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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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war aber noch so unentschlossen, dass er nicht über die Zukunft sprechen wollte. Die Kunst aufzugeben hatte seine Richtigkeit, wenn man überzeugt war, nichts Hervorragendes leisten zu können. Aber würde er bei den anderen Verständnis dafür finden? Würden sie seinen Verzicht nicht nur als Eingeständnis seiner Niederlage betrachten? Er selbst wollte nicht zugeben, dass er geschlagen war. Er hatte einen eigensinnigen Zug, und die Vermutung, dass er auf einem Gebiet kein Talent habe, stachelte ihn auf, genau in dieses Gebiet vorzudringen. Er ertrug den Gedanken nicht, dass seine Freunde über ihn lachen könnten. Derartige Erwägungen hätten ihn womöglich zurückgehalten, jemals den entscheidenden Schritt weg von der Malerei zu tun, aber der Umgebungswechsel ließ ihn plötzlich die Dinge in einem anderen Licht sehen. Wie mancher andere entdeckte er, dass mit der Fahrt über den Kanal vieles, was ihm wichtig erschienen war, merkwürdig nebensächlich wurde. Das Leben, das ihn dermaßen bezaubert hatte, dass er meinte, es niemals aufgeben zu können, schien ihm plötzlich abgeschmackt. Eine Abscheu ergriff ihn gegen die Cafés, die Restaurants mit ihrer schlechten Küche, die schäbige Lebensweise, die alle führten. Es lag ihm nichts mehr daran, was seine Freunde über ihn dachten: Cronshaw mit seinen Reden, Mrs.   Otter mit ihrer Ehrbarkeit, Ruth Chalice mit ihrer Affektiertheit, Lawson und Clutton mit ihren Streitigkeiten; ein Widerwillen gegen alle erfüllte ihn. Er schrieb an Lawson und bat ihn, ihm seine Sachen nachzusenden. Eine Woche später kamen sie an. Als er seine Arbeiten auspackte, betrachtete er sie ohne Gemütsregung. Er stellte diese Tatsache mit Interesse fest. Sein Onkel zeigte sich begierig, seine Bilder zu sehen. Obgleich er Philips Wunsch, nach Paris zu gehen, so heftig missbilligt hatte, stand er der Situation nun gelassen gegenüber. Er interessierte sich für das Leben der Kunstschüler und fragte Philip ständig darüber aus. Ja, er war sogar ein wenig stolz darauf, dass Philip Maler war, und versuchte immer, ihn vor Bekannten hervorzuheben. Sehr interessiert betrachtete er die Studien, die ihm Philip zeigte. Philip stellte das Porträt von Miguel Ajuria vor ihn hin.
    »Warum hast du gerade ihn gemalt?«, fragte Mr.   Carey.
    »Ach, ich brauchte ein Modell, und sein Kopf gefiel mir.«
    »Jetzt, wo du nichts Besseres zu tun hast, könntest du vielleicht mich malen?«
    »Es würde dich langweilen, Modell zu sitzen.«
    »Das glaube ich gar nicht.«
    »Wir wollen sehen.«
    Philip schmunzelte belustigt über die Eitelkeit seines Onkels. Es war klar, dass ihm furchtbar viel daran gelegen war, porträtiert zu werden. Etwas umsonst zu bekommen, war eine Gelegenheit, die genutzt werden musste. Zwei, drei Tage lang begnügte er sich mit gelegentlichen Andeutungen. Er warf Philip Faulheit vor, fragte ihn, wann er mit der Arbeit beginnen werde, und begann schließlich, jedem, den er traf, zu erzählen, dass Philip ihn malen würde. Endlich, an einem Regentag, sagte er nach dem Frühstück:
    »Nun, was meinst du? Könntest du nicht heute mit meinem Porträt anfangen?« Philip legte sein Buch hin und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    »Ich habe das Malen aufgegeben«, sagte er.
    »Warum?«, fragte Mr.   Carey erstaunt.
    »Weil ich erkannt habe, dass ich ein zweitrangiger Maler bin und es auch nicht weiter bringen werde.«
    »Wie merkwürdig. Ehe du nach Paris gegangen bist, warst du überzeugt, dass du ein Genie bist.«
    »Das war ein Irrtum.«
    »Wenn man sich einmal zu einem Beruf entschlossen hat, dann sollte man stolz genug sein, an ihm festzuhalten. Es fehlt dir an Ausdauer, mein Junge – das ist es.«
    Philip war ein wenig verärgert, dass sein Onkel das Heroische seines Entschlusses nicht sehen wollte.
    »Auf einem rollenden Stein wächst kein Moos«, fuhr der Geistliche fort. Philip hasste dieses Sprichwort über alles, und es schien ihm vollkommen bedeutungslos. Sein Onkel hatte es oft wiederholt während der Auseinandersetzungen, die dem Ende seiner Berufsausbildung vorangegangen waren. Offensichtlich brachte es jene Angelegenheit seinem Vormund in Erinnerung.
    »Du bist kein Kind mehr; du musst daran denken, dich häuslich einzurichten. Zuerst bestehst du darauf, beeidigter Bücherrevisor zu werden, und dann wirst du dessen überdrüssig und willst Maler werden. Und nun beliebt es dir, deine Meinung wieder zu ändern. Es unterstreicht deine…«
    Er zögerte einen Augenblick, um zu

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