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Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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einführte - in einen Brustkorb, der offen stand wie die Flügel eines makabren Schmetterlings, und in die von Klemmen offen gehaltene Bauchhöhle -, öffnete er die Augen und funkelte sie an. Sie hatte anscheinend keine andere Möglichkeit mehr, als jetzt ganz schnell vorzugehen und sich nicht darum zu scheren, wie brutal sie dabei sein musste. Die Klauen packten die sich windende Masse, die sich an seiner Wirbelsäule festhielt, und durch die Telefaktorhandschuhe leitete Mika die sekundären Schnitte ein. Mit brutaler Effizienz durchschnitt der Autodok Muskeln und Knochen, arbeitete sich dabei vom unteren Ende des Haupteinschnitts bis hinab in jeden Oberschenkel vor und dichtete unterwegs Venen, Kapillaren und Arterien ab.
    Gewöhnlich verliefen Operationen unblutig, wenn sie von Robotern durchgeführt wurden, aber bei einem so umfassenden Eingriff waren Blutungen unvermeidlich. Saugnäpfe zischten auf freiliegendem Fleisch und nahmen das Blut auf, das Mika nicht reinigte und neu injizierte, sondern gegen einen künstlichen Ersatz austauschte. Das schien ihr der sicherste Weg - denn Apis’ Blut strotzte vermutlich von Dschaina-Nanomaschinen. Jetzt lenkte sie Einschnitte quer über die Schultern und in beide Bizeps hinab und auch in den Hals hinauf. In alle diese sekundären Einschnitte lenkte sie Laserskalpelle mit breitem Fokus, anstatt die Gegenstücke aus Kettenglas zu benutzen, denn sie hatte herausgefunden, dass das Myzelium einfache mechanische Einschnitte in die eigene Substanz fast augenblicklich heilte. Mika sah jetzt, wie die Filamentklumpen im Oberschenkel wegschrumpften, und ungeachtet der hinter jedem Laserskalpell arbeitenden Vakuumsaugdüse roch sie verbranntes Fleisch.
    »So, du Bastard!«, sagte sie, schnipste den Schweiß weg, der ihr auf der Stirn stand, und wies den Roboter an, seine vier Greifer zurückzuziehen. Servomotoren jaulten, und mit einem feuchten, reißenden Geräusch kam der Stamm aus Dschainafilamenten, die sich um die selbsterzeugten pflaumenförmigen dunklen Klümpchen wanden, allmählich zum Vorschein. Sie verfolgte, wie die abgetrennten Klumpen aus dem Bizeps zum Rumpf hinüberwanderten und am Ende des Einschnitts verschwanden. Die Bestandteile in den Schenkeln lösten sich zusammen mit der Hauptmasse. Dieses Myzelium, eine faserige blau-graue Masse, die einem Ast ähnelte, löste sich aus dem Körper, auch wenn kein normaler Ast sich gewunden hätte wie ein hakenbewehrter Lappenwurm, der fliehen wollte. Der Operationsroboter schwenkte programmgemäß zur Seite, beugte sich vor, warf das Ding in einen speziell für diesen Zweck reservierten Kettenglasbehälter und knallte den Deckel zu, wie man die Haustür hinter einer hinausgejagten Hornisse zuschlägt. Dann schwenkte er wieder zu Apis herum.
    Mika warf einen prüfenden Blick auf ihre Messwerte. Die ganze lebenserhaltende Ausrüstung arbeitete auf Höchstleistung. Sie konnte Apis auf diese Weise viele Stunden lang am Leben halten, aber andererseits brauchte sie diese Stunden auch, um ihn wieder zusammenzuflicken. Müde machte sie sich an die Arbeit, und Zell- und Knochenschweißer summten und zischten fleißig. Wenn sie erst fertig war, würde Apis wieder komplett und körperlich unversehrt sein, aber die Reste des Dschainamyzeliums konnten ihn trotzdem noch umbringen; und falls er sich an irgendetwas von diesem Eingriff erinnerte, war er womöglich auch nicht mehr ganz bei Verstand.
    In zwei Metern Tiefe stießen sie auf Gold, genauer gesagt, auf Messing.
    Der Kopf sah aus, als hätte man ihn von einer Messingstatue Apollos abgerissen, und nur Trennlinien und mechanische Verbindungen verrieten, dass sich die Gesichtszüge an diesem Kopf früher mal bewegt hatten. Marlen streckte die Hand aus und versuchte ihn anzuheben, aber er erwies sich als zu schwer. Marlen legte den Spaten weg und packte mit beiden Händen zu; er hielt den Kopf ihrem Entführer hin, der ihn mit einer Hand ergriff, als wöge er überhaupt nichts, und inspizierte. Schaudernd bemerkte Marlen, wie sich in der Hand, die das Objekt hielt, etwas Schwarzes bewegte und sich unter der Haut entlang schlängelte.
    »Schalenhartes Keramal mit einem Überzug aus einer Zink-Kupfer-Legierung, der das Supraleiternetz enthält«, sagte der Entführer und wandte sich den beiden Gräbern zu. »Grabt weiter. Ich möchte alles haben - bis zum letzten Stück.« Nach einer Unterbrechung konzentrierte er sich wieder auf den Kopf, und als Marlen sich umdrehte, um den Spaten zur

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