Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
ganze Agentennetze gefährdet. Man verbreitet das Gerücht: Euer Leben ist in Gefahr. Also kommt man überein, daß ein anderer Mann, vielleicht auch zwei oder drei, in Prag oder Berlin oder Marseille in ein Flugzeug steigen. Sie kommen nach Washington mit einem Ziel: jenen Mann zum Schweigen zu bringen. Alle beruhigen sich. Die amerikanische Abwehr – die mit diesem Zwischenfall überhaupt nichts zu tun hat – kann wieder aufatmen. Ja, Mr. Congdon, es widert mich an.«
    Der Direktor von Cons Op blieb reglos in seinem Sessel sitzen. Seine Antwort kam leise und monoton. »Diese Lösung, Mr. Winthrop, ist nach meinem besten Wissen höchst übertrieben dargestellt worden. Die Übertreibung steht in keinem Verhältnis zu der Häufigkeit, mit der sie angewendet wird. Ich will wieder völlig offen zu Ihnen sein. In fünfzehn Jahren habe ich nur zweimal davon gehört, daß sie angewendet wurde. In beiden… Fällen… waren die betreffenden Agenten nicht mehr zu retten. Sie hatten sich an die Sowjets verkauft. Sie lieferten tatsächlich Namen.«
    »Ist Scofield ›nicht mehr zu retten‹? Das ist doch die korrekte Formulierung, oder?«
    »Wenn Sie mit dieser Frage meinen, ob ich glaube, daß er uns verraten hat, dann natürlich nicht. Das ist das letzte, was er tun würde. Ich bin wirklich hierhergekommen, um mehr über ihn zu erfahren. Ich meine es ehrlich. Wie wird er reagieren, wenn ich ihm sage, daß er nicht mehr gebraucht wird?«
    Winthrop überlegte. Man sah ihm die Erleichterung an. Dann runzelte er wieder die Stirne. »Ich weiß es nicht, weil ich den gegenwärtigen Scofield nicht kenne. Es ist drastisch; was wird er tun? Gibt es keinen Mittelweg?«
    »Wenn ich glaubte, daß es einen gäbe, der für uns beide akzeptabel ist, würde ich sofort danach greifen.«
    »Wenn ich Sie wäre, würde ich mich bemühen, einen zu finden.«
    »Unter diesen Voraussetzungen geht es nicht«, sagte Congdon entschlossen. »Davon bin ich überzeugt.«
    »Darf ich dann einen Vorschlag machen?«
    »Bitte tun Sie das.«
    »Schicken Sie ihn so weit weg, wie es geht. Irgendwo, wo er friedliches Vergessen finden kann. Schlagen Sie es selbst vor, er wird es verstehen.«
    »Ja?«
    »Ja. Bray macht sich nichts vor. Zumindest hat er das früher nie getan. Das war eines seiner großartigen Talente. Er wird es verstehen, weil ich glaube, daß ich es verstehe. Ich glaube, Sie haben mir einen sterbenden Menschen geschildert.«
    »Es gibt keine medizinischen Hinweise, die darauf deuten.«
    »Ach Gott, hören Sie doch auf«, sagte Robert Winthrop.
    Scofield schaltete den Fernseher ab. Er hatte ein paar Jahre lang keine amerikanischen Nachrichtensendungen mehr gesehen – seit man ihn zuletzt zur Berichterstattung zurückgeholt hatte. Er war nicht sicher, ob er in den nächsten paar Jahren eine sehen wollte. Nicht, daß er glaubte, daß alle Nachrichten mit dem gemessenen Ton einer Predigt dargebracht werden sollten, aber das Kichern und Grinsen, mit dem man die Schilderungen von Feuersbrünsten, Mord und Vergewaltigung begleitete, schien ihm unerträglich.
    Er sah auf die Uhr; es war zwanzig Minuten nach sieben. Das wußte er, weil seine Uhr immer noch zwanzig Minuten nach Mitternacht anzeigte; sie war immer noch auf Amsterdamer Zeit eingestellt. Sein Termin im State Department war um acht Uhr.
    Acht Uhr abends. Das war für Spezialisten seines Ranges üblich. Was nicht üblich war, war der Besprechungsort, nämlich das State Department selbst. Mitarbeiter der Consular Operations hielten Strategiebesprechungen grundsätzlich in sicheren Häusern ab. Gewöhnlich auf dem Lande, in Maryland, manchmal auch in Hotelzimmern in der Innenstadt von Washington.
    Aber nie im State Department. Nicht, wenn man Spezialist war und wieder draußen arbeiten sollte. Aber Bray wußte natürlich, daß er nicht zurückkehren würde. Man hatte ihn zu einem Zweck zurückgeholt: Kündigung.
    Zweiundzwanzig Jahre und Schluß. Ein winziges Stäubchen Zeit, in das sich alles drängte, was er wußte – alles, was er gelernt, in sich aufgenommen und gelehrt hatte. Er wartete immer noch auf seine eigene Reaktion, aber es kam keine. Es war gerade, als wäre er ein Zuschauer, der die Bilder eines anderen auf einer weißen Wand beobachtete. Der unvermeidliche Abschluß rückte näher, zog ihn aber nicht in die Ereignisse hinein. Er war nur von einer ganz schwachen Neugierde erfüllt. Wie würden sie es anstellen?
    Die Wände des Büros von Unterstaatssekretär Daniel Congdon

Weitere Kostenlose Bücher