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Der Menschenjäger

Der Menschenjäger

Titel: Der Menschenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Ranzen. Die Aasen kamen vom Bug her. Lankohr trug Nadomirs nach wie vor reglosen Körper über der Schulter und schwankte unter dem Gewicht des Trolls. Es war, als hätten sie geahnt, was nun kommen würde, denn kaum waren sie heran, als auch schon der ganze Bug mit dem Drachenkopf abbrach. Mythor stellte keine Fragen, obwohl er fast nichts mehr begriff. Der Druck der Luft sprengte die Planken aus dem Rumpf der Phanus. Klaffende Löcher taten sich im Deck auf.
    Endlich standen sie alle beisammen, und das keinen Herzschlag zu früh. Die Schreie der Verzweifelten erstickten in dem zähen Brei, der sich nicht länger einatmen ließ. Arme streckten sich unnatürlich langsam in die Höhe, kämpften gegen den ungeheuren Druck an und zeigten auf das blutrote Auge über der Phanus. Der Luftwirbel fraß sich in die Nebel, erfaßte Trümmerstücke des Bootes und schleuderte sie fort. Mythors Lungen drohten zu platzen. Schwarze Punkte erschienen vor seinen Augen. Mit aller Kraft kämpfte er um das Bewußtsein. Sein Arm legte sich um Fronjas Hüfte, und er wußte: Was auch immer mit ihnen geschehen sollte, er würde sie nicht loslassen, ob sie nun lebten oder an diesem Ort ihr unheiliges Grab fanden.
    Carlumen! brannte es in seinen Gedanken. So nahe am Ziel! Gebt uns die Kraft, ihr Götter des Lichts!
    Keiner Worte mehr fähig, starrte er in dieses glühende Auge, das zum Trichter wurde, der sich über sie stülpte. Die Gefährten wurden jäh von den Beinen gerissen, ihre Schreie verhallten im Nichts, doch die gierigen Lungen füllten sich wieder mit kühler, lebenspendender Luft. Fronjas warmen Körper an den seinen gepreßt, konnte Mythor nicht sagen, ob sie es auf- oder abwärts riß, immer tiefer hinein in den Schlund, an dessen Ende das blutrote Leuchten sie lockte. Neue Kraft durchströmte seine Glieder. Er sah sich nicht mehr um und wußte doch, daß hinter ihm die Phanus in Stücke gerissen wurde.
    Plötzlich war Siebentags Gesicht vor ihm, übergroß und verzerrt. Der Mund des Kannibalen öffnete sich, und ihm entströmten Worte, die sich nicht hören, aber wie Bilder verstehen ließen:
    »Glaubt nicht, daß ihr gerettet seid, Kinder des Kometen, auch wenn eure Füße wieder festes Land betreten! Alles, was bisher geschah, war nur das Vorspiel zu dem, was kommen wird! Ihr habt euer Schicksal gewählt, nun meistert es auch!«
    Die Erscheinung verblaßte, und nur um eine solche konnte es sich handeln, denn Siebentag war weit voraus, schon nahe dem blutroten Leuchten, und wurde unglaublich schnell um die eigene Achse gewirbelt.
    Dann zerrissen Lichtblitze das Rot. Die Wände des Schlauches entfernten sich. Mythor preßte Fronja noch fester an sich, als er die Ebene sah, auf die sie alle zustürzten. Er streckte die linke Hand und beide Beine aus, um den erwarteten Aufprall zu mildern. Dann fand er sich auch schon auf dem Rücken liegend auf etwas Hartem.
    Er schlug die Augen nieder, wartete auf die Gewalten, die ihn wieder von hier fortrissen. Erst als nichts geschah, als er frische, kühle Luft einatmete und Fronja sich in seinem Arm zu regen begann, öffnete er sie wieder – und sprang auf. Alton aus der Scheide reißen und den vermeintlichen Angreifern sich entgegenstellen, war eines. Eine Spur heller nur als das Blutrot, in das die Ebene, die Staub- und Nebelschleier, in das alles getaucht war, kamen sie heran, rot durchscheinende Schauergestalten mit den Umrissen von Menschen.
    Auch Fronja warf sich nun gegen sie. Mythor trieb zwei Gegner zurück und sah verwundert, daß sie sich nun auch gegeneinander wandten. Und da waren diese kleineren Geschöpfe, ebenfalls nur fließendes Rot. Und da war…
    Mythor sah auf seine Hand, die das Schwert führte, dann auf die andere. Da begriff er.
    Die unheimliche Macht, die die Körper der Gefährten und Amazonen durchscheinend und glühend machte, so daß sie sich bewegten wie biegsam gewordenes gefärbtes Glas, mußte auf ihn und Fronja um Atemzüge später gewirkt haben. Auch sie war halb durchsichtig, ein grauenvoller Anblick. Mythor war erstarrt, konnte alle ihre Knochen zählen.
    Es kostete ihn alle Überwindung, zu der er fähig war, um hinzusehen, das Grauen zu ertragen und zu brüllen:
    »Aufhören! Hört endlich auf! Ihr kämpft gegen euch selbst! Seht euch eure Körper an!«
    Seine Stimme ging fast im Klirren der aufeinanderschlagenden Klingen unter. Erst als er jene Rotleuchtende, in der er Burra zu erkennen glaubte, von hinten an der Schulter packte und zu sich

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