Der Metallschwarm
Priester und Schösslinge nach Ildira bringen. Dann wäre ich dort nicht mehr allein.«
Nira sah zu den Blattwedeln und dem einladend offenen Himmel hoch. Kraft strömte durch ihre Muskeln, und die Bäume boten ihren Händen und Füßen dort Halt, wo die Borke eben noch völlig glatt gewesen zu sein schien. Mit der Agilität eines jungen Mädchens kletterte sie empor, und Celli folgte ihr lachend.
Schließlich streckte Nira ihren Kopf über die höchsten Blattwedel hinaus und holte tief Luft. Jahre des Schmerzes und der Trauer fielen von ihr ab.
»Ich hatte ganz vergessen, wie wundervoll dies ist.«
Nach der Rückkehr zu Jora'h - zu dem Mann, den sie liebte -, hatte Nira geglaubt, sie würde Ildira nie wieder verlassen. Sie war entschlossen gewesen, bis zu ihrem Tod an der Seite des Weisen Imperators zu bleiben. Doch sie hatte das verlockende Lied des Weltwalds vergessen. Durch den Telkontakt berührte sie einen Ozean aus Gedanken, Wissen und Persönlichkeiten, und das alles erfüllte sie mit prickelnder, vitalisierender Energie.
Eine Gruppe von grünen Priestern, zu der Yarrod gehörte, saß abseits der anderen auf dem Blätterdach. Sie wirkten nicht in dem Sinne distanziert oder reserviert, schienen aber mit eigenen Dingen beschäftigt zu sein. Nira fragte sich, ob sie durch den Telkontakt kommunizierten - und dann fiel ihr ein, dass diese Priester vermutlich Kolkers Konvertiten hier auf Theroc waren.
Celli führte sie zu einigen Akolythen, die Nira voller Ehrfurcht ansahen. Einige der grünen Priester kamen herbei und begrüßten sie. »Wir hatten große Angst um Sie und waren zornig auf das, was man Ihnen angetan hat, Nira. Anschließend waren wir erleichtert über Ihre Rettung. Wir möchten alle Einzelheiten erfahren. Der Weltwald muss alles wissen. Die Geschichte sollte gut erzählt und nie vergessen werden.«
Niras Kehle war trocken. »Ja. Ich muss sie vollständig erzählen. Und Sie sollen zuhören und alles weitergeben.« Sie blickte übers Blätterdach hinweg und lächelte. »Ich kenne einen guten Geschichtenerzähler, der mir helfen kann.«
Später am Abend, nach dem ersten Bankett in der Pilzriff-Stadt, saß Anton Colicos nach einem aufregenden Tag wie benommen neben Vao'sh. Während Jora'h ernste Gespräche mit König und Königin führte, gesellte sich Nira den beiden Historikern hinzu.
»Ich brauche ein Jahr, um dies alles zu verarbeiten«, sagte Anton. »Es ist einfach zu viel für mich.«
Vao'sh und er hatten den Tag damit verbracht, zusammen mit Jora'h und seinem Gefolge eine Besichtigungstour auf Theroc zu machen. Dabei hatten sie an extravaganten Willkommensfeiern teilgenommen, veranstaltet nicht nur vom königlichen Paar, sondern auch von Roamer-Händlern und Repräsentanten früherer Hanse-Kolonien, die inzwischen zur Konföderation gehörten.
»Was auch immer Sie nicht verstehen, ich bin in der Lage, es Ihnen zu erklären«, sagte Nira. »Ich kann Ihnen Dinge zeigen, von denen Sie nicht einmal zu träumen wagten. Doch vorher möchte ich Sie um einen Gefallen bitten. Es geht dabei um etwas, das für den Weltwald und die Geschichte wichtig ist.«
Anton sah sie überrascht an. »Und das wäre?«
»Ich brauche jemanden, der sowohl Menschen als auch Ildiraner kennt und versteht. Sie beide können zusammenarbeiten. Und ich verspreche Ihnen, dass dies nicht so schwierig ist wie die Korrektur der Saga der Sieben Sonnen.« Anton und Erinnerer Vao'sh wechselten einen Blick. »Anton Colicos ... sind Sie bereit, meine Geschichte zu erzählen?«
Die Frage überraschte den Historiker von der Erde, das sah Nira ganz deutlich. Er schwieg eine Zeit lang und dachte über die Bedeutung ihres Anliegens nach. Die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt würde, bestimmte das Bild, das zukünftige Generationen von den Zuchtlagern auf Dobro gewinnen würden. Daraus ergaben sich auf Jahre hinaus Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Menschen und Ildiranern.
»Es wäre mir eine Ehre«, antwortete Anton Colicos schließlich. »Eine große Ehre.«
115 TASIA TAMBLYN
Das Timing musste sehr genau sein, denn sonst würde niemand von ihnen von Llaro entkommen. Es kam auf fehlerfreie Koordination an. Alles musste genau aufeinander abgestimmt sein; es durfte nicht der geringste Fehler passieren.
Im Sonnenschein des späten Nachmittags sah Tasia auf ihr Chronometer, überprüfte die Position und ging schneller. Nikko und sie mussten am vereinbarten Ort sein, bevor das Zwielicht zu düster wurde, und dann
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