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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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den Wagen mit Stolz. Ein Thuswalder lässt sich nicht unterkriegen!«
    Merklich erhöht er die Fahrgeschwindigkeit. »Und, das darf man nicht vergessen, ein bisschen protzen ist vielleicht schlecht für den Ruf, aber verdammt gut fürs Geschäft. Nicht kleckern, klotzen lautet die Devise.«
    »Kotzen, wenn Fahrt geht weiter so!«, wagt Danjela Djurkovic eine Prognose.
    »Gleich sind wir da!«, erklärt der Lenker nun wieder amüsiert, drosselt in Sorge um die Innenausstattung seines Wagens umgehend das Tempo und fügt hinzu: »Ihr seid eine Wucht, das muss ich schon zugeben. So unverblümt ehrlich ist hier keiner zu mir. Alles Schleimscheißer und Arschkriecher. Egal, ob ihr nun ins Resort umzieht oder nicht –«, er öffnet den Aschenbecher, verteilt vier der darin gelagerten Visitenkarten: »wenn ihr irgendetwas braucht, was auch immer, anrufen, ich bin noch bis Montag hier.«
    Und weil Toni Schuster auf eines besonderen Wert legt, nämlich auf seine Kontakte, startet er den Versuch, die Daten des Stefan Thuswalder sofort in sein mobiles Adressbuch zu übertragen, und scheitert: »Verdammt, mein Handy ist weg!«
    Ein derartiger Verlust kann einem Menschen des 21. Jahrhunderts den Boden unter den Füßen wegziehen, denn das ist eben die große Lüge der Digitalisierung: Man glaubt alles zu haben und hat in Wahrheit nichts, nur Nullen und Einsen, im Fall eines Handyverlusts sogar nur mehr die Null, denn Handydaten zu sichern ist in etwa so beliebt, wie aus Digitalfotos Fotoalben anlegen.
    »Ich bin mir sicher, du hast es im Edelweiß verloren!«, fühlt Sophie mit.
    »Dann findet sich’s wieder!«, tröstet Stefan Thuswalder.
    »Das ist schon wirklich ein fester Trottel, dieser Axpichl, oder?«, zeigt Toni Schuster nun Nerven.
    »Unbedingt! Unbelehrbar, und unberechenbar ist er auch, im Grunde eine Allgemeingefährdung.« Stefan Thuswalder scheint diesbezüglich also bereits seine Erfahrungen gemacht zu haben.
    »Da kann man ja nur hoffen, dass der keine Kinder hat!«, kann sich Sophie Widhalm nicht verkneifen.
    »Kinder, nein. Ein Kind, ja! Und jetzt halt dich fest: als Alleinerzieher. Der Bub ist bedient!«
    »Als Alleinerzieher? Ist der Mutter was passiert?«
    »Ja, die Ehe und somit die Zugehörigkeit zur Axpichl-Familie. Mittlerweile ist sie geschieden, das Kind lebt beim Vater. So, da wären wir!«
    Der Hummer bremst sich ein, und drei völlig übermüdete Insassen, jeweils ausgestattet mit einer Thuswalder-Visitenkarte, können es nach freundlichen Verabschiedungsritualen nicht erwarten, endlich in ihre Zimmer zu kommen. Toni Schuster hingegen wechselt auf den Beifahrersitz.
    Herrlich sitzt es sich vorn, wunderbar ist die Aussicht, rasant geht die Fahrt dahin. Dann kommt der Wagen völlig unvermutet am Straßenrand zum Stillstand. Stefan Thuswalder dreht die klassische Musik lauter, drückt einen Knopf, und nun ist auch die Fernsicht einzigartig, trotz Dunkelheit.
    »Klasse, der Ausblick, oder?«, erklärt er.
    Zusätzliche Scheinwerfer schicken vom Dach des Wagens aus einen gigantischen Lichtstrahl durch die Nacht. In weiter Ferne heben sich leuchtend zwei mächtige Gipfel und der dazwischenliegende Kamm aus der Finsternis empor.
    »Das Bürgljoch.« Ehrfurchtsvoll klingt die Stimme Stefan Thuswalders.
    Toni Schuster flüstert ebenfalls fasziniert: »Wahnsinn. Da fängt man dann an einen Gott zu glauben an!«
    Stefan Thuswalder lacht: »In diesem Fall an den Elektronikgott. Sind richtige Wunderdinger, die LED -Scheinwerfer. Wir haben oft große Veranstaltungen, da braucht man mobile Beleuchtung! Seither steh ich, wenn ich da bin, jeden Abend für ein paar Minuten hier.«
    Eine ergriffene Stimmung hat sich breitgemacht. Was auch immer da für klassisches Zeug aus den Boxen dröhnt, Toni Schuster muss sich eingestehen, es klingt schier unglaublich. Vor ihm diese Berge, um ihn diese Musik, neben ihm dieser durchaus faszinierende Charakter. Eine Zeit lang sitzen sie noch still im Wagen, fast ein wenig wie zwei gute Freunde.

25
    Nein, im Prinzip ist er kein Trottel, der Mensch. Wenn ein Lebewesen vom Körperbau her evolutionstechnisch dazu angelegt ist, einer schier unüberblickbaren Schar von Fleischfressern als ideale Zwischenmahlzeit zu dienen, und trotzdem bis dato überlebt hat, in der Hierarchie der Fleischfresser mittlerweile sogar an der Spitze steht, kann es nicht wirklich dumm sein.
    Eine stets wandlungsfähige Kreatur ist er, ein lustiges Barbapapa, passt sich in Windeseile jeder Umgebung an,

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