Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Menschenjäger

Der Menschenjäger

Titel: Der Menschenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
herumriß, als er ihr die Runen des Gläsernen Schwertes vor die Augen hielt, begriff auch sie.
    Die Amazonen ließen ihre Waffen sinken, sahen sich gegenseitig an und wichen voller Entsetzen voreinander zurück. Einige schrien und faßten zögernd ihre Glieder an. Gerrek tauchte auf, unverkennbar er, und kreischte die Nebel an:
    »Ich kann in mich hineinsehen! Oh schrecklicher Zauber! Was ist aus meiner schönen Drachenhaut geworden!«
    »Wo ist Robbin?« rief der Sohn des Kometen. »Er wird uns sagen müssen, wo wir sind und was…«
    Der Pfader erschien wie vor ihn hingezaubert. Das rote Licht drang durch seine Bandagen und zeigte erstmals seine knochenlosen Glieder.
    »Ich habe gewarnt!« klagte er bitter. »Euch alle habe ich gewarnt, und ihr habt nicht gehört. Ich habe von einem Land gehört, in dem alles die Farbe des Blutes hat. Jeder tüchtige Pfader kennt es, doch niemand weiß, wer einstmals davon berichtete. Einige Tollkühne machten sich auf, um es zu finden, doch keiner ward jemals wieder gesehen.«
    »Rede nicht soviel!« fuhr Burra ihn an. »Wie heißt dieses Land?«
    »Phryl-Dhone«, flüsterte der Pfader. »Dies ist Phryl-Dhone, die vierte Sprosse der Dämonenleiter, die vierte Stufe über Yhr.«

4.
    Es war ein felsiges Eiland, ein Gesteinsbrocken von unabsehbaren Ausmaßen. Die Sicht reichte hier weiter als von der Phanus aus. Die Luft war klar trotz des allgegenwärtigen roten Leuchtens, das aus den Felsen herauszukommen schien. Es gab weder Pflanzen noch Spuren sonstigen Lebens.
    Mythor drängte es bereits weiter. Die vierte Sprosse über Yhr – und damit über Carlumen! Wieder durfte er sich dem Ziel ein Stück näher wähnen, doch er sah auch, daß die Amazonen, die Aasen, Gerrek und Fronja eine Ruhepause brauchten. Er selbst mußte sich eingestehen, daß er nahe daran war, einem Sinnesrausch zu erliegen, und dabei die eigenen Kräfte überschätzte.
    Vor einer steil in die Höhe ragenden Felswand setzten sich die Gestrandeten in einem Kreis nieder. Das erste Entsetzen war überwunden. Man warf sich scheue Blicke zu. Mit der Zeit gelang es, das Gesicht anderer einwandfrei zu erkennen. Die Haare, Brauen, Nasen und Lippen zeichneten sich etwas dunkler vor dem roten Glühen ab, das zudem von Zeit zu Zeit schwächer wurde und zumindest die Kleidung und Rüstungen in fast natürlicher Farbe erscheinen ließ.
    Zögernd nur kam eine Unterhaltung in Gang. Mythor beteiligte sich nicht daran. Es war sinnlos, sich gegenseitig Fragen zu stellen oder über den weiteren Weg zu beratschlagen, solange Robbin nicht einige weitere Geheimnisse preiszugeben bereit war.
    Der Pfader saß, abseits von den anderen, bei Siebentag. Noch ein gutes Stück dahinter hatte sich Nadomir, inzwischen wieder seiner Sinne mächtig, niedergelassen. Mythor erhob sich und ging zu Robbin. Auch mit Siebentag hatte er noch ein Wörtchen zu reden.
    »Wieso hörte ich deine Stimme und sah dein Gesicht, als wir durch den Trichter gewirbelt wurden?« fragte er den Kannibalen frei heraus.
    Siebentag legte die Stirn in Falten.
    »Du hast mich gehört und gesehen? Das kann ich mir nicht vorstellen, Mythor. Jeder von uns hatte wohl solche Erscheinungen.«
    »Es war mehr als nur eine Erscheinung!«
    »Ich müßte davon wissen«, gab Siebentag zurück und drehte sich um, zum Zeichen, daß die Sache damit für ihn erledigt war.
    Mythor nahm sich vor, ein noch wacheres Auge als bisher auf ihn zu haben. Doch was jetzt wichtiger war, war die Dämonenleiter.
    »Die vierte Sprosse, sagst du«, wandte er sich an Robbin. »Die vierte Stufe über Yhr. Wir müssen also weiter hinab. Wie, Robbin? Was hast du noch alles gehört?«
    »Nichts!«
    Mythor packte ihn an den Schultern. Der Pfader suchte sich seinem Griff zu entwinden, doch der Gorganer drückte zu. Robin schrie leise auf.
    »Jetzt höre gut zu!« riet Mythor ihm mit Nachdruck. »Du hast uns gewarnt und damit deine Pflicht uns gegenüber in dieser Hinsicht erfüllt. Wir sind nun aber einmal hier und werden auch nach Yhr gelangen, wenn wir zusammenhalten. Robbin, es darf keine Geheimnisse mehr zwischen uns geben. Woraus besteht die nächsttiefere Stufe, und wie gelangen wir zu ihr hinab?«
    »Es ist der Sud«, antwortete der Pfader widerstrebend. »Ich kenne nur den Namen. Glaube mir, über den Sud weiß ich nichts. Es führt nur ein Weg hinab.« Er drehte sich halb um und streckte den Arm gerade aus. »In dieser Richtung werden wir zu einer Ruinenstadt kommen. Sie liegt an einem Abgrund.

Weitere Kostenlose Bücher