Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
Planeten. Die Sache mit der Venus wurde zu einer regelrechten Mode der Maya-Chronisten – oder auch zur fixen Idee, denn offenbar wurde auch hier kalendarisch nach Kräften gemogelt: um bestimmten Ereignissen durch ihren zeitlichen Bezug zu legitimierenden Himmelsstellungen die nötige propagandistische Wirkkraft zu verleihen. Sternengötterfürchtigen Kämpfern mag es in der Schlacht eine psychologische Stütze gewesen sein – oder auf der gegnerischen Seite zu wehrkraftzersetzender Furcht vor dem unerbittlichen Planeten geführt haben.
Die Beobachtung der Sterne, die einmal ausging vom Blick zum Mond am Nachthimmel und der Kerbe im Kalenderhölzchen, hat über die Jahrtausende also eine höchst beachtliche Professionalität erfahren und wurde politisch instrumentalisiert. Um den Geheimnissen der Astralgottheiten auf die Spur zu kommen, betrieben die Maya-Astronomen großen Aufwand über viele Generationen. Sie zeichneten akribisch auf, was sich am Himmel tat, und gaben Wissen und Beobachtungen, Kenntnisse und Erkenntnisse von Generation zu Generation weiter. Dieses Wissen fand Eingang in eine reiche Buchkultur, von der fast nichts übrig geblieben ist, weshalb das wenige Erhaltene heute umso umfassender untersucht und ausgewertet wird. Bei aller für uns schwer nachvollziehbaren Belebung und Beseelung der Sternenwelt: Die dazu nötigen astronomischen Anstrengungen waren durchaus wissenschaftlich. Der Antrieb dazu und die Schlüsse, die aus den Erkenntnissen gezogen wurden, mögen modernen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen – das tägliche Geschäft der Maya-Astronomen jedoch verlangt jedem Mathematiker und Astronomen unserer Tage hohen Respekt ab. Die Genauigkeit der Aufzeichnungen und der Berechnungen ist bewundernswert, mögen sie in ihrer Darbietungin den Tabellen der Handschriften für das moderne Auge auf den ersten Blick auch nicht gerade seriös daherkommen – und hinterher politischen Zwecken »angepasst« worden sein, wie wir gesehen haben. Aber Letzteres war bereits eine höhere Stufe der Verwertung, denn der ursprüngliche, vornehmere Zweck bestand ja darin, durch Aufzeichnung des Himmelsgeschehens und seiner zyklischen Wiederkehr Rückschlüsse zu ziehen auf das irdische Geschehen, und zwar bezüglich Naturerscheinungen ebenso wie mystischer Prognosen, was das Wesen bestimmter Tage betraf, an denen Opfer vollzogen, Kinder geboren, Handelsabschlüsse getätigt oder Kriege angezettelt werden sollten.
Auch wenn die Überbleibsel höchst spärlich sind – die Maya besaßen eine reichhaltige Buchkultur. Sie stellten ihre Bücher aus Feigenbast her, einem aus der mit Stärke behandelten Rinde eines Ficusbaumes gewonnenen Papier, das mit Limettensaft und Kalk bestrichen und mittels Pinsel und Feder in Schwarz und Rot beschrieben wurde. Der Einband bestand meist aus Holz, besonders wertvolle Handschriften wurden in Jaguarfell gebettet. Die Bücher der Maya waren allerdings nicht in Codexform gebunden wie unsere, sondern Leporellos, also lange Papierstreifen, deren Seiten wie eine Ziehharmonika gefaltet wurden. Zusammengelegt waren sie schmaler als unsere Taschenbücher, aber dafür länger. Wie viele Bücher die Maya einmal besaßen, kann allenfalls grob geschätzt werden, aber viele davon wurden in Bibliotheken aufbewahrt. Deren Inhalt lieferte das Material für Bücherverbrennungen, wie sie auch die Bücher der Azteken trafen, veranstaltet von den spanischen Eroberern, die in den Büchern übles Teufelswerk witterten. Darin hat sich der schon erwähnte Diego de Landa hervorgetan, der durch seine späteren, für die Forschung sehr wertvollen Aufzeichnungen über die Maya und wie sie die Welt sahen diese Untat wenigstens ein klein wenig abgemildert hat. Der gestrenge Christenmann befand:
Diese Leute gebrauchten auch bestimmte Schriftzeichen oder Buchstaben, mit denen sie in ihren Büchern ihre alten Geschichten und ihre Wissenschaften aufschrieben, und durch sie, die Bilder und einige Zeichen an den Bildern verstanden sie ihre Angelegenheiten, machten sie anderen begreiflich und lehrten sie. Wir fanden bei ihnen eine große Zahl von Büchern mit diesen Buchstaben, und weil sie nichts enthielten, was von Aberglauben und den Täuschungen des Teufels frei wäre, verbrannten wir sie alle, was die Indios zutiefst bedauerten und beklagten.
Kaum anders als die vermeintlich Gottlosen hätte wohl der Bischof empfunden, wäre ein Stapel Betbücher dem Feuer übereignet worden.
Drei der vier
Weitere Kostenlose Bücher