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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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    Das Telegramm gab Maximilian Andrejewitsch einen Stoß. Dies war die Gelegenheit, die zu verpassen Sünde wäre. Geschäftsleute wissen, daß solche Gelegenheiten nicht wiederzukehren pflegen.
    Kurzum, er mußte trotz aller Schwierigkeiten versuchen, die Wohnung seines Neffen in der Sadowaja zu erben. Ja, schwierig war das, sehr schwierig, aber die Schwierigkeit galt es zu überwinden, koste es, was es wolle. Der erfahrene Poplawski wußte, daß er sich dazu unbedingt als erstes, und sei es zeitweilig, in den drei Räumen seines verstorbenen Neffen offiziell einquartieren mußte.
    Am Freitag öffnete Poplawski die Tür des Zimmers, in dem die Verwaltung des Hauses Sadowaja Nr. 302 b untergebracht war.
    In dem schmalen Raum hing an der Wand ein altes Plakat, das mehrere Methoden zur Wiederbelebung Ertrunkener zeichnerisch darstellte. Hinter dem Tisch saß mutterseelenallein ein unrasierter Mann in mittleren Jahren, dessen Augen unruhig blickten.
    "Kann ich den Vorsitzenden der Hausverwaltung sprechen?" fragte der Planungsökonom höflich, wobei er den Hut abnahm und sein Köfferchen auf einen leeren Stuhl stellte. Diese harmlose Frage irritierte den Mann so heftig, daß er die Farbe wechselte. Mit scheelen Blicken murmelte er, der Vorsitzende sei nicht da.
    "Ist er denn in seiner Wohnung?" fragte Poplawski. "Ich muß ihn dringend sprechen."
    Der Mann antwortete wiederum sehr undeutlich, doch war seinem Gemurmel zu entnehmen, daß der Vorsitzende auch nicht in seiner Wohnung sei. "Wann wird er denn dasein?"
    Der Mann gab keine Antwort und blickte schwermütig zum Fenster hinaus.
    Aha! sagte sich der kluge Poplawski und erkundigte sich nach dem Sekretär.
    Der sonderbare Mann am Tisch lief vor Spannung rot an und sagte wiederum undeutlich, der Sekretär sei auch nicht da... Wann er zurückkehre, sei unbekannt.. . Der Sekretär sei krank ...
    Aha! sagte sich Poplawski, und laut fuhr er fort: "Aber irgendjemand von der Verwaltung muß doch dasein!" "Ich", antwortete der Mann schwach.
    "Sehen Sie", sagte Poplawski eindringlich, "ich bin der einzige Erbe des verstorbenen Berlioz, meines Neffen, der, wie Sie wissen, an den Patriarchenteichen verunglückte, und ich bin laut Gesetz verpflichtet, das Erbe anzutreten, das sich in der Wohnung Nr. 50 befindet..."
    "Ich weiß da nicht Bescheid, Genosse ...", unterbrach ihn der Mann trübsinnig.
    "Aber erlauben Sie", sagte Poplawski sonor, "als Mitglied der Hausverwaltung sind Sie verpflichtet.. ."
    In diesem Moment trat ein Bürger ein. Bei seinem Anblick erbleichte der Mann am Tisch.
    "Leitungsmitglied Pjatnashko?" fragte der Eingetretene. ,Ja", antwortete dieser kaum hörbar.
    Der Eingetretene flüsterte ihm etwas zu, der Mann erhob sich verstört vom Stuhl, und gleich darauf war Poplawski im leeren Leitungszimmer allein.
    Ach, diese Komplikationen! Mußten die denn alle auf einmal ... dachte Poplawski ärgerlich, überquerte den Asphalthof und eilte hinauf zur Wohnung Nr. 50.
    Kaum hatte der Planungsökonom geläutet, da öffnete sich die Tür, und er betrat die halbdunkle Diele. Er wunderte sich ein wenig, denn es war nicht ersichtlich, wer ihm geöffnet hatte: In der Diele war niemand außer einem riesigen schwarzen Kater, der auf einem Stuhl saß.
    Poplawski räusperte sich und trat kräftig auf, da öffnete sich die Tür zum Arbeitszimmer, und in die Diele trat Korowjew. Poplawski verbeugte sich höflich, doch würdevoll und sagte: "Mein Name ist Poplawski. Ich bin der Onkel..."
    Aber bevor er zu Ende gesprochen hatte, zog Korowjew ein schmutziges Tuch aus der Tasche, stieß die Nase hinein und brach in Tränen aus.
    "... des verstorbenen Berlioz ..."
    "Aber gewiß doch, gewiß doch!" unterbrach ihn Korowjew und nahm das Tuch vom Gesicht. "Ich hatte Sie ja kaum gesehen, da wußte ich schon, daß Sie es sind!" Ein Weinkrampf schüttelte ihn, und er lamentierte: "Das ist ein Unglück, nicht? Was so alles passiert, wie?"
    "Er wurde von der Straßenbahn überfahren?" fragte Poplawski flüsternd.
    "Aber gründlich!" schrie Korowjew, und die Tränen strömten nur so unter seinem Zwicker hervor. "Aber gründlich! Ich war Zeuge. Glauben Sie mir — ratsch — Kopf ab! Das rechte Bein — knacks — in zwei Hälften! Das linke — knacks — in zwei Hälften! Dahin führt das mit diesen Straßenbahnen!" Außerstande, sich zu beherrschen, sank Korowjew mit der Nase gegen die Wand neben dem Spiegel und schluchzte krampfhaft. Der Onkel war aufrichtig beeindruckt von der

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