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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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wechseln, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Trotz der Lüge, die er Congdon aufgebunden hatte, wußten die Sowjets inzwischen wahrscheinlich, daß er aus dem Verkehr gezogen worden war. Wenn nicht, würden sie das bald erfahren. Nach einigen Monaten der Untätigkeit würde das KGB die Tatsache akzeptieren, daß er keinen Wert mehr besaß. Die Regel galt immer. Taktiken und Codes wurden geändert. Die Sowjets würden ihn unbehelligt lassen; sie würden ihn nicht töten.
    Aber die Lüge, die er Congdon gegenüber angewendet hatte, war notwendig gewesen, und wäre es nur gewesen, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen. Wir möchten es aus den Akten heraushalten. Eintrag Vier-Null. Der Mann war so durchsichtig.
    Er glaubte wirklich, er hätte das Klima für die Exekution seines eigenen Mannes geschaffen, eines Mannes, den er für gefährlich hielt; daß ein vorgeblich aktiver Agent von den Sowjets um des Tötens willen getötet würde. Dann würde das Außenministerium – unter Hinweis auf die offizielle Entlassung – jede Verantwortung von sich weisen und ohne Zweifel erklären, der Tote hätte jeglichen Schutz abgelehnt.
    Diese Schweine änderten sich nie. Aber sie wußten so wenig. Eine Exekution um ihrer selbst willen war sinnlos und die Folgen häufig gefährlich. Man tötete zu einem bestimmten Zweck; um etwas zu erfahren, indem man ein wichtiges Glied in einer Kette entfernte, oder, um zu verhindern, daß etwas geschah; oder, um jemandem eine Lektion zu erteilen. Aber einen Grund mußte es immer geben.
    Außer in Fällen wie Prag. Aber selbst das konnte man als Lektion betrachten: einen Bruder für eine Frau.
    Es war vorbei. Es galt keine Strategien mehr zu schaffen, keine Entscheidungen zu treffen, die dazu führten, daß jemand die Seiten wechselte, oder jemand getötet wurde. Es war vorbei.
    Vielleicht würden sogar die Hotelzimmer ein Ende haben. Die stinkenden Betten in heruntergekommenen Pensionen in den übelsten Vierteln von Hunderten von Städten. Er war ihrer so müde; er verachtete sie alle. Mit Ausnahme einer einzigen kurzen Periode – zu kurz, viel zu kurz – hatte er seit zweiundzwanzig Jahren an keinem einzigen Ort gelebt, den er sein eigen hatte nennen können.
    Aber jene jämmerlich kurze Periode, siebenundzwanzig Monate in einem ganzen Leben, reichte aus, um ihn die Qual von tausend Alpträumen überstehen zu lassen. Die Erinnerung ließ ihn nie los. Sie würde ihm Kraft verleihen bis zum Tage seines Todes.
    Es war nur eine kleine Wohnung in West-Berlin gewesen, aber sie war das Heim von Träumen, von Liebe, von Lachen – alles Dinge, von denen er nie gedacht hatte, daß er sie würde schätzen können: Seine schöne Karine, seine anbetungswürdige Karine. Seine Karine mit den großen wißbegierigen Augen und dem Lachen, das aus ihrem Inneren zu kommen schien. Dann wieder die Stille, wenn sie ihn berührte. Er gehörte ihr, und sie ihm, und… Tot, Unter den Linden.
    O Gott! Ein Telefonanruf und ein Codewort. Ihr Mann brauchte sie. Dringend! Schnell über den Checkpoint!
    Und ein KGB-Schwein hatte ohne Zweifel gelacht. Bis Prag. Nach Prag konnte dieser Mann nicht mehr lachen.
    Scofield spürte, wie seine Augen zu schmerzen begannen. Der Nachtwind hatte die wenigen, spontanen Tränen berührt. Er wischte sie mit dem Handschuh weg und überquerte die Straße.
    Auf der anderen Seite war das erleuchtete Schaufenster eines Reisebüros. Die Plakate im Fenster zeigten idealisierte, unwirkliche Körper, die die Sonne in sich aufsogen. Congdon, dieser Amateur, hatte da etwas Richtiges gesagt: Die Karibik war eine gute Idee. Kein Abwehrdienst, der etwas auf sich hielt, schickte Agenten auf die Karibik-Inseln – aus Angst, zu gewinnen. Auf den Inseln würden die Sowjets wissen, daß er nicht mehr im Dienst war. Er hatte einmal die Inseln von Grenada besuchen wollen; warum also nicht jetzt? Morgen würde er…
    Die Gestalt spiegelte sich im Glas – winzig und undeutlich, kaum zu sehen. Bray hätte ihn auch nicht bemerkt, wäre der Mann nicht in diesem Augenblick durch den Lichtkegel einer Straßenlaterne gegangen. Wer auch immer er sein mochte, er suchte den Schutz der Schatten; jedenfalls folgte er ihm. Und er war gut. Da waren keine abrupten Bewegungen, er sprang auch nicht plötzlich aus dem Lichtkegel heraus. Er ging ganz beiläufig und unauffällig. Ob es wohl jemand war, den er ausgebildet hatte?
    Scofield hielt sehr viel vom Profitum; er würde den Mann loben und ihm das nächste Mal ein

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