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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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Mann hinunter.
    »Hallo, mein Schatz. Hattest du ’nen guten Tag?«
    Der Kuss landete auf seiner Stirn. Sie wusste, wie sehr er Küsse auf die Stirn hasste. Dann fühlte er sich wie ein Kleinkind.
    »Mittelmäßig. Was ist mit dir? Du kommst spät.«
    »Dorrit hat sich krankgemeldet. Du weißt, wie es dann ist.«
    Sie sah auf die Uhr. Es war Viertel nach sechs. Mit schnellen Bewegungen begann sie, Pfannen und Töpfe aus dem Schrank zu holen. Es klapperte lauter, als es notwendig gewesen wäre. Vielleicht lag das an dem Zittern, das sie noch in sich spürte.
    »Wann erzählst du mir endlich von ihm?«
    Sie drehte sich abrupt um.
    »Von wem?«
    »Von ihm, deinem Neuen. Du kommst gerade von ihm, oder? Ich kann dir das ansehen. Die Art und Weise, wie du dich bewegst. Du bist so abwesend.«
    Das geschah nicht zum ersten Mal. Obwohl sie wusste, dass es nichts nützte, musste sie erst durch die Phase der üblichen Leugnungen und Proteste. Manchmal glaubte sie sogar selbst, was sie da sagte.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht, wovon du da redest. Wie möchtest du deine Entenbrust haben?«
    »Rosa gebraten, das weißt du doch.«
    |54| Natürlich tat sie das.
    »Hast du ihn am Polterabend kennengelernt?«
    Sie saß in der Hocke und suchte in der Schublade nach einer Schürze. Sie stand wieder auf und band sie sich um.
    »Ich brate sie an und lege sie dann in Alufolie gewickelt in den Ofen, einverstanden?«
    »Wie sieht er aus?«
    Sie drehte ihm den Rücken zu und warf einen Klecks Butter in die Pfanne. Dann ritzte sie die Haut der zwei Entenbrüste ein. Die Kinder bekamen eine Pizza mit einem herzlichen Gruß aus der Mikrowelle. Sie mochten keine Entenbrust.
    »Er ist nicht besonders groß«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. »Muskulös.«
    Dann beschrieb sie ihn detailliert. Seine Hände, die Augen und den Mund, die Nase, die wohl mal gebrochen gewesen war. Seine Kleidung; seinen Geruch. In der Stille, die folgte, meldete sich ihr Körper wieder zu Wort. Sie konnte nichts dagegen tun. Es war wie ein Dauerregen in ihrem Inneren, wo der Wasserstand beständig anstieg. Die Stellen, an denen er sie berührt hatte, taten weh. Ihr Hintern brannte bei jedem Schritt, den sie machte, und erinnerte sie an die Peitsche und die Schläge, die unablässig auf sie niedergeregnet waren. Zuerst vorsichtig, dann immer härter und härter, als sie darum gebeten hatte. Er hatte sie an den Haaren gerissen, so dass ihre Kopfhaut schmerzte. Dann war er hart in sie eingedrungen, erst vorne, dann hinten. Er hatte sich bis zu ihren allerheimlichsten Stellen vorgewagt, an denen sie am stärksten reagierte, und er hatte sie gefunden. Sie war fast ohnmächtig geworden, bevor er mit ihr fertig war. Und trotzdem war sie am nächsten Tag zurück zu ihm gegangen und hatte um mehr gebettelt. Vor zwei Stunden noch hatte sie bei ihm gelegen, mit gespreizten Beinen und gefesselten Händen. Hilflos, selbst gewählt. Wenn man hier von ›wählen‹ sprechen konnte.
    »Und was war sonst noch?«
    Sie legte die Entenbrust in die Pfanne, die zischte und brutzelte.
    |55| »Gar nichts sonst noch!«
    Er seufzte. Sie wusste, dass er sie ausfragen und dass es ihm am Ende auch gelingen würde. Zum Glück kamen die Kinder in diesem Augenblick aus ihren Höhlen, weil sie der Duft von Essen angelockt hatte. Dankbar umarmte sie die beiden, die darüber sehr überrascht wirkten.
    »Könnt ihr bitte den Tisch decken? Wir essen gleich.«
    Bemerkenswerterweise gehorchten sie. Sie wusste, dass es nur eine befristete Atempause war, aber bis auf weiteres konnte sie erst einmal wieder frei atmen und sich einbilden, dass sie eine ganz normale Familie waren: Vater, Mutter, zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Ein perfektes Leben.
    Während sie aßen, schweiften ihre Gedanken immer wieder zurück in seine Wohnung. Sie wollte das nicht, sie versuchte aufrichtig, ihre Aufmerksamkeit auf ihre Familie zu konzentrieren, die Kinder nach ihrem Schultag und den Hausaufgaben zu fragen. So fuhr sie zweigleisig, während ER schweigend aß und ihr ab und zu prüfende Blicke zuwarf.
    »Habt ihr schon von der Toten gehört. Die ohne Augen?«
    Emma hatte gefragt. Die Jüngste hatte gerade angefangen, sich für Gruselgeschichten zu interessieren, und verschlang alle Artikel in der Zeitung, die von Mord und unheimlichen Dingen handelten.
    Kiki schüttelte den Kopf.
    »Das klingt ja furchtbar. Ist es wahr?«
    Sie sah IHN an, der nickte. Sie war seit ein paar Tagen nicht mehr auf dem

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