Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
Vom Netzwerk:
Skihose und Skischuhe an, manche ihre Haube auf, manche ihre Sonnenbrille im Haar, ja, und manche, man mag es kaum glauben, haben ihre Sonnenbrille vor den Augen.
    »Gegen eine Kehrtwendung hab ich nichts einzuwenden!«, brüllt Willibald Adrian Metzger nach vorn.
    »Phantastisch. Also bitte, bitte gehen wir, schnell!«, bestätigt Sophie panisch und scheint offensichtlich etwas entdeckt zu haben, das entschieden nicht zu ihrem Wohlbefinden beiträgt.
    »Wieso?«, will Danjela Djurkovic wissen – und da ist sie nun nicht die Einzige.
    »Willst du schon gehen?«, mischt sich eine männliche Stimme mit schneidend lautem Timbre dazu. Ein wenig dauert es, bis Willibald Adrian Metzger und Danjela Djurkovic in der hinter Sophie Widhalm aufgetauchten Person ein ausgewachsenes Mannsbild erkennen und die gelbe Schirmkappe entsprechend zuordnen. Diesmal ist es also zu spät, diesmal wird niemand ausgebremst.
    »Du bist ja gerade erst gekommen, wer wird denn da schon wieder gehen. Außerdem musst du schon Geduld haben und ein bisschen genauer suchen, ich bin nicht so leicht zu finden!«
    Bei so mancher Selbstironie des Gegenübers ist man verdammt gut beraten, jede Art der humorigen Erwiderung zu unterlassen, denkt der Metzger und schätzt die Situation goldrichtig ein.
    »Und Sie sind also Toni Schuster, Pistenkaiser in rote Anorak?«, kann sich die Djurkovic nun nicht verkneifen, immerhin hat Sophie Widhalm unterwegs vom Kirchenwirt zum Edelweiß von nichts anderem gesprochen als von ihren brennenden Oberschenkeln und weichen Knien.
    »Man tut, was man kann«, ist die Antwort.
    »So mit Helm, Skibrille und Jacke sieht die Welt gleich ganz anders aus!«, bestätigt ein verzweifeltes Frauenherz, und zum Glück wissen nur ihre Begleiter den Hinweis richtig zu deuten.
    Es ist ihr also vorhin in ihrem Pistenrausch entgangen, wen sie sich da im Bubble-Vierer-Sessellift angelacht hat.
    »79,90«, erklärt Toni Schuster nun und öffnet sein am Gürtelrand angebrachtes Lederetui.
    Es gibt eben Burschen, denen offenbar in Kindestagen der Taschenfeitel vorenthalten wurde und die das so entstandene Defizit an erster zugestandener Männlichkeit Jahrzehnte später auch außerhalb eines Campingurlaubes, einer Alpenüberquerung oder einer Großwildjagd ausleben müssen. Anders kann sich der Metzger diese immer nur um Männerhüften geschnallten und halfterartig auf offener Straße, im Supermarkt, im alltäglichen Leben getragenen tragikomische Ich-hab-alles-im-Griff-Demonstration nicht erklären. Wobei sich jede Frau durchaus überlegen sollte, ihrem Gemahl zum gegebenen Zeitpunkt ein derartiges Multifunktionswerkzeug zu besorgen, vielleicht ersparen sich der Herr zwecks Aufschneiderei sein Cabrio und die Frau die Scheidung.
    »79,90 was?«, steht Sophie das Erstaunen im Gesicht, da hat er sie schon ausgeklappt, die Schere.
    »Euro. Toller Pulli übrigens. Für den Inhalt werden die 79,90 ja nicht gelten, der ist, denk ich, unbezahlbar!«
    Dann streckt sich seine Hand zu ihrem Nacken empor, ein Schnipsen ist zu hören, und das Preisschild wird präsentiert.
    »Meine Güte, ist das peinlich! Schrecklich!«, erklärt Sophie Widhalm mit balearischer Röte.
    »Schrecklich ist, dass man hier bewaffnet hereinkommt!«, erklärt der Metzger und erhält von Mann zu Mann einen freundschaftlichen Schulterklopfer: »Bleib entspannt! So, jetzt bring ich euch …«, kündigt Toni Schuster lächelnd an, der Metzger hofft noch auf das erlösende: »Hinaus!« und wird enttäuscht, »… was zu trinken. Die Runde geht auf mich.« Wenig später werden Mixturen aus weißem Rum, Kokosnusscreme, Ananassaft und Eiswürfeln gereicht.
    »Piña Colada«, beweist Danjela ihr diesbezügliches Fachwissen.
    »Ole!«, bestätigt Toni Schuster und bewegt von da an ohne Unterlass seinen vor allem im Brust- und Armbereich stets demonstrativ angespannten Körper aktiv zum Rhythmus der Musik. Der Metzger bewegt sich auch, allerdings ausschließlich inaktiv, und so gut könnte der Mischmasch in seinem Glas gar nicht schmecken, dass er diese ständige Rempelei, die stickige Luft und den unbändigen Lärm noch länger freiwillig ertrüge. Folglich schmettert er ein finales: »Ich möchte gehen!« in die Masse.
    Worauf Danjela Djurkovic, die dank ihres Gipsarmes mittlerweile unmissverständlich verdeutlichen konnte, wie schmerzhaft ein Zusammenstoß mit ihr ausfallen kann, und folglich in einem großzügigen Bewegungsradius unbeschwert das Tanzbein schwingt, erklärt: »Aber

Weitere Kostenlose Bücher