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Der Menschenjäger

Der Menschenjäger

Titel: Der Menschenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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bevorstand, und fühlte sich zum erstenmal von wirklichen Zweifeln geplagt. Wenn der Sud schon weitaus mehr Schrecken aufzuweisen hatte als Phryl-Dhone – was erwartete sie dann auf den nächsten beiden Sprossen der Dämonenleiter?
    Er dachte an Burras Mahnung und unterdrückte die Gedanken daran. Weiter! Nur weiter!
    Ein gellender Schrei ließ ihn herumfahren. Entsetzt sah er den faustgroßen Kristall im Nacken einer der Amazonen. Die Kriegerin hatte die Waffen von sich geworfen und versuchte verzweifelt, sich den Brocken von den Schultern zu reißen. Mythors Herz krampfte sich vor Grauen zusammen, als ihre Hände darin festwuchsen und unvorstellbar schnell schon selbst von einer Kristallschicht überzogen wurden. Burra eilte zu der Unglücklichen hin und holte aus, um ihr das Gebilde herunterzuschlagen, doch ihr Arm sank herab.
    »Ich… müßte sie töten, um sie zu befreien!« rief sie mit bebender Stimme.
    »Laßt mich!« schrie die Befallene. »Zieht weiter und laßt mich zurück! Ihr könnt mir nicht helfen! Wer diesen oder einen anderen Kristall anfaßt friert daran fest! Geht!«
    »Wir lassen dich nicht im Stich!« kam es von Tertish. »Warte! Unsere ungeschützten Finger mögen in den Kristall wachsen, aber wenn ich meine Hand umwickele…!«
    Sie riß sich die Vermummung vom Gesicht und schickte sich an, ihre Absicht in die Tat umzusetzen, während alle anderen ratlos um sie herumstanden. Mythor sollte sie an ihrem sinnlosen Vorhaben hindern, doch die Befallene kam ihm zuvor.
    Sie warf sich zu Boden und in ihr eigenes Schwert, das mit der Spitze nach oben aus dem Wurzelgeflecht herausstach. Ein grausames Schicksal jedoch schien ihr den erlösenden Tod verwehren zu wollen. Die Klinge fuhr ihr nicht ins Herz, sondern knapp unter dem rechten Schulterblatt durch den Leib.
    Maßloser Zorn erfaßte den Gorganer. Mythor machte sich Platz und hieb auf den Kristall ein, der sich inzwischen schon über den Kopf und den ganzen Rücken der Amazone geschoben hatte. Doch wenngleich Alton Stück für Stück aus ihm herausschlug, so wuchsen die Splitter doch viel schneller wieder nach, als er sie abtrennen konnte.
    Dann bildeten sie eine fingerdicke Schicht über dem Antlitz der Sterbenden. Mythor packte das Schwert mit beiden Händen und holte weit aus.
    Er brachte es nicht fertig, den Leiden der Kriegerin mit einem schnellen Streich ein Ende zu bereiten. Und plötzlich lag sie vor ihm auf dem Rücken, vom Gewicht des Kristalls ganz zu Boden gezogen, und blickte ihn aus starren Augen unter einer tausendfach spiegelnden, wunderschönen Kristallschicht an. Ihr ganzer Körper war umschlossen, ihre Augen bläulich funkelnde Juwelen, ihr Antlitz eine vielfach gebrochene Glasmalerei.
    Fronja war die erste, die wieder Worte fand.
    »Sie hat ihren Frieden gefunden«, sagte sie leise, im Heulen und Brausen des Sturmes kaum zu verstehen. »Seht ihre Schönheit im Tode, und so soll sie für alle Zeiten bleiben.« Sie ballte die Fäuste und schrie in den Wind: »Seht ihr euch vor! Wir müssen uns gegenseitig beobachten, soll uns ihr Schicksal erspart bleiben! Jeder achte auf den anderen und zögere nicht, den kleinsten Kristallbrocken aus seinem Fleisch zu schlagen, bevor es zu spät ist!«
    Doch dazu kam es nicht, es kam schlimmer.
    Wieder konnten die Gefährten eine Strecke durch den Sud zurücklegen, mit brennenden Lungen und voller Angst, das nächste Opfer des tückischen Staubes zu werden. Gerrek und Robbin taten kaum noch etwas anderes, als sich zu kratzen, selbst dort, wo der Staub sich noch nicht eingenistet hatte. Es ging voran im Kristallhagel, und alles Getier schien sich in die hintersten Winkel des Suds geflüchtet zu haben. Und neue Hoffnung schöpften die Vermessenen, als der Sturm sich endlich legte und sie sich auf einer weiten Ebene wiederfanden, aus Wurzelgeflecht gebildet wie die durchflochtene Decke, die sich über ihren Häuptern wie ein Baldachin wölbte. Hoffnung darauf, nun endlich die untersten Bereiche des Suds erreicht zu haben, Hoffnung, daß es nun nur noch einer letzten Anstrengung bedurfte, um diese Stufe der Finsternis endgültig hinter sich lassen zu können.
    Doch auch die Ebene war gespickt von Kristallungetümen, und diese erwachten zu gespenstischem Leben.
    »Bizarre«, flüsterte Robbin. »Ich habe von ihnen gehört. Selbst Pfader, die sich aus der Schattenzone heraus in die Düsterzone Gorgans begaben, haben sie gesehen.«
    »Was redest du da?« fragte Burra, deren ganzes Gebaren zeigte,

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