Der Medicus von Saragossa
von Tembleque erblickten. Am nächsten Morgen verließ Jona noch in der Dunkelheit das Feuer und badete in einem kleinen Bach, bevor er die neuen Kleider anzog, die Fierro ihm gegeben hatte. Keine Jungfrau, dachte er dabei verbittert, wird je ihr Geschlecht sorgfältiger vor Blicken verbergen, als ich es tue. Als die anderen aufwachten, neckten sie ihn, weil er es nicht erwarten konnte, sich fein herauszuputzen.
Er dachte daran, wie er mit seinem Vater zu dieser Burg geritten war.
Als sie sich dem Tor näherten, antwortete Angel auf den lauten Anruf des Wachpostens mit ebenso lauter und selbstbewußter Stimme.
»Wir sind Handwerker aus der Waffenschmiede Manuel Fierros in Gibraltar und bringen das neue Schwert und die neue Rüstung des Grafen Fernán Vasca.«
Als man sie einließ, sah Jona, daß der Verwalter nicht derselbe Mann war wie damals, doch was er sagte, klang ähnlich in seinen Ohren.
»Graf Vasca ist auf der Jagd in den Wäldern im Norden.« »Wann erwartet Ihr ihn zurück?«
»Der Graf kehrt zurück, wann es ihm beliebt«, erwiderte der Mann mürrisch. Doch als er den Ausdruck sah, der in Angels Blick lag, schaute er sich schnell nach seinen eigenen Bewaffneten um, die an der Mauer aufgereiht standen. »Ich glaube nicht, daß er lange ausbleiben wird«, gab er dann widerstrebend zu.
Costa zog sich zurück, um sich mit seinen Männern zu besprechen. »Sie wissen jetzt, daß unsere Maulesel wertvolle Fracht geladen haben. Wenn wir mit Schwert und Rüstung von hier wegreiten, kann es sein, daß wir von diesen oder anderen Hurensöhnen überfallen und getötet und Schwert und Rüstung gestohlen werden.« Die anderen stimmten ihm zu, und Jona kehrte zum Verwalter zurück.
»Sollte der Graf Vasca bei unserem Eintreffen nicht anwesend sein, haben wir den Befehl, Schwert und Rüstung in seiner Schatzkammer zu hinterlassen und dafür eine schriftliche Bestätigung über die wohlbehaltene Ablieferung einzufordern«, sagte er.
Der Verwalter runzelte die Stirn, denn es gefiel ihm nicht, von diesen Fremden Befehle entgegenzunehmen.
»Ich bin sicher, daß der Graf schon ungeduldig auf die Rüstung wartet, die Meister Fierro für ihn angefertigt hat«, sagte Jona. Er brauchte nicht hinzuzufügen: Falls sie durch Eure Schuld verlorengehen sollte...
Der Verwalter führte sie in ein befestigtes Gewölbe, schloß mächtige Türen auf, deren Angeln dringend ein wenig Schmierfett benötigt hätten, und zeigte ihnen, wo sie die Rüstung und wo sie das Schwert ablegen sollten. Jona verfaßte die Empfangsbestätigung, aber der Verwalter war kaum des Lesens mächtig, und so dauerte es lange, bis Jona ihm beim Entziffern geholfen hatte. Paco und Luis sahen dem Jungen beeindruckt zu, aber Angel wandte den Blick ab. »Beeil dich, beeil dich«, murmelte er, denn er ärgerte sich über Jonas Fähigkeiten.
Schließlich kritzelte der Verwalter sein Zeichen.
Ganz in der Nähe fanden die Männer aus Gibraltar ein Wirtshaus. Sie alle waren froh darüber, daß sie sich in der Burg von Tembleque ihrer Verantwortung hatten entledigen können. »Gott sei Dank, daß wir alles gut hierhergebracht haben«, sagte Paco, und die Erleichterung in seiner Stimme sprach für alle vier.
»Jetzt will ich auf einem bequemen Lager schlafen«, sagte Luis.
»Jetzt will ich trinken«, verkündete Costa und schlug mit der Hand auf den Tisch, an dem sie bald darauf einen dünnen, sauren Wein tranken, aufgetragen von einer kleinen, drallen Frau mit müden Augen. Während sie ihre Becher füllte, strich Angel ihr mit dem Handrücken über den fleckigen Kittel, der ihren Hintern und ihre stämmigen Schenkel verhüllte, und als sie keinen Einspruch erhob, wurden seine Hände rasch forscher.
»Oh, wie hübsch du bist«, sagte er, und sie schenkte ihm ein gekünsteltes Lächeln. Sie war daran gewöhnt, daß Männer nach langen Wochen des Reisens zu ihr in das Wirtshaus kamen. Kurz darauf entfernten sich die beiden von den anderen Männern, um etwas abseits zu verhandeln. Jona sah ein hitziges Feilschen, gefolgt von einem Nicken.
Bevor Angel mit ihr davonging, kam er noch einmal zu den drei anderen zurück. »Dann treffen wir uns also in drei Tagen wieder hier im Wirtshaus, um nachzusehen, ob der Graf schon zurückgekehrt ist«, sagte er und eilte dann wieder zu der Frau.
5. Die Stadt Toledo
P aco und Luis wollten nichts anderes mehr als ein Lager im Wirtshaus, um sich die Müdigkeit der langen Reise aus den Gliedern zu schlafen. So kam es, daß Jona
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