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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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New York. Man hatte den Senator glauben gemacht, daß es seiner Bekanntschaft mit einem Konsulatsattache zuzuschreiben war, daß die sowjetischen Auswanderungsbehörden ein Visum ausgegeben hatten. Der Senator würde aus der Sache Kapital schlagen. Damit war ein Fallstrick gelegt. Sobald einmal genügend solcher Stricke ausgelegt waren, würde es plötzlich eine unpassende Verbindung zwischen dem Senator und »Bekannten« in der sowjetischen Machtstruktur geben; und das konnte nützlich sein. Der Jude mußte Moskau heute abend verlassen. In drei Tagen hatte der Senator zu seiner Begrüßung eine Pressekonferenz am Kennedy Airport angesetzt.
    Aber die jungen aggressiven Denker im WKR blieben hartnäckig. Der Schriftsteller würde aufgehalten und in die Lubjanka gebracht werden. Dann würde der Verwandlungsprozeß beginnen. Niemand außerhalb des WKR sollte von der Operation erfahren; der Erfolg hing davon ab, daß er plötzlich verschwand und daß die ganze Operation unter strikter Geheimhaltung ablief. Chemikalien hätten ihm verabreicht werden sollen, bis er zu einer völlig anderen Pressekonferenz bereit war. Einer Pressekonferenz, in der er bekanntgab, daß israelische Terroristen ihm mit Gewaltmaßnahmen gegen Verwandte in Tel Aviv gedroht hatten, falls er nicht ihren Anweisungen Folge leistete und öffentlich erklärte, er könne Rußland verlassen.
    Der Plan war lächerlich. Wassili hatte das seiner Kontaktperson im WKR auch gesagt, aber man hatte ihm vertraulich erklärt, daß nicht einmal der außergewöhnliche Taleniekov sich in die Aktionen von Gruppe Neun, Wodennya Kontra Rozwedka einmischen könne. Und wer, im Namen aller in Ungnade geratenen Zaren, war eigentlich Gruppe Neun?
    Es war die neue Gruppe Neun, hatte sein Freund erklärt. Die Nachfolgerin der berüchtigten Abteilung Neun des KGB. Smert Schpiononam. Jene Abteilung der sowjetischen Abwehr, die sich ausschließlich damit befaßte, mittels Erpressung, Folter und jener schrecklichsten Methode – der Tötung geliebter Menschen vor geliebten Menschen – Willen und Geist zu brechen.
    Das Töten war Wassili Taleniekov nicht fremd, aber jene Art des Tötens drehte ihm den Magen um. Die Drohung, so zu töten, war oft nützlich, nicht aber die Tat selbst. Der Staat verlangte es nicht. Nur Sadisten forderten es. Wenn es einen Nachfolger für Smert Schpiononam gab, dann würde er dafür sorgen, daß dieser Nachfolger erfuhr, mit wem er es im Bereich des KGB zu tun haben würde. Im speziellen mit einem »ungewöhnlichen Taleniekov«. Sie würden es lernen, einem Mann nicht zu widersprechen, der fünfundzwanzig Jahre damit verbracht hatte, im Auftrag des Staates durch Europa zu ziehen.
    Fünfundzwanzig Jahre. Ein Vierteljahrhundert war vergangen, seit ein einundzwanzigjähriger Student mit besonderem Sprachtalent aus seiner Studienlaufbahn an der Universität von Leningrad herausgeholt und für drei Jahre intensiven Trainings nach Moskau geschickt worden war. Es war ein Training, wie es sich der Sohn introvertierter sozialistischer Lehrer kaum vorzustellen vermochte. Man hatte ihn aus einem ruhigen Heim herausgeholt, in dem Bücher und Musik seine Umgebung bildeten, und ihn in eine Welt der Verschwörung und der Gewalt geworfen, die nur von chiffrierten Botschaften, Codes und Brutalität zu leben schien. Einer Welt, in der man alle Arten der Überwachung und der Sabotage, der Spionage und des Tötens – nicht des Mordens, Mord war ein Begriff, der hier keinen Bezug hatte – lehrte.
    Er hätte vielleicht versagt, wäre da nicht ein Ereignis eingetreten, das sein Leben veränderte und ihm ein Motiv gab.
    Tiere hatten ihm dieses Motiv geliefert – amerikanische Tiere.
    Man hatte ihn im Rahmen seiner Ausbildung nach Ost-Berlin geschickt, als einen Beobachter subversiver Taktiken im Höhepunkt des Kalten Krieges. Er hatte eine Beziehung zu einer jungen Frau aufgenommen. Einem deutschen Mädchen, das voll Loyalität an die Sache des marxistischen Staates glaubte und vom KGB rekrutiert worden war. Ihre Position war von so untergeordneter Natur, daß ihr Name nicht einmal auf einer Soldliste erschien; sie war eine unwichtige Organisatorin von Demonstrationen und wurde mit Bargeld aus einer Spesenschublade bezahlt. Sie war einfach eine Universitätsstudentin, die mehr von der Leidenschaft als dem Wissen geleitet wurde. Eine Radikale mit flammenden Augen, die sich für eine Art Jeanne d'Arc hielt. Aber Wassili hatte sie geliebt.
    Sie hatten einige Wochen

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