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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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voll, aber es gab immer noch einiges: Eliot, Oppen, Pound. Alex fuhr mit den Fingern über die Bücher, erlaubte es ihren Sinnen, sie zu führen, während das Lachen der anderen zu ihr nach oben drang.
    Wo bist du? Gibt es dich wirklich?
    Alex ging die Regale weiter durch. Hier war nichts. Überhaupt nichts. Sie hatte den ganzen ersten Stock durchsucht, jedes einzelne Zimmer überprüft und war noch nicht einmal nah dran. Das Manuskript war eine Farce, ein weiteres Versprechen der Wissenschaftler, das sich als …
    Sie blieb stehen. Sie war immer noch bei den Modernisten, sah sich die Sekundärliteratur über Fallows an. Da war Benjamin Lockes berühmter Text über Die Windung und natürlich Stanley Fisks eigene Abhandlung über Fallows als Feminist. Und da standen zwei Bücher von Aldiss nebeneinander, die Bände, die er im Gefängnis über Fallows geschrieben hatte. Sie starrte die Regale an, achtete darauf, wie die Bücher arrangiert waren. Die Anordnung, die ihr vorher aufgefallen war – hier war sie durcheinander. Das Buch mit dem Titel Geist war über den Rand des Regals vorgezogen worden; sein verknitterter Schutzumschlag hing unerschütterlich an einem losen Spinnwebfaden.
    Sie streckte die Hand aus und hob das Buch behutsam vom Regal, und als sie das tat, hörte sie ein Klicken. Ein kleines schnarrendes Geräusch, direkt unter dem Text. Sie sah sich den leeren Platz auf dem Regal genau an. Eine Öffnung war hinter Aldiss’ Geist entstanden, eine handgemachte Aussparung in der Wand, ungefähr von der Größe eines Briefkastens. Darin lag verborgen ein Manuskript.
    Mit klopfendem Herzen legte Alex ihre Finger auf das Papier und zog.
    »Alex?« Erschrocken drehte sie sich um. »Was machst du hier oben?«
    Keller stand in der Tür. Er lehnte sich gegen den Rahmen, ein Bier in der Hand. Ein kurzes Zurückdenken an damals, als sie Studenten gewesen waren. Unter anderen Umständen wären ihre Knie weich geworden.
    »Ich, ich mache gar nichts. Ich schaue mir nur Fisks Sammlung an.«
    Er betrat das Zimmer. Sagte: »Na. Lucy Wiggins, was?«
    Alex drehte dem Regal den Rücken zu und hoffte gegen jede Wahrscheinlichkeit, dass Keller das Geheimfach nicht gesehen hatte. »Ich weiß. Ist das nicht heftig?«
    »Sie ist anders, als ich sie mir vorgestellt hätte.« Er nippte am Bier. »Ich habe sie vor ein paar Monaten in CSI : Miami gesehen. Hab sie gegoogelt. Verheiratet, Kinder, ein Sitcom-Star aus den Neunzigern, ein paarmal in Entziehungskur. Das Übliche. Ich frage mich, ob sie weiß, dass Frank verheiratet ist.«
    »Wie sollte sie das nicht wissen?« Alex verdrehte die Augen. »Sie sehen glücklich aus.«
    »Das tun sie.«
    Er kam tiefer in den Raum hinein, ging am blassen Lampenlicht vorbei. »Du gehst heute Abend noch mal zu Aldiss, oder?«, fragte er.
    »Nachdem ich den Detective getroffen habe, ja.«
    »Was versprichst du dir davon? Meinst du, er sagt dir, dass er weiß, wer Michael umgebracht hat? Dass er all die Antworten hat? Wie könnte er das, Alex?«
    »Aldiss ist intelligenter als wir alle.«
    »Natürlich ist er das. Und gefährlicher ist er auch.«
    Sie sah zur Seite. »Ich muss wieder hingehen.«
    Keller wartete.
    »Ich muss wieder hingehen, denn wenn er irgendetwas damit zu tun hat, dann war alles, was wir in Iowa getan haben, sinnlos. Siehst du das nicht, Keller? Verstehst du das nicht?«
    Sie sah ihm beim Atmen zu. Der Alkohol brannte ein bisschen in seinen Wangen, und er nahm noch einen Schluck. Er sagte: »Melissa sagt, Daniel habe keinen Selbstmord begangen.«
    Ihr wurde seltsam zumute. »Was meinst du?«
    »Während du den Detective getroffen hast, hat sie an meine Tür geklopft. Wir haben uns unterhalten. Sie sagt, sie hätte manchmal mit Daniel gesprochen. Sie war einmal mit ihrer Familie nach Manhattan gefahren, und er hat sie dort getroffen. Sie hat den Tag mit ihm verbracht und all seine Polizistenfreunde getroffen.«
    »Und?«
    »Und es ging ihm gut, Alex. Er war glücklich. Kein Mann, der fähig wäre, sich auf dem Vordersitz seines Einsatzwagens das Gehirn rauszupusten.«
    Alex dachte nach. Die Temperatur im Raum schien gefallen zu sein, die kühle Nacht drang herein. Sie hatte wieder das Gefühl, durchzudrehen und gleichzeitig in alle Richtungen gerissen zu werden. Sie hielt sich am Bücherregal fest. »Was bedeutet das, Keller?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Daniel hatte einen stressigen Job. Ein Detective? Bei der New Yorker Polizei? Vielleicht kam er mit all den Grausamkeiten, die

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