Der Matarese-Bund
unternehmen. Vielleicht ist das der Unterschied zwischen uns.«
»Um unser beider willen… um unser aller willen – hoffe ich inständig, daß Sie recht haben.«
»Das habe ich. Ich geh' jetzt schlafen.« Scofield deutete auf eine Couch, die an der Wand stand. »Daraus läßt sich ein Bett machen; in dem Schrank dort drüben sind Decken. Ich nehme das Schlafzimmer.«
Er ging auf die Türe zu, blieb dann aber stehen und drehte sich zu dem Russen um. »Übrigens, ich werde abschließen. Ich habe einen sehr leichten Schlaf.«
»Das gilt sicher für uns beide«, sagte Taleniekov. »Sie haben nichts von mir zu befürchten.«
»Das hatte ich nie«, sagte Bray.
Scofield hörte eine Anzahl schwacher, knackender Geräusche und fuhr unter der Bettdecke herum. Seine Hand griff nach der Browning Automatik, die neben seinem Knie lag. Noch unter der Decke zog er sie zu sich heran, während seine Füße über den Bettrand schossen; er war bereit, sich zu ducken und zu schießen.
Es war niemand im Raum. Mondlicht schien durch die Nordfenster herein, Balken von farblos-weißem Licht, das durch die dicken Scheiben in einzelne Streifen einer gespenstischen Beleuchtung aufgeteilt wurde. Einen Augenblick wußte er nicht, wo er sich befand, so erschöpft war er gewesen, so tief hatte er geschlafen. Als seine Füße den Boden berührten, wußte er wieder, daß sein Feind im Nebenzimmer war. Ein sehr eigenartiger Feind, der ihm das Leben gerettet hatte, und dessen Leben er Minuten darauf gerettet hatte.
Bray sah auf das Leuchtzifferblatt seiner Uhr. Es war Viertel nach vier Uhr morgens. Er hatte beinahe dreizehn Stunden geschlafen. Die Schwere seiner Arme und Beine, die klebrige Feuchtigkeit um seine Augen und die Trockenheit seiner Kehle zeigten ihm an, daß er sich in der ganzen Zeit kaum bewegt hatte. Er saß eine Weile auf dem Bettrand und sog die kühle Luft tief in sich hinein, legte die Waffe beiseite und schüttelte die Hände, ließ die Finger schnappen. Dann sah er zu der verschlossenen Tür des Schlafzimmers.
Taleniekov war bereits auf und hatte Feuer gemacht; die knackenden Geräusche waren ihm jetzt klar – die unverkennbaren Laute brennenden Holzes. Scofield beschloß, es noch ein paar Minuten hinauszuschieben, ehe er den Russen sah. Sein Gesicht juckte, sein Bartwuchs hatte dazu geführt, daß sich an seinem Hals ein leichter Ausschlag entwickelt hatte. Im Badezimmer war immer Rasierzeug; er würde sich den Luxus leisten, sich zu rasieren und die Bandagen zu wechseln, die er vor vierzehn Stunden an seinem Hals und seinem Kopf angebracht hatte. Das würde sein Gespräch mit dem ehemaligen – abtrünnigen? – KGB-Mann noch etwas hinausschieben. Womit auch immer sich dieses Gespräch befassen würde, Bray wollte es nicht, und doch sagten ihm die unerwarteten Ereignisse und Entscheidungen der vergangenen vierundzwanzig Stunden, daß er bereits in die Angelegenheit verwickelt war.
Es war 4.37 Uhr, als er die Tür aufschloß und sie öffnete. Taleniekov stand vor dem Feuer und trank aus einer Tasse, die er in der Hand hielt.
»Ich bitte um Entschuldigung, falls das Feuer Sie geweckt hat«, sagte der Russe. »Oder das Geräusch der Haustüre, falls Sie's gehört haben.«
»Der Ofen ist ausgegangen«, sagte Scofield und warf einen Blick auf das kastenförmige Gebilde.
»Ich glaube, der Propantank ist leer.«
»Sind Sie deshalb hinausgegangen?«
»Nein. Ich mußte austreten; hier ist keine Toilette.«
»Das habe ich vergessen.«
»Haben Sie mich hinausgehen hören? Oder zurückkommen?«
»Ist das Kaffee?«
»Ja«, antwortete Taleniekov. »Eine schlechte Angewohnheit, die ich mir im Westen zugelegt habe. Ihr Tee hat keinen Geschmack. Der Topf steht auf dem Brenner.« Der KGB-Mann deutete hinter einen Raumteiler, wo Ofen, Ausguß und Kühlschrank an einer Wand aufgereiht waren. »Ich bin überrascht, daß Sie nichts gerochen haben.«
»Ich dachte, ich rieche etwas«, log Scofield und trat an den Herd. »Aber es war schwach.«
»Und jetzt haben wir beide genug Lappalien geredet.«
»Ja«, bestätigte Bray und füllte seine Tasse. »Sie behaupten die ganze Zeit, Sie hätten mir etwas zu sagen. Packen Sie aus.«
»Zuerst werde ich Ihnen eine Frage stellen. Haben Sie je von einer Organisation gehört, die sich die Matarese nennt?«
Scofield hielt inne und dachte nach, dann nickte er. »Politische Killer, die man sich mieten kann. Ein Rat in Korsika leitet sie. Das Ganze fing vor einem reichlichen halben
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