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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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gefaltet im Schoß. Sein Hemd war am Kragen geöffnet, und sie sah die Puzzle-Tätowierung im Delta von Rachen und Brust, nur den obersten Rand. Er folgte ihr mit dem Blick, während sie sich hinsetzte.
    »Hast du Angst in diesem Haus mit ihnen, Alexandra?«, fragte er.
    Sie log. »Nein.«
    »Das solltest du aber. Was ich heute Morgen gesagt habe, dessen bin ich mir jetzt noch sicherer. Der Mörder ist ein Teilnehmer des Abendkurses.« Er hielt inne, drehte das Weinglas zwischen seinen Fingern. »Hast du eine Waffe?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Du wirst eine brauchen. Nur für den Fall. Ich kann dir eine besorgen.«
    Sie schüttelte sanft den Kopf. Eine Million Dinge brüllten und tobten in ihr, aber alles, woran sie denken konnte, war Keller. Keller, wie er vor diesem Regal steht und sie bittet, vorsichtig zu sein.
    »Dir geht schon wieder etwas durch den Kopf, Alexandra«, sagte Aldiss. »Erzähl’s mir.«
    Sie riss sich zusammen. »Woher wissen Sie, dass es jemand aus dem Abendkurs war?«
    Nichts. Die Stille breitete sich aus.
    »Woher wissen Sie es? Sie müssen mir sagen, woher Sie wissen, dass einer von ihnen Michael umgebracht hat, Professor. Sie können mich nicht einfach in dieses Haus stecken und mich alle wie ein beschissener Judas beobachten lassen, ohne es mir zu sagen!« Alex war jetzt an die Grenze gegangen, drängte ihn so sehr wie noch nie. Sie spürte ein Brennen in ihrem Magen, so heiß wie glühendes Eisen. Es war Verzweiflung. »Irgendwas ist da vorgefallen«, fuhr sie fort. »Zwischen Ihnen und einem von ihnen ist etwas geschehen, und deswegen denken Sie so über sie. War es Daniel, Professor? Ist er die Verbindung?«
    Aldiss’ Augen zeigten an, dass sie richtiglag, aber er sagte wieder nichts.
    »Das ist lächerlich«, sagte sie. »Sie werden hierherkommen, Professor.«
    Aldiss lachte.
    »Sie werden herkommen und Ihre Bücher und Papiere zerstören, keinen Stein auf dem anderen lassen. Und Daphne – sie werden herausfinden, was sie weiß. Sie werden Ihr Leben so beenden, als hätten Sie mich nie getroffen: in einem Netz aus Verdächtigungen, von den meisten Ihrer Kollegen für einen Mörder gehalten. Das hier, alles, was Sie sich aufgebaut haben, wird ein zweites Rock Mountain werden.«
    Er schaute zu ihr, im Schein der Lampe war nur eine Seite seines Gesichts zu sehen. Das Lächeln schwankte. »Ich habe Michael Tanner nicht umgebracht.«
    Sie wartete eine Sekunde. Dann: »Wenn Sie wissen, wer es getan hat …«
    »Ich weiß es. Es war jemand aus dem Abendkurs. Das ist alles, was ich dir sagen kann.«
    »Aber wer ?«, sagte sie, ihre Stimme ein Kreischen, ihre Hände vor sich hochgehoben. »Wer von ihnen?«
    Der Mann schwieg. Das Lächeln brach auf, zeigte Zähne.
    »Gute Nacht, Professor.« Alex gab nach. »Und viel Glück.«
    Dann ging sie zu ihrem Mietwagen. Die Nacht war weit und klar, der See hinter dem Haus glänzte im Mondlicht. Sie stieg ein und ließ den Wagen an, spürte die Hitze auf ihrem eiskalten Gesicht. Einen Augenblick lang blieb sie in der Auffahrt stehen, verfluchte sich, schlug auf das Lenkrad. Scheiße, Scheiße, Scheiße, Alex! Es war eine einfache Sache, der leichteste Auftrag der Welt, und du hast ihn in den Sand gesetzt. Du …
    Etwas knackte am Beifahrerfenster.
    Alex schaute hinüber, sah Aldiss’ Gesicht hinter der Scheibe. Sie öffnete das Fenster.
    »Hier«, sagte er. »Das hast du auf dem Küchentisch vergessen.«
    Der Professor reichte ihr den Umschlag, den er ihr vorher gegeben hatte. Alex nahm ihn und steckte ihn in eines der Bücher über Fallows, die sie auf die Reise mitgenommen, aber noch nicht aus dem Auto geholt hatte. Dann schloss sie das Fenster wieder, fuhr rückwärts aus der Auffahrt und verschwand aus Richard Aldiss’ Leben, zum, wie sie hoffte, letzten Mal.
    18
    Es war kurz nach elf, als sie wieder im Haus ankam. Draußen traf sie auf Christian Kane, der rauchte. Sie ging die Auffahrt hoch und suchte unter den Fenstern des Hauses Kellers Zimmer, fragte sich, ob er noch wach war.
    »Wie geht’s dem guten Professor?«, rief Christian, als sie näher kam. Die Zigarette des Schriftstellers flackerte im Schatten.
    »Beharrt auf seiner Unschuld«, sagte sie.
    »Also keine Leichen im Keller?«
    »Ich befürchte nicht.« Sie nickte in Richtung seiner Zigarette. »Kann ich eine schnorren?«
    Er klopfte eine Zigarette aus der Packung und gab sie ihr, sie lehnte sich vor, und er zündete sie an. Er roch nach Alkohol, und sie fragte sich, worüber

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