Der Metzger bricht das Eis
hochgerafft, die magnumflaschenartigen Oberarme bedrohlich zur Seite gestreckt, so baut sich vor Willibald Adrian Metzger größentechnisch ein Kaliber von biblischen Ausmaßen auf: David gegen Goliath.
Der Ausgang der Geschichte ist ein ähnlicher.
Zuerst kommt der beidhändige Rempler, Willibald Adrian Metzger reagiert entsprechend mit einigen unkontrollierten Schritten rückwärts, stolpert, verteilt seine Piña Colada auf diverse Anoraks und krallt sich Hilfe suchend am Arm des nächstbesten Nachbarn fest. Kaum hat er sein Gleichgewicht wiedergefunden, kommt es zur üblichen Edelweiß-Schlachtaufstellung: zwei Männer in der Mitte, darum ein Kreis Schaulustiger. Ewig erscheinen dem Metzger die wahrscheinlich nicht einmal fünf Sekunden, an dem sein in Panik geratenes Hirn vergeblich nach einem Ausweg sucht. Dann kommt der Angriff und durchbricht die Menge.
Wie ein Pfeil schlägt er ein, mitten ins Schwarze, denn obwohl schon zwei in der Mitte stehen, hat dem Kreis eines noch gefehlt: sein Mittelpunkt. Jetzt gibt es ihn, und er ist nicht zu übersehen:
»Über mich fliegst du auch nicht ungestraft drüber. Leg dich mit mir an, wenn du Lust auf ein bisschen Bewegung hast!«
Applaus, die Musik ist längst verklungen, ein rhythmisches Klatschen wird angestimmt, und wem die Anfeuerung gilt, steht fest. Ein Held zu werden ist im Edelweiß kein Honiglecken, wer aber dieses Podest erst einmal erklommen hat, dem ist bis zum Morgengrauen neben dem Rum auch der Ruhm gewiss.
»Lust aufs Spital, du Gartenzwerg? Das wird ein Liegegips in die Kinderabteilung«, verkündet Erich Axpichl aus luftigen Höhen.
»Halt mir das und geh zur Seite!«, erklärt Toni Schuster und drückt dem Metzger seine gelbe Schirmkappe in die Hand.
»Muss das sein, wir können doch wie vernünftige Menschen reden«, meint der Restaurator.
»Nachher!«, ist die Antwort. Dann geht es los.
Die Dehnübungen, die Einnahme einer bedrohlichen Kampfhaltung und die damit verbundenen Tänzelschritte seines Gegners erwidert Toni Schuster mit amüsierter Regungslosigkeit. Endlich, bevor sich das Publikum zu langweilen beginnt, verteilt Erich Axpichl schnaubend den ersten Faustschlag, für den als Gegenmanöver ein leichtes Abducken völlig genügt, dann kommt der zweite, der dritte, der vierte. Toni Schuster verzieht keine Miene, weicht ein wenig nach links aus, nach rechts und scheint sich ganz offensichtlich trotz der Attacken kaum angegriffen zu fühlen. Auch die sichtlich steigende Empörung seines Gegenübers und die ersten Fußtrittversuche bringen ihn nicht aus der Fassung. Wieselflink sind seine Reaktionen. Gekonnt taucht er ab, lässt sich in seiner Kaltschnäuzigkeit sogar zu einer kleinen Flugrolle zwecks Seitenwechsels hinreißen und löst damit allerlei aus:
Erstens, und so etwas kommt äußerst selten vor im nahkampfverwöhnten Edelweiß, einen euphorischen Zwischenapplaus; zweitens die Verselbstständigung seines lose in der Hosentasche sitzenden Mobiltelefons, dezent stiehlt es sich zwischen den Beinen der Zuschauer davon; und drittens die nun schäumende Wut Erich Axpichls.
»Intensivstation!«, dröhnt es von oben herab aggressiv, kombiniert mit maximal die Luft aufwirbelnden Faustschlägen. Dann fällt im Anschluss wieder dieses eine Wort, das Männer, wahrscheinlich zur Verdeutlichung ihrer eigenen genitalen Besitztümer, so gern zum Einsatz bringen: »Lang wird’s nicht dauern, und ich hab dich an den Eiern, du Laufmeter!«
Toni Schuster zeigt zwar trotz der Androhung seiner Entmannung immer noch keinen Respekt, vielleicht ist es aber gerade dieser letzte Verbalangriff, der ihn trotz erheblichen Größenunterschieds endlich zum höchst wirkungsvollen Gegenschlag ermuntert.
So eine größere Reichweite kann einem eben auch zum Verhängnis werden, der fehlende Tiefschutz ebenso. Nicht, dass Toni Schuster nun mit völliger Absicht jene besagte Gegend ansteuern würde, nur wenn seine Faust der Größe wegen ohnehin schon weniger auf Kopftreffer setzen kann, ist ihr in Anbetracht eines dermaßen unmotiviert herumhüpfenden Gegners eine gewisse Orientierungslosigkeit nicht übel zu nehmen. Ein einziger Schlag reicht, um Erich Axpichl erneut zu Boden zu zwingen, diesmal allerdings bleibt er mit schmerzverzerrtem Gesicht etwas länger liegen.
»Durch den Fleischwolf gedreht gehören so Typen wie du!«, schließt Toni Schuster seinen Einsatz verbal ab.
Und weil es hier im Edelweiß den Zuschauern reichlich egal ist, wo ein optisch
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