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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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hätten getötet werden können.«
    Das saß, aber sie sagte nichts.
    »Aber wenn Sie wissen wollen, was ich denke, ich denke, diese Ermittlung könnte ein bisschen Unberechenbarkeit gebrauchen. Sie könnten unsere Vermittlerin bei Aldiss sein, Sie könnten tun, was Sie damals, 1994, getan haben.«
    Sie griff in ihrer Tasche nach dem Nikotinkaugummi, nahm ein Stück zwischen die Finger, als käme es schon durch die Berührung zu einem Effekt. »Sagen Sie mir eines, Detective.«
    »Schießen Sie los.«
    »Warum belästigen Sie Sally Tanner?«
    Der Mann stolperte weg, starrte Löcher in die Luft. »In einem Mordfall ist der Ehepartner immer der erste …«
    »Erzählen Sie mir nicht diesen Mist«, sagte Alex. »Hier geht es nicht um einen Ehekrach. Dieses Verbrechen war geplant, vorbereitet. Wer auch immer es getan hat, versucht, ein verqueres Kunstwerk zu erschaffen. So war, so ist Sally nicht.« Alex nahm ihren Mut zusammen. »Bitte, sie hat schon genug gelitten.«
    Der Mann kniff die Lippen zusammen. »Sie hat Michael betrogen«, sagte er. »Sie fuhr in den Süden, eventuell zu einem anderen Professor. Oder vielleicht sogar zu einem Studenten.«
    »Sind Sie sicher?«
    Er nickte. »Sie fuhr jedes Wochenende an die Dumant University.«
    Alex erinnerte sich an das, was Christian vorher gesagt hatte. Die Prozedur , dachte sie. Sally spielte sie auch .
    Der Detective taxierte sie. Schließlich zeigte er in die Richtung eines entfernten Polizeiabsperrbandes und sagte: »Lassen Sie uns gehen. Es wird spät.«
    Das stilistisch an ein Ferienhaus auf Cape Cod erinnernde Haus von Michael und Sally Tanner lag in der Front Street. Ein Hund bellte schrill in der Nachbarschaft, und ein Einsatzwagen der Polizei von Jasper stand in der Auffahrt und warf träge blaues Licht auf das Haus.
    Zwei Polizisten saßen auf der Motorhaube und teilten sich eine verbogene Zigarette. Sie betrachteten Alex, als sie näher kam.
    »Davidson«, sagte Black. »Warren. Das ist Dr. Alex Shipley.«
    »Angenehm«, sagte der kleinere Mann.
    Der andere Mann sah nach unten.
    »Machen Sie schon«, sagte Alex. »Sagen Sie es. Es gibt keinen Grund, es aufzuschieben.«
    Das Kinn des Polizisten schob sich vor. Neben ihr hustete Black in seine Faust. Dann zog er an ihrem Mantel, und sie gingen zur Haustür.
    »Sind Sie bereit?«, fragte Black an der Haustür.
    Sie sah ihn an und nickte. »So bereit, wie ich es je sein werde.«
    Sie gingen hinein.
    Eine Lampe stand auf dem Boden, ohne Schirm, die kahle Glückbirne ließ die Wände weiß erscheinen. Staub wirbelte auf, und Alex bedeckte ihren Mund mit dem Kragen ihres Trenchcoats. Wie Black ihr morgens gesagt hatte, war das Haus nicht so sauber wie die Wohnungen in Dumant: In einer Wand befand sich ein Riss, dunkel und hässlich. Ein Ermittler hatte einen weißen Kreidekreis darum gezogen. In einer Ecke war ein Stuhl umgeworfen. In der Küche war die Tischdecke zu Boden gezogen und Geschirr verstreut worden; manches war in tausend glitzernde Teile zerbrochen. Du hast mit ihm gekämpft, nicht wahr, Michael? Du hast gegen dieses Schwein gekämpft, und du hast fast gewonnen.
    »Sally Tanner ist an diesem Abend gegen neun Uhr nach Hause gekommen«, sagte Black. »Sie hat das Haus in diesem chaotischen Zustand vorgefunden. Dann ist sie in die Bibliothek gegangen.«
    »Mein Gott«, sagte Alex.
    »Natürlich hat niemand etwas gehört. Keinen Streit, keinen Lärm. Die Studenten, die auf der anderen Straßenseite wohnen, haben zum Abschluss der Prüfungen eine Party geschmissen – nichts. Es war, als wäre der Mörder nie hier gewesen.« Black nahm eine andere Haltung an. »Abgesehen von dem Chaos in der Küche. Und dem hier.«
    Er führte sie einen Flur entlang. Ein paar Kriminaltechniker standen am anderen Ende und redeten leise. Ihr Blick fiel auf Alex, blieb eine Sekunde hängen, glitt dann nach unten. Alles im Haus des Todes war ein Geheimnis.
    Black betrat ein Zimmer am anderen Ende des Flurs, und Alex folgte ihm. Er glaubt, ich sei bereit hierfür , dachte sie . Er glaubt, das, was während des Abendkurses passiert ist, hätte mich darauf vorbereitet . Sie wollte etwas sagen. Ihm sagen, dass sie nicht bereit war.
    Sie war überhaupt nicht bereit. Aber sie war da, in diesem schrecklichen Zimmer.
    Der Blutfleck. Das war das Erste, was ihr auffiel. Die Polizei hatte auch darum einen Kreidekreis gezogen. Die Rorschach-Schmetterlingsflügel, die lodernden Flammen am Rand – so präzise, als hätte jemand einen Pinsel

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