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Der Medicus von Heidelberg

Der Medicus von Heidelberg

Titel: Der Medicus von Heidelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Fischel meinte, es sei eine arge Ungerechtigkeit, dass man Pferde nicht mit ins Wirtshaus nehmen dürfe, und verständlich sei es erst recht nicht, denn Pferde söffen viel mehr als Menschen. Ein wenig von seiner alten Verrücktheit blitzte auf. Als der dicke Wirt kam und uns fragte, was es sein dürfe, sagte Fischel: »Ein großer Krug Wein, guter Mann, aber vom besten, wenn ich bitten darf. Ich bin heute eingeladen.«
    Der Wirt ging nicht darauf ein. Wer die Zeche zahlte, war ihm einerlei. »Ich hätte einen sehr guten Riesling da«, sagte er mit wichtiger Miene. »Habe vor einer Woche drei kleine Fässer aus dem Elsass erhalten. Ein wahrer Glücksfall. Normalerweise findet ein so guter Tropfen nicht den Weg zu uns. Der wird schon unterwegs weggesoffen.« Er lachte über seinen eigenen Witz. »Was ist, soll’s von dem Riesling sein?«
    »Ja«, wollte ich antworten, aber ein Fiepen aus den Tiefen meiner Kutte kam mir zuvor.
    Der Wirt guckte dumm, und Fischels Gesichtsausdruck wirkte nicht viel klüger. Ich holte den kleinen Welpen hervor. Kaum hatte ich ihn in der Hand, passierte auch schon das Missgeschick. Der Kleine pinkelte mich an.
    Der Wirt und Fischel lachten.
    »Guckt nicht so blöd, tut etwas!«, schimpfte ich.
    »Ja doch, ja.« Immer noch lachend, entfernte sich der Wirt. Nach wenigen Augenblicken war er zurück, gab mir einen Lappen und stellte mit der anderen Hand einen Krug Wein auf den Tisch. »Warmes Essen gibt’s nicht«, sagte er. »Die Herren können sich denken, warum.«
    »Gewiss«, sagte ich, während ich mir die Hand abwischte. »Dann Brot und Käse.«
    »Und Wurst«, ergänzte Fischel, der mir den Welpen abgenommen hatte. Er fragte mich, wie ich zu dem kleinen Kerl gekommen sei, und ich erzählte es ihm. Als die Wurst und die anderen Speisen gebracht wurden, gab Fischel mir den Welpen zurück. »Halt mal deinen Hund.«
    »Es ist nicht mein Hund«, protestierte ich.
    »Meiner auch nicht. Vielleicht gehört er dem Wirt?«
    »Mir?« Der Wirt lachte freudlos. »So ein Fresser hätte mir gerade noch gefehlt. Haben die Herren mal einen Blick auf die Pfoten geworfen? Der Bursche wird mal ein Riese. Nein, nein, den behaltet mal schön.«
    Er watschelte davon, und Fischel begann, einen Teil der Wurst in kleine Stücke zu schneiden. Dann gab er mir eines, damit ich den Welpen füttere. Kaum hielt ich das Stückchen in der Hand, schnappte der Kleine gierig danach. So gierig, dass er mir dabei in die Fingerkuppe biss. »Autsch!«, rief ich.
    Fischel grinste. »Wie es scheint, hat er gewaltigen Hunger. Sei nur froh, dass er noch die Milchzähne hat.«
    Wieder gab ich dem Kleinen etwas, und wieder schnappte er wie wild danach.
    Fischel lachte. »Du solltest ihn ›Schnapp‹ nennen. Das passt.«
    »Jaja, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.« Mit spitzen Fingern fütterte ich weiter, doch nach drei oder vier Stückchen begann Schnapp, zu würgen und die Wurst zu erbrechen. Abermals musste ich mir die Hand reinigen. Unter Fischels Gelächter erschien die Wirtin. Sie hielt eine Schale Milch in der Hand. »Weicht darin ein paar Brotstückchen ein«, sagte sie. »Ein so kleiner Magen verträgt noch keine scharfe Wurst. Das hättet Ihr eigentlich wissen müssen.«
    Sie drehte sich um und wollte wieder in die Küche, aber ich hatte eine Idee: »Sagt, könnt Ihr das nicht machen?«, fragte ich, und Fischel ergänzte rasch: »Von zarter Hand gefüttert, wird’s ihm noch mal so gut schmecken.«
    »Ihr versteht es, Süßholz zu raspeln«, entgegnete sie säuerlich. »Aber meinetwegen.« Sie hielt Schnapp die getunkten Bröckchen hin, und dieser nahm sie überraschend behutsam. »Er ist noch sehr jung«, erklärte sie. »Ich schätze, kaum zehn Wochen alt. Die Milch beruhigt ihn.«
    »Wollt Ihr ihn nicht behalten?«, fragte ich hoffnungsvoll.
    »Wo denkt Ihr hin.« Die Wirtin blickte auf. »Wenn’s eine Katze wär, vielleicht. Die könnt mir die Mäuse in der Vorratskammer wegfangen. Aber ein Hund? Nein.«
    »Es war nur eine Frage«, sagte ich und beobachtete, wie Schnapp es sich weiter schmecken ließ.
    »Seht Ihr, er frisst jetzt langsamer«, sagte die Wirtin. »Der kleine Magen ist fast voll. Vielleicht muss er mal. Ich werde ihn rausbringen.«
    »Wir sind Euch sehr dankbar«, rief Fischel ihr hinterher. Als sie fort war, griff er zu seinem Becher und zwinkerte mir zu: »Trinken wir auf Schnapp und auf seinen neuen Herrn, Prosit!«
    »Prosit!«, sagte ich zögernd. »Was soll ich bloß

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