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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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dem Studenten ins Dunkle hinein.
    “Warte!”, rief er, aber es war zu spät. Sie hörte ihn nicht mehr.
    Sie in dem Schlund verschwinden zu sehen, verschlimmerte seine Panik. Er wusste nicht, warum er ihr zugerufen hatte oder was er ihr eigentlich hatte sagen wollen. Nur kam es ihm so vor, als habe er bloß diese eine Gelegenheit dazu, weil er sie danach wieder verlieren würde. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Es tat jetzt nichts mehr zur Sache; er hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken.
    Er stieg hinter ihr die Leiter hinunter, jedoch bei Weitem nicht so gelassen und trittsicher. Auch wenn er sich in körperlich guter Verfassung befand: Dies war nun einmal kein ebener Rundweg um eine Talsperre. Wo der Boden nicht felsig war, da war er lehmig und glitschig, und manchmal reichten die Schlammpfützen direkt an gefährliche Felskanten heran, auf denen man ausrutschen konnte, wenn man den nächsten Schritt zu hastig setzte.
    Was diese halsbrecherische Kletterpartie aber mindestens so frustrierend wie beängstigend machte, war die Tatsache, dass diese zerklüfteten Felsspalten das Ziel einer Pilgerreise darstellten, auf die jeder Fotograf einmal im Leben zu gehen hoffte. Sosehr Josh auch einsah, dass man dringend zu Rollins vorstoßen und seine Hilfe in Anspruch nehmen musste, sosehr er auch gegen seine lähmende Platzangst ankämpfte – am liebsten hätte er doch Halt gemacht und diese Schluchtenlandschaft fotografiert.
    Zwar befand man sich noch auf der Erde, aber es kam einem gar nicht mehr so vor, so fremdartig und außerirdisch wirkte die Szenerie. Über Jahrtausende hatten sich die Urströme in diese Schluchten gefressen und Jahr um Jahr den Sandstein zu einem Meer aus warmen orangefarbenen und roten Tönen geformt. Beim Betrachten konnte man sich unschwer ausmalen, wie die rauschenden Wassermassen gegen die Felsen brandeten, an ihnen nagten, Jahr um Jahr, bis das Gestein zuletzt ein anderes Gesicht bekam. Bevor Rollins in den Tiefen der Schlucht auf eine Anzahl von prähistorischen Zeichnungen und Markierungen stieß, hätte kein Mensch vermutet, dass der Canyon überhaupt von einer urgeschichtlichen Kultur besiedelt gewesen war.
    Nur das erste Viertel der Sphinx-Klamm war laut Angaben des Studenten der Öffentlichkeit zugänglich, aber nun sei man bereits im Anmarsch zum zweiten Abschnitt. Dort lauerten weit mehr Gefahren als nur die in flachen Pfützen versteckten Schlangen oder die scharfkantigen Felsvorsprünge, an denen man sich gefährlich den Kopf stoßen oder bei einem Sturz die Haut aufschrammen konnte. Bei Regenfällen liefen die Schluchten bekanntermaßen im Nu voll Wasser. So war im Jahre 1997 eine Wandergruppe in der nahe gelegenen Antilopen-Schlucht von den Wassermassen abgeschnitten worden und ertrunken. Drei Jahre darauf waren drei weitere Touristen bei plötzlichen Überflutungen im Sphinx Canyon ums Leben gekommen.
    Rollins kam schon seit zwei Jahren hierher, um eine Ansammlung von Höhlen zu erforschen, die zahlreiche Tierdarstellungen aufwiesen, dazu auch eine ganze Reihe Zeichen, die sich als bislang unbekannte prähistorische Schriftsprache entpuppten. Nachdem es ihm schließlich gelungen war, die Markierungen zu entschlüsseln, gingen seine Forschungsarbeiten schneller vonstatten.
    Jetzt allerdings brachten ihm Gabriella und Josh ein neues Rätsel, und für dessen Lösung hatte er nicht wie bisher achtzehn Monate zur Verfügung.
    Nicht einmal achtzehn Tage.
    Stetig stapfte Gabriella voran, zu beiden Seiten eingerahmt von hoch aufragenden Felsen. Bernsteinfarbenes Licht fiel auf sie herab und tauchte sie in erdige, unterirdische Farben. Dies war der innere Weltraum, so fremd und fantastisch, als wäre man mit einem Raumschiff auf einem anderen Planeten gelandet.
    Hingerissen von dieser geografischen Wunderwelt, griff Josh automatisch nach seiner Kamera. Doch blieb ihm keine Zeit, um die Szenerie auf Film zu bannen. Weiter ging der Marsch.
    Würde Rollins wohl in der Lage sein, die Zeichen auf Gabriellas Fotografien zu entziffern? Nach Meinung von Alice ganz bestimmt; nach ihrer Ansicht war er die einzige Chance. Deswegen waren sie ja von New York nach Denver geflogen und anschließend weiter nach Utah, wo sie einen Mietwagen genommen hatten, um die gut zweihundertfünfzig Kilometer bis hierher zu fahren. Nunmehr, einen Tag später, schlugen sie sich durch dieses zerklüftete Labyrinth zu ihm durch.
    An der nächsten Abbruchkante ging es erneut abwärts, noch tiefer hinunter in den

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