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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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US-amerikanische Technikhistoriker Lewis Mumford ging gar so weit, die Uhr als die eigentliche Schlüsselerfindung des Industriezeitalters zu bezeichnen, weil sie standardisierte und synchronisierte und in ihrer Entwicklung den anderen Maschinen stets voranging.
    Das Diktat der Zeit nahm immer größere Ausmaße an, die Beschleunigung legte auf Schienen an Tempo zu. Ein Zugfahrplan musste nicht nur vom Lokführer beziehungsweise den angestrengt schaufelnden Männern am Tender eingehalten werden, sondern ebenso vom Reisenden, der nicht nach Lust und Laune anspannen lassen konnte wie der adelige Müßiggänger in seiner Kutsche. Ebenso erging es den Fabrikarbeitern, deren ohnehin schon harte Arbeit nun auch noch in ein Zeitkorsett gepresst wurde, das zuvor Handwerker oder Heimarbeiter, vom Schuster bis zur Weberin, nicht beachten mussten, weil sie nicht nach Zeit, sondern nach Leistung bezahlt wurden. Die Aneignung der notwendigen Eigendisziplin wurde als durchaus mühsam empfunden.
    Ebenso setzte die Eisenbahn auch jenseits der Gleise eine Beschleunigung in Gang: Nachrichten gelangten schneller von einem Ort zum anderen, bald noch schneller infolge der elektrischen Telegrafie. Mehr Tempo in allen Lebenslagen, möchte man für die rapiden Veränderungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sagen, in Jules Vernes berühmtem Roman Reise in 80 Tagen um die Welt ebenso amüsant wie einsichtig thematisiert. Das aus heutiger Sicht zu würdigen fällt uns manchmal schwer, weil das damalige Lebenstempo so viel langsamer erscheint als das unsrige heute. Und doch: In wenigen Jahrzehnten wurden nicht nur das Zeitempfinden und der Umgang mit Zeit revolutioniert, dort ist auch der Ursprung der Überreizung an Eindrücken und Informationen zu suchen, wie sie für unser Medienzeitalter immer wieder kritisiert wird. Denn Ansturm und Verfügbarkeit von Angebotenwurde ermöglicht durch die Beschleunigung, die sich somit auch auf Umwegen auf unser Zeitgefühl auswirkt. Das Leben eines Landbewohners im Polen oder im Spanien des 17. Jahrhunderts war gemächlich, vorhersehbar und ereignisarm, Nachrichten verloren schon deshalb an Dringlichkeit, weil sie bei ihrem Eintreffen bereits Monate alt sein mochten. Den beschaulichen, beständigen Lauf der die Menschen umgebenden Natur hinzugenommen, ergibt sich eine Zeitlichkeit, gegen die selbst ein heutiger Strandurlaub ohne Fernsehen und Zeitungen schwindeln macht.

    Schon die frühe Moderne wurde von Zeitgenossen mit Zeitökonomie und Schnelllebigkeit in Verbindung gebracht – der rückblickende soziologische Befund lautet gar, dass die Menschen die Modernisierung vor allem an der Beschleunigung erfahren haben und die Globalisierung, die längst den Großteil der Welt erfasst hat, von einer abermaligen Beschleunigung gekennzeichnet ist, die nicht wenige schlichtweg überfordert. 1880 führte das Vereinigte Königreich die landesweite Normalzeit Greenwich Mean Time (GMT ) ein, bereits zwei Jahre später ergriffen die Vereinigten Staaten die Initiative für eine allgemeine Weltzeit, auf die sich eine internationale Konferenz 1884 verständigte – mit der Greenwich Time als Universal Time, von der ausgehend entlang der Längengrade Zeitzonen festgelegt wurden. Seither gibt es die berühmte, im Zickzack-Kurs durch den Pazifik verlaufende Datumsgrenze, die zur letzten Jahrtausendwende wieder Furore machte, als teure Schiffsreisen Millenniumsfeiernden ermöglichten, gleich mehrmals hintereinander auf den Jahreswechsel anzustoßen, weil das Schiff die Datumsgrenze in der Nacht der Nächte immer wieder kreuzte. Die Weltschifffahrt, von Großbritannien dominiert, hatte sich zwar auch vorher schon weitgehend an der Greenwich Time des Royal Observatory orientiert, aber trotzdem war diese doch durchaus anmaßende Festlegung einer Weltzeitein unübersehbarer Ausdruck des Eurozentrismus im kolonialen Gewand. Kein Wunder, dass dagegen polemisiert wurde, beispielsweise in den USA oder in Frankreich. Alternativvorschläge sahen vor, einen politisch neutraleren, aber kulturell aussagefähigen Ort als zeitlichen Nullpunkt auszuwählen, etwa die ägyptischen Pyramiden oder Jerusalem. Das wäre aus heutiger Sicht natürlich kaum glücklicher geraten. Wie auch immer, ein französischer Anarchist mit dem passenden Namen Martial Bourdin versuchte 1894 ein Attentat auf das Observatorium von Greenwich, das jedoch ungeplant zum Selbstmordattentat geriet – mit dem jungen Mann als einzigem Todesopfer.
    Dass die

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