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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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aus mit durchaus hörbarer Begeisterung, »allerdings kein lebendiger für den Kochtopf!«
    »Sondern ein gegenständlicher für den Schrottplatz. Ist auch nur ein Auto, so ein Hummer H2«, ergänzt Stefan Thuswalder, und ganz sicher ist er sich jetzt nicht, der Metzger, ob die Bemerkung als solidarisch oder großspurig aufzufassen ist. Derartige Fahrzeuge lenken ja ansonsten hauptsächlich muskelbepackte Exgouverneure oder finanzkräftige Hiphopstars.
    »Und wozu braucht man dann so ein Ungetüm?«, will er von der ledernen Rückbank aus wissen.
    »Um hervorzustechen, zu protzen, sich bei seinen Neidern noch eine Spur unbeliebter zu machen, da fallen mir jede Menge Gründe ein. Also, wo soll’s hingehen«, lautet die mit fester Stimme erteilte Erklärung.
    »Gasthof Kalcherwirt!«, entgegnet der Restaurator durchaus amüsiert.
    »Pension Reindl«, ergänzt Toni Schuster.
    »Der Kalcherwirt also.« Der Wagen wird gestartet, gleichzeitig startet auch das Radio, überraschenderweise mit klassischer Musik.
    »Hat jetzt nicht gerade geklungen begeistert. Ist doch schöne Hotel, Kalcherwirt!«, wehrt sich Danjela Djurkovic gegen den etwas abschätzigen Unterton.
    »Wie man’s nimmt. Das nächste Mal jedenfalls gibt’s für euch nur eine Adresse …«
    »Thuswalder Sport- und Wellnessresort, nehm ich an«, unterbricht Sophie.
    »Haargenau. Ihr bezahlt die billigste Zimmerkategorie und bekommt die beste Suite, ist das ein Angebot?«
    »Nur kosten halt zwei Nächte mit Frühstück bei euch immer noch so viel wie eine ganze Woche in der Pension Reindl!«, rechnet Toni Schuster vor.
    »Hat die Traude Reindl jetzt die Zimmer schon renoviert, oder erreicht man Bad und WC immer noch über den Gang? Also eines versprech ich euch: Die Pension Reindl vergisst man, das Thuswalder Sport- und Wellnessresort nicht! Mein letztes Angebot: Ihr zieht morgen um und bekommt zwei Zimmer zum Preis von einem, inklusive Verwöhnpension! Sozusagen als kleine romantische Wiedergutmachung für die Schwierigkeiten! Also, kein Zögern, unser Haus ist weit und breit hier die Topadresse.«
    »Bis auf großkotzige Publikum und natürlich bis auf Lage!«, entgegnet Danjela Djurkovic.
    »Stimmt, die Lage vom Gasthof Kalcherwirt ist phantastisch, das muss ich schon zugeben!«
    »Na bitte! Gibt genug Heimatfilme zu solche Thema: Reiche Investor will Grund und Boden von alteingesessene Bauer, macht Eigentümern Leben zu Hölle und baut dann Hoteltempel, Skilift oder Fabrik. Na, was sagt Hummer-Fahrer, wär doch gute Idee!«
    Geheizt werden muss der Wagen jetzt nicht, so schlagartig erhöht sich beim Metzger die Körpertemperatur. Grenzenlos ist seine Liebe zu Danjela Djurkovic, alles würde er für sie tun, gegebenenfalls sogar den Kopf hinhalten. Und weil er völlig überzeugt davon ist, für das lose Mundwerk seiner Herzdame eines Tages noch stellvertretend eine einfangen zu müssen, kommt ihm jetzt ein bisserl der Angstschweiß.
    »Völlig richtig, so etwas passiert in Heimatfilmen!«, entgegnet Stefan Thuswalder und geht alles andere als amüsiert in die Offensive: »In Wirklichkeit ist das nämlich umgekehrt. Der reiche Investor, in diesem Fall ein alteingesessener Bauer, riskiert Enormes, steckt sein Geld in Entwicklung und Erneuerung, macht somit die Region für die Zukunft konkurrenz- und überlebensfähig, erweitert das Skigebiet auf die für den heutigen Tourismus erforderliche Größe, bringt Schneesicherheit, bringt dadurch Gäste, was natürlich auch jedem einzelnen Bewohner einer Region, die rein vom Tourismus lebt, etwas bringt, und als Dank dafür zieht er sich den Zorn der anderen alteingesessenen Familien zu. Familien, die allesamt zu geizig waren, auch nur einen Cent zu investieren. Es gibt hier Hotels, die sind auf dem Stand der Siebzigerjahre, wurden wahrscheinlich seither auch kein einziges Mal renoviert, in manchen Häusern wurden nicht einmal die Handtücher erneuert, und trotzdem werden für die Nächtigungen unverschämte Preise kassiert, nur weil das Skigebiet inzwischen einen Namen hat. Das nenn ich Raubrittertum. Mein Großvater hat damals den Hof und die Gründe übernommen, da waren die Aussichten alles andere als rosig, hat die Ärmel hochgekrempelt, dann mit meinem Vater Heinrich Thuswalder hier die ersten Skianlagen errichtet, und heute haben wir in der zweiten Generation ein kleines Imperium und große Feinde. Was glaubt ihr, was uns hier schon für Schäden zugefügt worden sind, Sabotagen, Brandanschläge. Ich fahr

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