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Der Menschenjäger

Der Menschenjäger

Titel: Der Menschenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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abseits, erstarrt wie die anderen. Doch ihre Blicke galten nicht nur den Dämonen, deren wahre Gestalt nun durch das Spiel auf der Zauberflöte enthüllt worden war – und die sich anschickten, sich auf die Amazonen zu stürzen.
    »Wo ist Mythor?« schrie sie verzweifelt. »Wo ist er?«

8.
    Die gezackten Kristallschwerter stießen auf ihn herab. Er hielt ihnen Alton entgegen, und an der Gläsernen Klinge zersprangen die Waffen der Unheimlichen. Die Wucht der Hiebe schlug ihm den Knauf aus der Hand. Er krümmte sich, hatte nicht mehr die Kraft, die Hände schützend auszustrecken. Er sah die Kristallenen und glaubte, hämische Grimassen in den gesichtslosen Häuptern zu erkennen.
    Alle Eindrücke vermischten sich zu einem düsteren Bild des Todes. Mythor nahm einen tiefen Atemzug und zweifelte nicht daran, daß es sein letzter war.
    Dann waren die Bizarren verschwunden wie ein Spuk. Für einen Herzschlag hörte der Sohn des Kometen wie aus unendlich weiter Ferne Flötenspiel, und auch das verklang abrupt.
    Über ihm war ein seltsames, strahlendes Licht. Er fühlte, wie die Kraft in seine Glieder zurückströmte, wie etwas wie ein frischer, reinigender Wind seinen Geist durchflutete und alle Schatten davontrieb.
    Er richtete sich auf die Ellbogen auf und sah sich um. Er glaubte, die Lichtung wiederzuerkennen. Sie hatte in etwa die Ausdehnung der Ebene im Sud, doch er lag auf wallenden, hellen Nebeln, die Wärme und Geborgenheit ausstrahlten.
    Und dort, ihm gegenüber und keine zwei Schritte entfernt, saß sie, die Erträumte, in ein wallendes weißes Gewand gehüllt und von zarter Gestalt. Silbriges Haar, lang über die Schultern fallend, umrahmte ihr erhaben schönes, ebenfalls fast weißes Antlitz. Sie blickte ihn an aus tiefschwarzen, großen Augen, Ihr kirschroter Mund formte Worte, die nur allmählich Klang annahmen.
    »Gwasamee«, flüsterte er.
    Sie schüttelte den Kopf. Ein nachsichtiges Lächeln umspielte die vollen Lippen.
    »Ich bin nicht Gwasamee«, hörte er. War dies die Stimme eines menschlichen Geschöpfes oder der Klang des Lichtes selbst, das ihn umfing?
    »Ich bin nicht Gwasamee«, wiederholte sie. »Nicht die Kometenfee, der du am Anfang deines Weges begegnetest, Mythor. Ihre Zeit ist vorbei, eine neue bricht an.«
    »Aber du bist wie sie!« entfuhr es dem Gorganer. »Wenn du nicht Gwasamee bist, wer dann? Woher kommst du?«
    »Von weither, von weiter als du denkst, Mythor. Von einer Welt, auf der das Licht noch nicht ganz erloschen ist. Und auch diese war nur eine Rast auf meiner Suche. Mein Name ist wie die Schneeflocke im Wind. Eines Tages mögen wir uns wieder begegnen, dann erinnere dich meiner als Shaya, der Suchenden.«
    »Shaya«, murmelte er, jede der Silben einzeln betonend. »Shaya – und wen suchst du?«
    Weißt du es wirklich nicht? schienen ihre Blicke zu sagen.
    »Phanus!« rief er erregt aus. »Er lebte als einziger noch von den Wanderern, die allen Geschöpfen von der Rückkehr des Kometen zu künden hatten. Er konnte mir nicht mehr sagen, ob er damit den Lichtboten meinte, aber… ist er es, Shaya? Suchst du ihn und…?«
    Sie lächelte nur, doch nun etwas wehleidig. Eine Spur von Trauer trat in ihre herrlichen Augen. Mythor aber sah sie nicht. Er war aufgesprungen und suchte Ordnung in die durcheinanderwirbelnden Gedanken zu bringen. Was sich ihm da nun aufdrängte, war zu vermessen, und doch…
    Er ging vor der Hellhäutigen in die Knie und nahm ihre Hände in die seinen. Er erschrak vor ihrer Kälte, doch auch das war nun zweitrangig für ihn.
    »Sage es mir, Shaya. Kann es denn sein, daß der Lichtbote bereits wieder auf die Welt zurückgekehrt ist? Ist er es, den du suchst?«
    Für einen Atemzug sah es so aus, als wollte sie ihm die ersehnte Antwort geben. Seine Blicke flehten darum, verschmolzen für kurze Zeit mit den ihren, und er glaubte, in diesen großen, schwarzen Augen in eine unendliche Ferne hineinsehen zu können. Ihn schwindelte, Shaya zog ihre Hände zurück und legte die rechte auf seine Wange.
    Wie kalt sie war!
    »Es ist nicht mir bestimmt«, flüsterte sie, »den Lauf der Dinge in Bahnen zu lenken, die vielleicht zunächst verheißungsvoll erscheinen mögen, dann aber in Verblendung und Abgründe führen. Versuche nicht, über den Tag hinaus zu denken, Mythor, solange du in der Schattenzone bist. Verliere dich nicht in Erwartungen, die vielleicht unerfüllt bleiben werden. Wisse nur soviel, daß es außer mir noch elf andere Suchende gibt, und sie sind alle

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