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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Bemühungen Archibald Archibaldowitschs und wunderte sich gar sehr. Seine Gattin, eine recht würdige Dame, wurde Korowjews wegen auf den Piraten eifersüchtig und klopfte mit dem Teelöffel — warum läßt man uns wartenPJetzt müßte doch das Eis serviert werden? Was ist los?
    Archibald Archibaldowitsch sandte Frau Petrakow ein betörendes Lächeln zu und schickte ihr einen Kellner, er selbst blieb bei seinen teuren Gästen. Ach, ein kluger Mann war Archibald Archibaldowitsch! Seine Beobachtungsgabe war gewiß nicht schlechter als die eines Schriftstellers! Archibald Archibaldowitsch wußte von der Vorstellung im Variete und von vielen anderen Vorkommnissen der letzten Tage, und er hatte im Gegensatz zu anderen weder das Wort "der Karierte" noch das Wort "Kater" überhört. Archibald Archibaldowitsch hatte sofort erraten, wer seine Besucher waren, und nachdem er es erraten hatte, dachte er selbstverständlich gar nicht daran, sich mit ihnen zu überwerfen. Sofja Pawlowna war gut! Darauf muß man erst mal kommen, diesen beiden den Weg auf die Veranda zu versperren! Aber was konnte man anderes von ihr erwarten! Frau Petrakow stocherte hochmütig mit dem Teelöffel im zerlaufenden Sahneeis und sah mißgünstig zu, wie sich der Tisch vor den beiden sonderbar gekleideten Hanswursten wie durch ZaÜberei mit Speisen bedeckte. Blitzblank gewaschene Salatblätter schauten aus einer Schale mit frischem Kaviar, und im Nu erschien auf einem eigens herangeschobenen Tischchen ein beschlagener Silberkühler . . .
    Erst als Archibald Archibaldowitsch sich überzeugt hatte, daß alles in Ehren getan war, erst als in den Händen der Kellner eine zugedeckte Pfanne herbeischwebte, in der es schmurgelte, erlaubte er sich, die beiden rätselhaften Besucher zu verlassen, nachdem er ihnen zugeraunt hatte: "Entschuldigen Sie mich für ein Momentchen! Ich muß persönlich nach den Filets sehen!"
    Er eilte fort vom Tisch und verschwand im hinteren Korridor des Restaurants. Hätte ein Beobachter die weiteren Handlungen des Archibald Archibaldowitsch verfolgen können, so hätten sie ihn zweifellos ein wenig rätselhaft gedünkt. Der Chef begab sich keineswegs in die Küche, um nach den Filets zu sehen, sondern in den Vorratsraum des Restaurants. Diesen öffnete er mit seinem Schlüssel, schloß sich dann ein und entnahm einer Eistruhe vorsichtig, um sich nicht die Manschetten zu beschmutzen, zwei gewichtige Störrücken. Diese wickelte er in Zeitungspapier, verschnürte sie sorgfältig und legte sie beiseite. Sodann vergewisserte er sich im Nebenraum, ob sein seidengefütterter Sommermantel und sein Hut dort hingen, und begab sich erst jetzt in die Küche, wo der Koch eilfertig die Filets zÜbereitete, die der Pirat den Gästen verheißen hatte.
    Ich muß sagen, an Archibald Archibaldowitschs Handlungen war nichts Seltsames oder Unbegreifliches; das hätte nur ein oberflächlicher Beobachter denken können. Nein, Archibald Archibaldowitschs Handlungen ergaben sich logisch aus allem Vorangegangenen. Sein Wissen um die letzten Ereignisse und vor allem sein phänomenales Gespür sagten dem Chef des Gri-bojedow-Restaurants, das Mittagsmahl seiner beiden Besucher würde, wenn auch reichlich und üppig, so doch nur von sehr kurzer Dauer sein. Dieses Gespür, das den ehemaligen Flibu-stier noch nie getrogen hatte, ließ ihn auch diesmal nicht im Stich.
    Als Korowjew und Behemoth eben mit dem zweiten Gläschen ausgezeichneten, doppelt gefilterten, eiskalten Moskowskaja-Wodkas anstießen, erschien auf der Veranda schwitzend und erregt der Lokalredakteur Boba Kandalupski, der in ganz Moskau für seine erstaunliche Allwissenheit berühmt war, und setzte sich sofort zu den Petrakows. Er legte die geschwollene Aktentasche auf das Tischchen, schob seine Lippen Petrakow ins Ohr und tuschelte ihm sehr interessante Dinge hinein. Madame Petrakow, die vor Neugier verging, setzte ihr Ohr gleichfalls den dickfleischigen Lippen Bobas aus. Dieser sah sich immer wieder verstohlen um und flüsterte und flüsterte, und man hörte nur immer einzelne Worte:
    "Ich schwör's bei meiner Ehre! Auf-der Sadowaja, auf der Sadowaja!" Boba senkte die Stimme noch mehr. "Die Kugeln tun ihnen nichts! Kugeln .. . Kugeln ... Benzin . . . Brand ... Kugeln ..."
    "Diese Lügner, die derart widerliche Gerüchte verbreiten", dröhnte Madame Petrakows Kontraaltstimme in ihrem Unmut etwas lauter, als es Boba lieb war, "die müßte man ermitteln! Na, macht nichts, das wird auch geschehen,

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