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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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alles durch. Das erste Interview mit Winkler. Das Foto von Vater und Sohn beim Fußballspiel … Der Torwart! Im Tor hatte ein Junge gestanden. Ein großer, schlaksiger Teenager.
    Sie sprang auf, nahm ihre Tasche und packte Block und Kugelschreiber ein. Dann steckte sie ihren Kopf durch die Tür zum Schlafzimmer, wo Bo gerade seine Jeans zuknöpfte.
    »Ich fahre zu Winkler.«
    »Soll ich mitkommen?«
    Sie hätte zu gern ja gesagt, schüttelte aber den Kopf.
    »Diese Sache erfordert Vertrauen. Wenn du dabei bist, kriege ich vielleicht nicht so viel aus ihm heraus. Er ist doch aber auch nicht gefährlich.«
    Bo sah enttäuscht aus, nickte jedoch.
     
    Frederik Winkler öffnete die Tür, ohne weitere Fragen zu stellen. Er schien dankbar für ihren Besuch. Aber er sah aus wie ein alter Mann, gebeugt und mit eingefallenen Wangen; als habe er seit ihrer letzten Begegnung nichts mehr gegessen. Er trug dieselbe Weste und Hose, aber die Kleidung hing lose an ihm herab.
    Das hatte sie bereits befürchtet und belegte Brötchen vom Bäcker mitgebracht. Sie schwenkte die Brötchentüte.
    »Machen Sie uns einen Kaffee?«
    »Ja, natürlich.«
    Er schlurfte in die Küche. Sie setzte sich ins Wohnzimmer, und die Katze kam herbei, strich erst um ihre Beine und machte es sich dann auf ihrem Schoß bequem. Der Gedanke daran, was dieser Mann durchgemacht hatte, schnürte ihr die Kehle zu. Niemand hatte es verdient, seinen Sohn zu verlieren, und schon gar nicht auf solche Weise – erst an einen politischen Irrglauben und dann an den Tod.
    |406| Sie musste einen kurzen Moment an Peter Boutrup denken, verdrängte ihn jedoch wieder. Dieses Kapitel war abgeschlossen.
    »Bitte schön.«
    Er stellte eine Tasse mit dampfendem Kaffee und einen Teller mit einem Stück Küchenrolle vor ihr ab. Sie hatte die Brötchentüte aufgerissen.
    Eine Weile aßen sie schweigend, bevor sie ihre Frage stellte.
    »Im Zusammenhang mit der Stadion-Geschichte ist ein Name aufgetaucht. Kim Deleuran. Wissen Sie, wer das ist?«
    Der alte Mann hörte auf zu kauen und saß regungslos da. Die Katze wechselte ihre Position und sprang von ihrem Schoß hinüber auf seinen. Er legte sein Brötchen zurück auf den Teller und strich ihr über das Fell.
    »Irre ich mich, oder ist er der junge Torwart auf dem Foto?«
    Er schüttelte langsam den Kopf. »Sie irren sich nicht.« Er blickte sie an. Sie konnte sehen, dass er überlegte, wo er seine Erzählung, die wahrscheinlich lang werden würde, beginnen sollte.
    »Nachdem ich mich von Arnes Mutter hatte scheiden lassen, habe ich ein zweites Mal geheiratet«, begann er schließlich. »Sie hieß Kirsten und hatte einen Sohn, der zwei Jahre älter war als Arne. Es stimmt, sein Name ist Kim.«
    »Sie sagten, Sie hätten die beiden gegeneinander ausgespielt? Was genau meinten Sie damit? Wussten Sie, dass Kim der Mörder Ihres Sohnes war?«
    »Möglicherweise hatte ich eine Vermutung. Ich hatte das Gefühl, dass sie irgendwelche Geschäfte miteinander machten, die nicht so liefen, wie Kim es sich erhofft hatte.«
    »Warum haben Sie nichts davon gesagt?«
    Er sah sie mit schmerzerfülltem Blick an.
    »Ich hatte gehofft, dass es nicht wahr wäre. In gewisser Weise war er ja auch mein Sohn.«
    »Aber die beiden kamen nicht gut miteinander aus, oder?«
    Erneut streichelte er seine Katze.
    »Arne war schon bald eifersüchtig auf Kim. Kim war älter. |407| Intelligenter. Er war linkspolitisch engagiert. Arne reagierte genau entgegengesetzt, und so entwickelten sich beide schließlich in extreme Richtungen. Arne kam gut bei den Frauen an – das war das Einzige, worin er Kim überlegen war, der auf diesem Gebiet eher ein hoffnungsloser Fall war.«
    Er sah Dicte an, die in seinem Blick den Zweifel eines alten Mannes ablesen konnte, ob sein Leben überhaupt etwas wert gewesen war.
    »Als ich vor vielen Jahren mit meiner dokumentarischen Arbeit begann – vielleicht auch, um damit die rechtsradikalen Aktivitäten meines Sohnes zu kompensieren –, wurde Kim zu einer meiner besten Quellen in der autonomen Szene dieser Stadt. Er versorgte mich mit Fotos und Informationen über die Nazis, denn beide Gruppen beobachteten sich mit einer ähnlichen Ausdauer wie die USA und die Sowjetunion während des Kalten Krieges. Eine Zeitlang studierte Kim Medizin. Er wollte in die Welt hinaus und Kindern in den Entwicklungsländern helfen, doch dann veränderte er sich ziemlich plötzlich.«
    »Was war passiert?«
    Das Gesicht des Mannes verdunkelte

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