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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Astronomen angewiesen war als sie auf ihn. Der König mochte Krieg führen, Geschäfte machen und Opferrituale vollziehen – aber er tat dies stets unter sachkundiger und unerlässlicher Anleitung seiner Kalenderpriester. Sie verfügten über einen Stab an geschulten Mitarbeitern, die Nacht für Nacht das Firmament studierten und seine Bewegungen akribisch genau verzeichneten. Ihnen standen Fachbücher zur Verfügung, die endlose Tabellen enthielten, mit denen Planetenkonstellationen, vor allem aber Mond- und Sonnenfinsternisse berechnet werden konnten. In diesen Handschriften, von denen leider nur vier erhalten sind, erweist sich der elitäre Status der Kalenderpriester besonders eindrücklich, denn außer ihnen konnte damit wohl niemand etwas anfangen.
    Wir dürfen also annehmen, dass ein hochrangiger Kalenderpriester in einem Maya-Stadtstaat um seinen Wert wusste und dem König keine übertriebene Ehrfurcht entgegenbrachte. Ganz wie eine ruhmreiche Dynastie ihre politischen Verdienste hatte seine Zunft einen ansehnlichen Korpus an Wissen und Daten angesammelt, der sicherstellte, dass der Stern der Dynastie nicht verblasste oder gar erlosch. Häufiger kam es auch dazu, dass zweitgeborene Königssöhne zu Kalenderkundigen ausgebildet wurden, was sich im Falle von Bruderzwisten, wie sie immer und überall vorkommen, konfliktverschärfend ausgewirkt haben dürfte. Die Schicksalsbindung von Herrscherglanz und Kalendergloria brachte allerdings mit sich, dass im Falle eines kalendarischen Missgriffs oder einer ganzen Strähne fataler Fehlurteile König wie Kalenderkundige damit rechnen mussten, dass das Volk ihnen die Gefolgschaft verweigerte. Genau so hatte es sich offenbar im berühmten Kollaps der klassischen Maya-Städte entwickelt, als den Herrschern undihren Stäben die Fortüne abhandenkam und sie als direkte Folge Macht und Einfluss verloren – und auf längere Sicht das Modell des Gottkönigtums ausgedient hatte. Man ist regelrecht versucht, der langen Liste möglicher Faktoren, die den Untergang der Maya-Städte der Klassik zuwege brachten, den Faktor »kalendarischer Missgriff« hinzuzufügen.
Ein Planet bestimmt über Krieg und Frieden
    Ein weiteres höchst aufschlussreiches Beispiel für die Bedeutung astronomischer Beobachtung, ihrer kalendarischen Verwertung und schließlich konkreten politischen Anwendung bei den alten Maya ist der Planet Venus.
    Warum die besonders hell strahlende Venus ein naheliegendes Beobachtungsobjekt war, haben wir bereits gesehen. Beobachtungen über viele Generationen waren nötig, um herauszufinden, wie dieser sprunghafte »Sonnentrabant«, als der er in geozentristischer Sicht wirken muss, sich verhielt. Die Venus zieht ihre Bahnen von der Erde aus gesehen nicht vergleichsweise gemessen wie ihre Planetenkollegen, sondern tanzt auf dem Himmelsparkett mal länger, mal kürzer, um sich dann wieder unversehens für eine Verschnaufpause zu verstecken. Vielleicht hat ihr anderswo genau das den Titel der Liebesgöttin eingebracht, weil sie hell und strahlend glänzt und lockt und mal so, mal anders tanzt, um dann wieder gänzlich zu verschwinden. Vielleicht auch, weil sie zwar immer wieder funkelnd und lockend erscheint, aber nie auf Dauer verweilt. Andere sahen in ihr den (männlichen) Gott des Krieges, der nicht minder launisch und schwer beherrschbar ist, als für die Seelennöte eines Verliebten sich die Liebe darstellt.
    Die Venus tanzt natürlich in einem festen, wenn auch nicht starren Rhythmus, einem Zyklus mittlerer Umlaufzeit von 584 Tagen,während dessen sie, im Durchschnitt, zweimal 263 Tage am Himmel zu sehen ist: 263 Tage kündigt sie als Morgenstern die Ankunft der Sonne im Osten an, verschwindet dann für 50 Tage, erscheint abermals 263 Tage als Abendstern im Westen, um dann erneut zu verschwinden, wenn auch nur für acht Tage – wiederum durchschnittlich, denn tatsächlich können es ein Tag bis drei Wochen sein. Dieses erdgebundene Venusjahr von 584 Tagen steht zum Sonnenjahr von 365 Tagen im Verhältnis fünf zu acht, weshalb nach acht Sonnenjahren die Venus fünf Zyklen durchlaufen hat. Das einfach zu beobachtende Verhältnis muss die Maya-Astronomen begeistert haben, zumal die Venus von ihren Beobachtungsposten aus gesehen in einer solchen Abfolge nacheinander fünf verschiedene Schlangenlinien zieht. (Wohl deshalb erkannten die Maya im Kurs der Venus den lebhaften Flug der Biene wieder.)
    Uns wissenschaftsgewissen Neuzeitlingen ist natürlich bekannt, dass die

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