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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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Straßenmischung, den sie vor Jahren auf Drängen ihrer Tochter Rose aus dem Tierheim geholt hatte. Rose, die selbst davongelaufen und nach Kopenhagen gezogen war, um Jura zu studieren, aber hauptsächlich, um in der Nähe ihres Liebsten Aziz zu sein.
    |51| Dicte schleuderte ihre Schuhe in die Ecke. Teenagertöchter und verlorene Söhne. Ex-Mann und plappernde Freundinnen. Sie vermisste Leben in diesem Haus. Schon lange hatten sie keine Energie übrig gehabt für Dinner oder Partys, mit Musik und viel Lachen. Nur manchmal, wenn Bos Jungen zu Besuch waren, wurde es wieder wie früher. Dann war es, als würden die Mauern alles in sich aufsaugen und zum Leben erweckt werden. Der Rest der Zeit verging mit Arbeit und Alltag, ein Tag folgte dem nächsten, und plötzlich war wieder ein Jahr vorbei.
    Sie musste an den Tod und seine vielen Facetten denken, was ihre Aufmerksamkeit unmittelbar zurück zu der Leiche am Fußballstadion führte. Und während sie eine Flasche Rotwein öffnete und sich mit ihrem Glas aufs Sofa setzte, kam ihr die Erkenntnis, dass man gleichzeitig tot und lebendig sein konnte. Und dass der Tod an sich – für die Lebenden – eine, wenn auch absurde, Lebensbejahung war. Vielleicht war das auch die Erklärung für ihre eigene Faszination vom Tod, dachte sie und probierte den Wein. Bo war in seinem Büro im ersten Stock verschwunden, wo er offenbar etwas sehr Dringendes zu erledigen hatte.
    Solange sie zurückdenken konnte, hatte der Tod sie begleitet. In ihrer Kindheit bei den Zeugen Jehovas hing die Bedrohung eines bevorstehenden Blutbades wie ein Damoklesschwert über ihr. War man nicht Anhänger des rechten Glaubens, kam man nicht in das Tausendjährige Reich, sondern musste sterben, und dabei würde Blut in Strömen fließen. Später wurde der Tod Teil ihrer Arbeit. In der Krimiredaktion löste ein Mord den nächsten ab. Wie war sie da eigentlich gelandet? Was hatte sie angezogen? Die Lebensbejahung des Todes? Der Tod, der ihr eigenes Leben betonte und sie spüren ließ, dass sie lebte? Der gewaltsame Tod der Mette Mortensen, der ihr Schauer durch den Körper jagte, lockte sie gleichzeitig mit einer großen Anziehungskraft.
    Bo rief sie zu sich. Sie ging in sein Zimmer, wo er auf dem Computer alte Reisefotos durchsah.
    »Ich wusste, dass ich recht hatte«, murmelte er.
    |52| Das Foto auf dem Bildschirm zeigte einen jungen Mann, der Zeitung las.
    »Kosovo«, erklärte er. »Vor zwei Jahren.«
    Damals hatte er eine Reportage über Ex-Jugoslawien gemacht. Die Geschichte handelte von der wachsenden Kriminalität und von einem dänischen Polizeichef. Er war auf dem Foto zu sehen.
    »Was ist damit?«, fragte Dicte.
    »Die Zeitung«, sagte Bo. »Die Überschrift auf der Vorderseite.«
    Die Sprache war albanisch, aber ein Detail konnte sie ohne Schwierigkeiten verstehen. Die Wörter »stadion killer« waren Teil der Hauptüberschrift der Tageszeitung.
    »Da herrschte so viel Gewalt und Kriminalität, dass es für uns nur ein weiterer Tropfen im Meer der Grausamkeiten war, als wir davon hörten.«
    Er sah hoch zu ihr.
    »Die Tote wurde in der Nähe des Fußballstadions gefunden.«
    »Und weiter?«, fragte Dicte, wusste aber schon, was als Nächstes kommen würde.
    »Jemand hatte ihr die Augen entfernt und sie gegen ein geparktes Auto gelehnt.«
    »Kosovo und Dänemark«, sagte sie. »Dieselbe Vorgehensweise mit zwei Jahren Abstand.«
    »Das kann ein Zufall sein«, warf er ein, aber sie vernahm deutlich seinen Unterton.
    »Es könnte noch mehr Fälle geben, von denen wir nur noch nichts gehört haben. Ganz woanders.«
    Er nickte.
    »Theoretisch ja. Wer weiß schon, was da draußen in der Welt alles passiert. Wir sind schon lange nicht mehr davon abgeschnitten. Alles ist global!«
    Was hatte sie vorhin noch für einen Gedanken gehabt? Dass der Tod eine Lebensbejahung in sich trägt? War das nicht bei Serienmördern so, dass sie immer und immer wieder töten mussten, um sich lebendig zu fühlen?

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    |53| Kapitel 8
    Er wartete auf sie, als sie nach Hause kam. Er wartete immer auf sie. Die Kinder waren in ihren Zimmern; sie hatten sich daran gewöhnt, dass sie so selten zu Hause war. Als Zwölf- und Vierzehnjährige hatte man auch andere Sorgen. Aber ER saß an derselben Stelle, an der ER gesessen hatte, als sie das Haus verlassen hatte. Er wartete auf die Geschichte, die sie ihm noch nicht erzählt hatte.
    Kiki Laursen klapperte mit ihren hochhackigen Schuhen über den Boden und beugte sich zu ihrem

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