten, wo das System begann; das mußte viel näher beim Haus sein.
    Er schätzte den Abstand zwischen dem Ast, auf dem er kauerte, und der Mauerkrone ab. Wenn es ihm gelang, ein Bein möglichst weit vorne, am Ende des Astes einzuhaken, konnte er sich nach unten durchhängen lassen und mit einer Hand an der Mauerflanke abstützen; dann konnte er mit der anderen, freien Hand das Feuerzeug an die Plastikleitung halten.
    Er holte das Feuerzeug heraus – ein amerikanisches Feuerzeug, fiel ihm mit einiger Verstimmung ein – und schob das Hebelchen, das die Flammenhöhe regulierte, ganz nach vorn. Er knipste das Feuerzeug an und prüfte es; die Flamme schoß hervor und blieb stehen; er schob das Hebelchen etwas zurück, weil die Flamme so zu hell war. Dann atmete er tief durch, spannte die Muskeln seines rechten Beines und ließ sich nach links fallen, wobei seine linke Hand an der Mauerflanke entlangfuhr. Er stützte sich und begann langsam zu atmen, orientierte sich. Das Blut schoß ihm in den Kopf; er drehte den Hals kurz herum, um den Druck zu mindern, dann schnippte er das Feuerzeug an und hielt die Flamme gegen das erste Röhrchen.
    Zuerst knisterte ein Funke, dann zischte Luft aus dem Schlauch, als dieser zuerst schwarz wurde und kurz darauf schmolz. Jetzt machte er sich an den zweiten; der explodierte wie ein kleiner, naß gewordener Knallfrosch, ein Geräusch, das nicht viel lauter war als ein Schuß aus einer Luftpistole. Der dritte blähte sich zu einer dünnen Blase auf. Eine Blase. Druck! Gewicht! Er schob die Flamme näher heran, die Blase platzte; er hielt den Atem an, wartete auf einen Alarm. Doch er kam nicht; er hatte den Schlauch noch rechtzeitig punktiert, ehe die Gewichtstoleranz erreicht war. Er lernte daraus und hielt die Flamme gleich beim ersten Kontakt näher an den Schlauch. So geschah es mit den zwei nächsten Schläuchen, die beide sofort barsten. Jetzt fehlte nur noch einer.
    Plötzlich wurde die Flammenzunge kürzer, zog sich in das in der Finsternis unsichtbare Feuerzeug zurück. Der Brennstoff war zu Ende. Er schloß einen Augenblick lang frustriert und wütend die Augen. Sein Bein schmerzte; das Blut, das ihm in den Kopf geschossen war, machte ihn benommen. Dann fiel ihm ein, was er gleich hätte wissen müssen; er ärgerte sich über sich selbst, daß er nicht von Anfang an daran gedacht hatte. Der eine intakt gebliebene Schlauch würde vielleicht vermeiden, daß ein Schadensalarm ausgelöst wurde; es war für ihn viel besser, wenn er ihn intakt ließ. Auf der Mauerkrone waren

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