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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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weiterverweisen, als er sich an ein Detail aus dem Verhör von Arne Bay erinnerte. Das musste jene Frau sein, die den Autounfall verursacht hatte, bei dem ihr Mann eine Querschnittslähmung erlitten hatte. Er wollte nachfragen, als der Mann fortfuhr:
    »Sie war die Geliebte von dem Typen, den Sie gerade gefunden haben.«
    »Arne Bay?«
    Der Mann nickte. Er hatte etwas Abweisendes im Blick, das weitere Fragen unmöglich machte.
    Wagner nickte zurück.
    »Wir sollten uns in Ruhe unterhalten. Kommen Sie mit.«

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    Kapitel 54
    Das Bestattungsinstitut befand sich in der Vestergade und war eines der drei Geschäfte der Kette Marius Jørgensen & Sønner. Die beiden anderen Filialen waren in Ålborg und Herning, hatte sie bei ihrer Recherche herausgefunden.
    Dicte stand eine Weile vor dem Laden und betrachtete die Schaufensterauslage. Wie viel Kopfzerbrechen hatte die Gestaltung |353| wohl den Dekorateur gekostet? Wie machte man Reklame für den Tod?
    Die Lösung bestand aus einem Konstrukt aus mehreren Podesten, die mit hellblauem Velours bezogen waren. Darauf standen die verschiedensten Urnen, von billigen Holzmodellen bis zu den teuren Exemplaren aus Porzellan. Allerdings klebte an keinem Modell ein Preisschild. Weitere Dekorationselemente waren ein Kreuz, das diskret gegen eine Urne gelehnt war, ein Strauß Plastiktulpen sowie ein Plakat, das Werbung machte für ein Kinderbuch mit dem Titel
Wohin geht jemand, wenn er von uns geht?.
Ein anderes Plakat war vom Landesverband der Dänischen Bestattungsinstitute, auf dem sich zwei Tulpen gegenüberstanden, blau auf weißem Untergrund.
    Nervös schob sie den Riemen ihrer Tasche über die Schulter. Ihre Lust, das Geschäft zu betreten, hielt sich in Grenzen, aber sie hatte mittlerweile so oft bei Marius Jørgensen & Sønner angerufen und Nachrichten hinterlassen, dass es nun keine andere Wahl gab. Sie nahm die drei Stufen ins Souterrain und drückte die Tür auf. Sofort ertönten die ersten Takte von
Schlaf, Kindchen, schlaf
.
    Grauen beschlich sie, als sie sich in dem menschenleeren Raum umsah. Sie wusste, dass dieses Gefühl unlogisch war, aber es kam ihr so vor, als würden sich die Wände nähern. Und die Kopfschmerzen, die den ganzen Tag im Hinterhalt gelauert hatten, meldeten sich jetzt dröhnend zu Wort.
    Trotz der lobenswerten Absicht, den Raum in hellen, freundlichen Farben auszustatten, spürte sie eine alles in sich verschlingende Dunkelheit, die unter der Oberfläche wartete. Sie war kurz davor, wieder zurück in den Nieselregen zu stürmen, als plötzlich Musik einsetzte. Die Töne einer Orgel drängten unter dem Spalt einer angrenzenden Tür hervor, und gleichzeitig öffnete diese sich, und ein Mann trat ein. Er war sehr groß und ging leicht vornübergebeugt, trug einen dunklen Anzug und hatte eine milde und zuvorkommende Miene aufgesetzt. Wahrscheinlich war das ein Dauerzustand, bei dem alles in seinem |354| Gesicht nach oben zu wandern schien: gehobene Augenbrauen, nach oben gezogene Mundwinkel, sogar der fliehende Haaransatz und die hohe Stirn wiesen nach oben. Sie schätzte ihn auf etwa vierzig Jahre.
    »Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Die etwas altmodische Sprache klang wie ein Modul, das man unter Umständen in einem Schnellkursus für Leichenbestatter erlernen konnte. Allerdings wirkte seine Liebenswürdigkeit aufrichtig.
    »Dicte Svendsen. Ich bin Journalistin. Ich habe schon mehrfach bei Ihnen angerufen und um Rückruf gebeten.«
    Sie streckte ihm die Hand entgegen, und er ergriff sie. Dicte spürte die trockene, pergamentartige Haut seiner Handfläche, typisch für jemanden, der zu viel mit Chemikalien arbeitete.
    »Ich versichere Ihnen, dass ich Ihre Anrufe an meinen Vater weitergeleitet habe, der sich immer um den Kontakt mit der Presse bemüht, aber er hatte wahrscheinlich zu viel zu tun.«
    Er sagte das nicht mit Grabesstimme, aber es sah tatsächlich so aus, als würde ihm das sehr leidtun.
    Wenn diese Firma etwas zu verbergen hätte, so war dieser Mann vermutlich nicht darin involviert, dachte Dicte. Oder aber er war ein hervorragender Schauspieler. Sie beschloss, seine Freundlichkeit auf die Probe zu stellen.
    »Wir haben eine Serie über den Tod in unserer Zeitung. Sie heißt ›Leib und Leben‹. Ich zeige Ihnen das mal eben …«
    Sie zog ein paar Exemplare aus ihrer Tasche und reichte sie ihm. Er blätterte äußerst interessiert durch die Seiten.
    »Ich würde mich freuen, wenn wir einen Termin vereinbaren könnten, an dem

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