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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Sie!«
    Die alte Frau hielt inne und ließ das Messer sinken. Sie stand reglos und sprachlos da. Ihr Atem ging schwer. Sie starrte ihn ungläubig an. Scofield wurde bewußt, daß sie noch nie in dieser Lage gewesen war. Sie hatte immer gesiegt.
    Taleniekovs Vogel war ein böser Falke unter der Maske einer kleinen grauen Taube. Diese Schutzfarbe war ihre Versicherung. Sie hatte sie nie im Stich gelassen.
    »Wer sind Sie? KGB?« fragte Bray und griff nach dem Handtuch auf dem Bett und drückte es gegen die Wunde am Hals.
    »Was?« flüsterte sie mit glasigen Augen.
    »Sie arbeiten für Taleniekov. Wo ist er?«
    »Ich werde von einem Mann bezahlt, der viele Namen benutzt«, erwiderte sie, das tödliche Messer immer noch locker in der Hand. Ihre Wut war verflogen, war der Furcht und Erschöpfung gewichen. »Ich weiß nicht, wer er ist. Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Er wußte, wo er Sie finden konnte. Wo haben Sie das gelernt? Wann?«
    »Wann?« flüsterte sie mit blutleeren Lippen. »Als Sie noch ein Kind waren. Wo? In Belsen und Dachau… und anderen Lagern, anderen Fronten. Wir alle.«
    »Herrgott…«, stöhnte Scofield leise. Wir alle. Ihre Zahl war Legion. Mädchen, die man aus den Lagern geholt, an die Front, in Kasernen und auf Flugplätze geschickt hatte. Sie überlebten als Huren, von ihresgleichen entehrt und ausgestoßen. Sie wurden zu den Hyänen der Schlachtfelder Europas. Taleniekov wußte schon, wo er Leute fand.
    »Warum arbeiten Sie für ihn? Er ist auch nicht besser als die, die Sie ins Lager geschickt haben.«
    »Ich muß. Er wird mich umbringen. Und jetzt sagen Sie, daß Sie mich töten wollen.«
    »Vor dreißig Sekunden hätte ich das getan. Sie haben mir keine Wahl gelassen; jetzt können Sie es. Ich werde für Sie sorgen. Sie stehen mit diesem Mann in Kontakt. Wie?«
    »Er ruft an. In der Suite auf der anderen Seite des Ganges.«
    »Wie oft?«
    »Alle zehn oder fünfzehn Minuten. Er wird bald wieder anrufen.«
    »Gehen wir«, sagte Bray vorsichtig. »Beugen Sie sich nach rechts und lassen Sie das Messer aufs Bett fallen.«
    »Dann schießen Sie«, flüsterte die alte Frau.
    »Wenn ich das vorhätte, würde ich es jetzt tun«, sagte Scofield. Er brauchte sie, brauchte ihr Vertrauen.
    »Ich hätte dann doch keinen Grund, abzuwarten, oder? Gehen wir zu diesem Telefon hinüber. Ich zahle Ihnen doppelt soviel, wie er gezahlt hat.«
    »Ich glaube nicht, daß ich gehen kann. Ich glaube, Sie haben mir den Fuß gebrochen.«
    »Ich helfe Ihnen.« Bray. ließ das Handtuch sinken und ging einen Schritt auf sie zu. Er hielt ihr die Hand hin. »Nehmen Sie meinen Arm.«
    Die alte Frau schob mit schmerzverzerrtem Gesicht den linken Fuß vor. Dann warf sie sich plötzlich wie eine wütende Löwin vor, das Gesicht verzerrt, die Augen wild.
    Das Messer schoß auf Scofields Leib zu.
    Taleniekov folgte dem Mann aus Amsterdam in den Lift. In der Kabine waren zwei junge Leute. Reiche, verwöhnte Amerikaner; ein modisch gekleidetes Liebespaar, zwei Menschen, die nur sich sahen und ihren Hunger. Sie hatten getrunken.
    Der Holländer in dem schwarzen Mantel nahm den grauen Homburg ab, während Wassili, der sein Gesicht kurz abgewandt hatte, sich neben ihn an die getäfelte Wand stellte. Die Türen schlossen sich. Das Mädchen lachte leise; ihr Begleiter drückte den Knopf für das fünfte Stockwerk. Der Mann aus Amsterdam trat vor und drückte Nummer zwei.
    Als er wieder zurücktrat, blickte er nach links. Seine Augen trafen sich kurz mit denen Taleniekovs. Der Mann erstarrte; der Schock, den er empfand, war total, das Erkennen absolut. In diesem Schock, dem Erkennen, erkannte Wassili eine weitere Wahrheit: Die Falle galt auch ihm. Dem Team war eine Priorität gesetzt: Beowulf Agate. Aber wenn ein KGB-Agent, der unter dem Namen Taleniekov bekannt war, auftauchen sollte, dann war er ebenso rücksichtslos zu töten wie Scofield.
    Der Mann aus Amsterdam hielt sich den Hut vor die Brust und fuhr mit der rechten Hand in die Tasche. Wassili sprang ihn an und preßte ihn gegen die Wand. Seine linke Hand packte das Handgelenk, das noch in der Tasche steckte, glitt nach unten, trennte Hand und Waffe, griff nach dem Daumen und bog ihn zurück, bis der Knochen knackte. Der Mann stieß einen Schrei aus und sank in die Knie.
    Das Mädchen schrie. Taleniekov sprach mit lauter Stimme zu dem Paar.
    »Ihnen wird nichts passieren. Ich wiederhole, es geschieht Ihnen kein Leid, wenn Sie tun, was ich sage. Machen Sie keinen Lärm und bringen

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