Der Menschenjäger
Gruppe nun verzweifelt festklammern mußte, winzige blaue Flämmchen über das Holz züngelten und die Kreaturen zurücktrieben.
»Jetzt, Gerrek!«
Das befürchtete Wehklagen und Zieren blieb aus. Der Mandaler blies eine glühende Lohe über das Deck.
Aber selbst das Drachenfeuer kam kaum noch durch die immer dichter werdende Luft. Die Bewegungen der Amazonen verlangsamten sich. Mythor und Fronja sprangen gemeinsam hinter Gerrek von ihrer Kiste hinab, als eine Zone abgestorbener Fladen geschaffen war. Sie hatten dabei das Gefühl, in zähes Wasser zu stürzen. Gerrek blies weiter. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis seine Kräfte sich erschöpft hatten. Mythors Fackel schlug nach den sich heranschiebenden Kreaturen. Sie kamen mit jedem Schritt langsamer voran. Fast war es so, als stemmten sich ihnen unsichtbare Hände entgegen, um sie zurückzutreiben.
»Hier hat sich alles gegen uns verschworen!« rief Fronja in das plötzlich einsetzende Heulen hinein, das vom Nichts widerhallte und zu einer schaurigen Melodie des Todes wurde, in die sich das Ächzen der Phanus mischte. Kam das Boot überhaupt noch voran? Stand es still, oder hatte es gar längst schon den Kurs verloren?
Einer der Steuerfächer riß mit lautem Krachen ab. Er trieb in der Luft, als wollte die Zeit selbst zum Stillstand kommen.
Mythor spürte, wie der Wahn nach seinem Geist griff. Er durfte das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Irgendwann war diese Zone durchbrochen. Was zählte, war die Sicherheit der Besatzung im Innern der Phanus.
Er wußte nicht, wie lange es dauerte, bis Gerrek endlich die Platte über der Treppe erreicht hatte. Seine Hände waren feucht und konnten Schwert und Fackel kaum mehr halten. Die Fackel war auch wertlos geworden, denn ihre Flamme war längst erstickt.
Ein kaum noch schrittlanger Feuerstoß aus Gerreks Maul befreite die Platte von den Fladen. Mythor war heran und schickte sich an, sie zu heben, als er eine Hand schwer auf der Schulter spürte.
Er sah auf und blickte in Siebentags finsteres Gesicht.
»Laß das«, sagte der Kannibale. »Seht ihr denn nicht, daß die Phanus zerbricht? Wenn wir uns retten wollen, müssen wir sie verlassen. Wir sind viel näher an der Dämonenleiter, als ihr glaubt. Die Dunkelmächte haben uns die Quallen nur geschickt, um uns von der wirklichen Gefahr abzulenken.«
Bedurften seine Worte noch eines Beweises, so erhielten sie diesen im Bersten des zweiten Steuerfächers.
»Sage den Amazonen, daß sie das kostbare Salz und so viel an Nahrungsvorräten in Ranzen packen sollen, wie sie nur können«, knurrte der Kannibale, und wiederum lag etwas in seiner Stimme, das keinen Widerspruch zuließ. »Beeilt euch. Ich werde mit den Aasen versuchen, die andere Gefahr zu bannen. Wir müssen bereit sein, wenn sich ein Luftloch auftut.«
»Wer sagt dir, daß das geschehen wird?« fragte Fronja gereizt.
»Er hat recht!« rief Mythor. »Bei Quyl und bei Erain, wir waren blind!«
Die Mächte, die unbarmherzig nach dem Hausboot griffen, schienen nicht willens zu sein, den Bedrängten noch die Zeit zum Entkommen zu geben. Das Chaos schlug über den Häuptern der Gefährten zusammen. Nebelschwaden, so dicht, daß die Sicht kaum noch zwei, drei Schritte weit reichte, legten sich auf das Deck. Das Heulen schwoll an, die Luft brannte wie flüssiges Feuer in Nasen und Lungen. Stück um Stück brach aus der Wandung der Arche heraus, als zerrten die Klauen von titanischen Ungeheuern daran.
Allein den Aasen schien man es zu verdanken, daß es noch einen winzigen Hauch von Hoffnung gab. Siebentag stand wieder zwischen ihnen. Sie hielten sich an den Händen. Der so geheimnisvolle Bannkreis vor ihnen dehnte sich Schritt um Schritt aus, bis auch der letzte Zoll auf der Phanus von den Fladen gereinigt war. Die zäh wirbelnden Luftmassen rissen sie mit sich hinfort.
Mythor hatte sich mit Burra und Tertish verständigt. Die Amazonen öffneten die Kisten und verstauten Salz und Nahrungsvorräte in Ranzen, die sie schulterten. Wer damit fertig war, kam zur Mitte des Bootes und scharte sich dort um Mythor, Fronja, Gerrek und Robbin. Scida mußte Gerze, die Amazone der Zoud, die einen Stoffetzen um die tiefe Beinwunde geschlungen hatte, zusätzlich stützen. Mythor bewunderte die alte Kämpferin für die Kraft, die noch in ihr war. Scida trieb die anderen an. Nur ein kurzer Blick ihrer Augen verriet, was wirklich in ihr vorging.
Siebentag half den Kriegerinnen und schulterte selbst einen gefüllten
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