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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Einkerbungen am Mast bestimmen die Fallrichtung. Der Eisenkorb wird das Dach durchschlagen. Das Feuer wird danach hell genug sein. Mit weiteren dreizehn Hieben knackt der Beacon. Lautlos erst, dann krachend bricht der Korb am Mast hängend durch das Dach. Ein Funkenregen ergießt sich in das Innere des Dachstuhls. Als wir die gegenüberliegende Anhöhe erreichen, ist schon das gesamte Tal vom Feuerschein erhellt.
    »Mayfield Furnace!« sagt Ysabel gedehnt und wehmütig. »Liebe und Barbarei waren dort unten vereint!«
    »Das Feuer hat sich gesenkt, doch es erhebt sich tausendfach!« versuche ich mit fester Stimme das Inferno in Worte zu fassen. Ich spüre zum ersten Male, wie mein Herz zuckt. Den überfließenden Tränen lasse ich in der Dunkelheit freien Lauf.

Samstag,
der 4. Januar
    Fünfundzwanzig Meilen sind es nur, die Rye von Mayfield trennen, doch die Vorsicht und die vielen Nebenwege nötigten uns für die Strecke gute zehn Stunden ab. Die Meilen wollten einfach nicht schneller schrumpfen …
    Erst nach gut einer Meile schluckte der Nebel vollends den Schein des Feuers, das schnell alle Gebäude der Kanonengießerei erfaßte. Im scharfen Ritt jagten wir die weiteren zehn Meilen, zwar auf gut bekannten Wegen, doch fast blind, durch die neblige Nacht. Hätte ein Hindernis über dem Weg gelegen, wir hätten uns die Hälse gebrochen. Nachdem wir den Fluß Rother durchquert und Burwash hinter uns gelassen hatten, wurden wir langsamer, da der Straßenverlauf in der Dunkelheit nicht immer genau auszumachen war.
    Dafür konnte Ysabel endlich über Einzelheiten ihres tödlichen Treffen mit Gibbes berichten. Zunächst bekam sie heraus, daß der Ring um Mayfield Furnace spätestens um Mitternacht geschlossen gewesen und ich auf Befehl der Königin noch zur selben Stunde verhaftet worden wäre, um in den Tower gebracht zu werden. Gibbes eröffnete daraufhin Ysabel, daß sie im M IDDLE H OUSE ZU bleiben habe und auf Befehl Walsinghams morgens gleich nach Eastbourne weiterreisen sollte. Dort habe sie sich unverzüglich einzuschiffen, um neue Aufgaben auf dem Kontinent in Angriff zu nehmen. Anlaufstation wäre Calais gewesen, von wo sie, versehen mit neuen Befehlen Walsinghams, in die spanischen Niederlande eingeschleust werden sollte.
    Verständlicherweise geriet ihr Gleichgewicht, trotz ihrer großen Erfahrung, ins Wanken, was Gibbes wohl sofort bemerkte. Ihre weiteren Vorschläge, die allesamt das Ziel einer schnellen Rückkehr zur Gießerei beinhalteten, wurden von ihm daher abgeschmettert. Statt dessen taumelte er in die Vergangenheit und kam ihr körperlich unerträglich nahe.
    Je mehr gute Gründe sie für eine Rückkehr zur Gießerei darlegte und je mehr sie versuchte, den Nutzen in Verbindung mit meiner erfolgreichen Gefangennahme klarzulegen, um so deutlicher wurden seine Anschuldigungen, Ysabel verfolge andere Absichten. Sein Instinkt war nicht zu überlisten. Als er ihr im Gegenzug vorschlug, aufgrund der freudigen Wiederbegegnung, sie solle wie in alten Zeiten erst einmal die Beine spreizen – quasi als Beweis ihrer Treue zur Sache – und sie anschließend brutal auf das Bett zwang, zog sie aus ihrem Stiefel das Messer. Richard Gibbes verblutete auf ihrem Bauch.
    Nachdem sie Richards Zimmer durchsucht und alle Pergamente Walsinghams an sich genommen hatte, verschloß sie die Tür, verließ das M IDDLE H OUSE ungesehen über den Abtritt und eilte zurück, während etwa sechs Häscher, die sich zur selben Zeit in der Schänke befanden, in fröhlicher Runde Gibbes’ Signal abwarteten. Der Zeitpunkt der Entdeckung des Toten mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen war damit für uns nicht mehr vorhersehbar.
    Die echten Beweggründe ihrer Tat gestand mir Ysabel in der Nähe von Robertsbridge: Sie hatte es gründlich satt, neue gefährliche Aufgaben anzunehmen, hatte es ebenso gründlich satt, ihren Körper für Aufgaben der Krone einzusetzen, ohne je die Aussicht auf eine tragende Verbindung in der Zukunft zu haben. Dazu kam die Heimatlosigkeit, die zwar mit Mayfield Furnace besiegt worden war, doch nur in Verbindung mit einer festen, dauerhaften Partnerschaft. Am Ende blieb tatsächlich nur unsere Beziehung bestehen, doch diese war für sie wichtiger, als ein fester Ort, den man nach ihrer Auffassung gemeinsam überall finden könnte.
    Den Tod ihres früheren Wegbegleiters in Tirol und Venedig bedauerte Ysabel mit keinem Wort. Dagegen erstaunte mich ihre trockene Bemerkung über ihn:
    »Sein Geist war

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