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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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auch Dean die Frau erkannt hatte.
    Mit leiser Stimme fragte er: »Wissen Sie, wo die Aufnahme gemacht wurde?«
    »Im Starfish Café.«
    »Wann?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sind Sie oft in diesem Lokal?«
    »Immer sonntags. Zum Frühstück. Das ist der einzige Tag in der Woche, an dem ich …« Ihre Stimme versagte. Sie starrte das Foto an, das sie selbst im Profil zeigte, die Schultern entspannt, der Blick nach unten auf eine aufgeschlagene Zeitung gerichtet. Sonntag war der Tag, an dem sie sich ein ausgedehntes Frühstück im Starfish gönnte. Einen Vormittag mit Toast und Speck und den Cartoons in der Tageszeitung.
    Und einem Stalker. Sie hatte nicht geahnt, dass jemand sie beobachtete. Dass jemand Fotos von ihr machte, um sie an den Mann zu schicken, der sie in ihren Albträumen verfolgte.
    Dean drehte das Polaroidfoto um.
    Von der Rückseite grinste ihnen ein weiteres Smiley-Gesicht entgegen. Und darunter, umrahmt von einem Herz, ein einzelnes Wort: Ich.

16
    Mein Auto. Mein Haus. Ich.
    Während der gesamten Rückfahrt nach Boston lag ihr die Wut wie ein Stein im Magen. Dean saß neben ihr, doch sie würdigte ihn keines Blickes, so sehr war sie mit ihrem Zorn beschäftigt, und sie schien nichts wahrzunehmen als dieses Feuer, das sie innerlich verzehrte.
    Ihre Wut bekam neue Nahrung, als Dean vor Dr. O’Donnells Haus in der Brattle Street vorfuhr. Ungläubig starrte Rizzoli die große Villa im Kolonialstil an, den makellos weißen Anstrich der Holzverkleidung, von dem sich die schiefergrauen Fensterläden elegant abhoben. Der Vorgarten mit dem penibel gepflegten Rasen, über den ein Pfad aus Granitplatten führte, war von einem schmiedeeisernen Zaun umschlossen. Selbst nach den gehobenen Maßstäben der Brattle Street war dies ein Traumhaus, das sich eine Bedienstete der Stadt niemals würde leisten können. Und doch sind es einfache Gehaltsempfänger wie ich, die es mit den Warren Hoyts dieser Welt aufnehmen und die unter den Nachbeben dieser Schlachten zu leiden haben, dachte sie. Sie war es, die nachts ihre Türen und Fenster verriegeln musste; die aufschreckte, wenn sie wieder einmal Schritte zu hören glaubte, die sich leise ihrem Bett näherten. Sie kämpfte gegen die Monster und ertrug die Konsequenzen, während hier, in diesem prächtigen Haus, eine Frau lebte, die eben jenen Monstern wohlwollend ihr Ohr lieh und dann vor Gericht zog, um die zu verteidigen, deren Taten durch nichts zu rechtfertigen waren. Es war ein Haus, das auf den Knochen der Opfer errichtet war.
    Die aschblonde Frau, die ihnen die Tür öffnete, war ebenso sorgfältig herausgeputzt wie ihr Grundstück, mit einem glänzenden Helm perfekt gestylter Haare, einer Brooks-Brothers-Bluse und frisch gebügelten Slacks. Sie war um die vierzig, mit einem Alabasterteint und einem Gesicht, das ebenso viel Wärme ausstrahlte wie echter Alabaster. Aus ihren Augen sprach nichts als unterkühlter Intellekt.
    »Dr. O’Donnell? Ich bin Detective Jane Rizzoli. Und das ist Agent Gabriel Dean.«
    Die Frau fixierte Dean. »Agent Dean und ich sind uns schon einmal begegnet.«
    Und hatten offensichtlich Eindruck aufeinander gemacht – wenn auch keinen sehr positiven, dachte Rizzoli.
    Mit mechanischen Bewegungen und versteinerter Miene geleitete O’Donnell sie durch die große Eingangshalle in einen üppig eingerichteten Salon. Ihr Verhalten ließ keinen Zweifel daran, dass ihr der Besuch nicht sonderlich willkommen war. Das Sofa war aus Rosenholz und hatte einen Bezug aus weißer Seide, und das Teakholzparkett wurde durch Orientteppiche mit satten Rottönen akzentuiert. Rizzoli verstand nicht viel von Kunst, aber selbst sie konnte erkennen, dass die Bilder an den Wänden Originale waren, und zwar vermutlich sehr wertvolle. Noch mehr Knochen von Opfern, dachte sie. Sie und Dean nahmen auf dem Sofa Platz, gegenüber von O’Donnell. Sie hatte ihnen weder Kaffee noch Tee angeboten, noch nicht einmal ein Glas Wasser – ein nicht allzu dezenter Hinweis darauf, dass sie das Gespräch möglichst kurz zu halten wünschte.
    O’Donnell kam ohne Umschweife zum Thema. Sie wandte sich an Rizzoli: »Sie sagten, es gehe um Warren Hoyt.«
    »Sie haben mit ihm korrespondiert.«
    »Ja. Ist das ein Problem?«
    »Welcher Art war diese Korrespondenz?«
    »Da Sie darüber Bescheid wissen, nehme ich an, dass Sie alles gelesen haben.«
    »Welcher Art war diese Korrespondenz?«, wiederholte Rizzoli mit fester Stimme.
    O’Donnell musterte sie einen Moment lang schweigend, wie

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