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Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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Waden einsank, ehe die Stiefel festen Boden erreichten. Die seitliche Unterwasserströmung riss einen Schlickstrahl von der Stelle auf, wo Crane den Fuß hinsetzte, und dieser Strahl verschwand schließlich hinter weiteren Schalenhügeln; die Strömung bereitete dem Golem jedoch keine größeren Probleme, als dass er den Hut festhalten musste. Bei jedem Schritt tauchten Röhrenwürmer aus dem Lehm auf und öffneten klaffend die Mäuler wie Osterglocken, sodass es schien, als drückte Cranes Gewicht auf irgendeinen weichen verborgenen Gemeinschaftskörper in der Tiefe.
    Der Dunkelotter warf im Licht der glitzernden Oberfläche einen Schatten voraus, als er gegen die Strömung durch den Kanal geschossen kam, wahrscheinlich um zu erkunden, was den Schlick aufgewühlt hatte - ganz das gliederlose Ozeangeschöpf, schwarz wie Kohle und zehn Meter von der Spitze des langen Schwanzes bis zum gewaltigen Karpfenschlund des zahnlosen Mauls. Er senkte den Kopf zu Crane ab, zog aber wieder hoch und umkreiste den Golem, als wüsste er, dass dessen Körperform auf etwas hindeutete, was für einen Dunkelotter Gift war. Viele seiner Artgenossen waren über die Jahre krank geworden, als sie Menschenleichen zu fressen versuchten, die man in genau der Absicht ins Meer geworfen hatte, den Dunkelottern diese Erfahrung zu vermitteln. Falls die Kreatur doch noch angriff, gedachte Crane sie unter jeder einzuordnen. Das Tier verlor jedoch bald das Interesse, setzte seinen Weg durch den Kanal fort und verschwand wieder.
    Als Crane die Böschung gegenüber erreicht hatte, stieg er zehn Meter weit durch herabpurzelnde Muschelschalen aufwärts, die von den Strömungen dort am Rand des untermeerischen Gesteinsplateaus aufgehäuft worden waren. Dieses Plateau bot jenen Lebensformen eine stabilere Umgebung, die lieber das flachere Wasser neben der Insel bewohnten. Rechts von Crane ragte eine Fanfare aus Trompetenmuscheln schwankend über einem Beet von Pfennigaustern auf und brach das Licht des Sonnenuntergangs; in ihren tentakelartigen Zweigen fluoreszierten Perlmuscheln wie Weihnachtslampen. Etwas links von Cranes gegenwärtigem Kurs wurde ein solcher Baum von perlhaftem Licht besonders hell erleuchtet. Crane änderte die Richtung, um sich das aus der Nähe anzusehen - ein akzeptabler Zeitverlust, da Pelter ihm kein Zeitlimit gesetzt, sondern ihm lediglich die vage Anweisung erteilt hatte, schnell zu handeln.
    Verfangen in den gewundenen Zweigen, sodass die Beine am spiraligen Stamm herabbaumelten, wirkte die versengte und verwüstete Leiche wie ein gekreuzigter Perlkönig oder eine makabre Dekoration für ein Spielerparadies. Crane erkannte Semper erst, als sich ein
    Erkennungsprogramm über fünf seiner Verstandesfragmente ausbreitete, die mit seiner Datenbank über menschliche Biologie und Physiologie verbunden waren, sodass der Golem jetzt erschließen konnte, wie der Mann einmal ausgesehen hatte. Er hob die Hand und zupfte an einem gehäuteten Fuß. Semper fiel von dem Meerbaum herab und sank langsam auf den Grund, wobei er Perlmuscheln und einen kleinen Schwärm stahlblauer Fische nachzog. Crane erkannte, was Aiston diesem Mann angetan hatte. Wie hätte er Serban Kleins Gabe, die ihm ja selbst zuteil geworden war, übersehen können? Wie hätte er das übersehen können, dem er hatte entrinnen wollen, indem er sich innerlich spaltete? Er setzte seinen Weg fort.
    Was war es, das sein Vorgehen färbte, als er endlich das Ufer der Insel erreichte? Die Emulation jenes Gefühls - oder echte Wut?
    - Rückblick endet -

Kapitel Sechzehn
    Ein Raumschiff, sei es auch ein jahrhundertealter Seelenverkäufer, stellt ein vielschichtiges und wertvolles Stück Hardware dar, sodass die meisten Eigentümer eines solchen Gefährts -Privatpersonen, die ECS oder die vielen sonstigen Organisationen, die sich unter dem Schirm der Polis-KIs wiederfinden - nach den Prinzipien handeln: »Falls es nicht kaputt ist, repariere es nicht!« und »Solange es funktioniert, wirf es nicht weg!« Das ist der Grund für die große Vielfalt an interstellaren und systeminternen Schiffen, wie man sie heute überall antrifft. Deshalb sieht man alte Landungsboote mit Ionenantrieb neben Fahrzeugen arbeiten, die ausschließlich von Antischwerkraft angetrieben werden - und neben jedem Entwicklungsschritt von Landungsbooten zwischen den beiden. Im interplanetaren Raum verkehren antike Einer mit Ionenantrieb neben dem modernsten Fusionsantriebsschiffen, großen

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