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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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erstickte seine Stimme mit einem Schluck Cognac und hörte, wie Gabriella die nächste Lüge losließ.
    “Abgesehen von ihrem Alter – und deswegen sind sie ja für uns so bedeutend – sind sie höchstens fünfzehn- bis zwanzigtausend Dollar wert. Museumsqualität natürlich. Aber sie sind eben nicht der Heilige Gral.”
    “Dann müssen Sie mir aber sagen, was noch geraubt wurde. Denn für zwanzigtausend Dollar erschießt man nicht zwei Menschen, stimmt’s?”
    Weitere Einzelheiten waren ihr nicht zu entlocken. Immer wieder gab sie dieselbe Antwort, ganz gleich, wie Tatti seine Frage auch verkleiden mochte.
    Es waren Glasperlen.
    Sie waren noch nicht dazu gekommen, eine Radiokarbondatierung vorzunehmen.
    Sie wussten nicht, wofür man die Perlen benutzt hatte und was sie wert waren.
    Während der Befragung schaute sie nicht ein Mal zu Josh hinüber und erweckte auch nicht den Eindruck, als müsse sie befürchten, Josh könne Tatti verraten, dass sie log, dass sie über Fotografien verfügte, die sie der Polizei vorenthielt. Mit keiner Silbe erwähnte sie die uralte Legende von diesen angeblichen
Glasperlen
. Erst recht verzichtete sie auf jegliche Andeutung, dass dieser bunte, gläserne Tand, verbunden mit einem bestimmten magischen Spruch, einen Menschen durch den Schleier der Zeit zu seinen Vorleben zurückversetzen konnte und ihm einen Blick in eine längst vergangene Vorzeit erlaubte.
    Der Commissario bohrte nach Leibeskräften, begriff dann aber, dass er gegen eine Wand lief. Seufzend stand er auf und verabschiedete sich mit einer komisch anmutenden, förmlichen Verbeugung, ganz wie Peter Sellers als Inspektor Clouseau in “Der rosarote Panter”.
    Tatti bot Josh an, ihn zu seinem Hotel zu bringen. “Es wäre sicherer, wenn Sie eine Eskorte hätten.”
    “Aber die habe ich ja schon, oder? Eine graue Limousine?”
    Tatti tat zwar so, als könne er kein Wässerchen trüben, doch zwischen seinen Brauen zeigte sich ein Fältchen. “Wie Sie wollen.”
    Josh verspürte nicht die geringste Lust, sich zum Commissario ins Auto zu setzen. Beim letzten Mal hatte ihm das eine Nacht in einer Gefängniszelle eingebracht. Außerdem wollte er sich keinen Fragen aussetzen, zu denen er die Antwort wusste. Josh war kein guter Lügner, auch wenn er beständig dazulernte.
    Beispiel: Wenn die eigene Ehefrau wissen möchte, ob es eine andere gibt, man das Gesicht dieser anderen jedoch höchstens in seinen unterbewussten Träumen gesehen hat, dann kann sich überzeugendes Lügen als durchaus nützlich erweisen.
    Er gab dem Commissario jedoch auch noch aus einem anderen Grund einen Korb: Er wollte Gabriellas Wohnung nicht verlassen, ohne vorher noch einmal einen Blick auf die Fotos geworfen zu haben. Nach seiner festen Überzeugung bestanden die runden Gegenstände eben nicht aus Glas, und außerdem war er sich ziemlich sicher, dass sie für so manchen einen zweifachen Mord wert gewesen wären. Einen fünffachen oder zehnfachen sogar.
    Als Tatti fort war, rechnete Josh eigentlich damit, dass Gabriella sich bei ihm bedankte, weil er dem Commissario nicht verraten hatte, dass sie bewusst Informationen zurückhielt.
    Es kam aber nichts. Was ihm die anschließende Frage noch schwerer machte. “Ich weiß, Sie geben mir die Schuld an vielem von dem, was passiert ist. Aber bitte lassen Sie mich Ihnen helfen, die Steine zu finden.”
    “Wie wollen Sie das anstellen? Sie sprechen doch kaum Italienisch. Sie kennen sich weder in Rom noch auf dem Kunstmarkt aus. Wie stellen Sie sich das vor?”
    “Zeigen Sie mir die Fotos, Gabriella.”
    “Was soll das bringen?”
    “Malachai und Dr. Talmage haben sich ihr ganzes wissenschaftliches Leben mit Reinkarnation befasst. Irgendwie wird die Stiftung uns helfen. Wir verfügen über Geld und Kontakte. Wenn’s sein muss, drehen wir jeden Stein um …” Er hielt inne und verzog angesichts des ungewollten Wortspiels das Gesicht zu einer komischen Grimasse.
    Trotz der Strapazen der letzten zwei Tage rang Gabriella sich so etwas wie ein Lachen ab.
    Josh war, als hätte er dieses Lachen schon einmal gehört. Als kannte er die Kadenz. Nein. Er war bloß übermüdet. Vermutlich wollte er Gabriella nun mit Macht in die Rolle pressen, in der er sie gern gesehen hätte, weil die bisherigen Gespräche mit ihr so leicht und selbstverständlich verlaufen waren. Er betrachtete ihr Gesicht, ihr Haar, ihre hohen Wangenknochen, ihre vollen Lippen.
    Er zwang sich dazu, ehrlich zu sein.
    Nein. Er kannte sie

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