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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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der von ihm bestrahlten Wandseite verraten allerdings genug, und wirklich sympathisch sind sie nicht, die darin abgebildeten Spiegelbilder, sein eigenes natürlich ausgenommen.
    Toni Schuster wendet sich der Rinne ab, da sind den beiden gerade mal ein paar zwanghafte Tropfen entwichen, wäscht sich die Hände, nimmt im Anschluss so lange den Trockner in Betrieb, bis garantiert jeder einzelne Finger von jeglicher Feuchtigkeit befreit ist, und dann ist er sich aufgrund des immer noch nicht zu hörenden Plätscherns im Hintergrund sicher: So lang können sich gleich zwei Herren im Fall einer drängenden Blase nicht Zeit lassen, und nach Prostatapatienten sehen die beiden Jungspritzer jetzt auch nicht unbedingt aus. Dieses Pärchen frequentiert das WC nicht des Pinkelns wegen.
    So steuert Toni Schuster also grußlos dem Ausgang zu. »Na, dann noch viel Spaß!«, wird ihm hinterhergerufen.
    »Wer zuletzt lacht, lacht am besten!«, ist seine Erwiderung.
    Es dauert nicht lange, und er hat alle Steine beisammen:
    KARL SCHROTHE steht es in hölzernen Lettern nun auf den Tisch geschrieben. Schlecht in Deutsch war er ja nie, der Willibald, und ein Auge für Details hat er auch, das verlangt sein Beruf.
    Eindringlich betrachtet er die einzelnen Steine. Zwei Worte sind es, bestehend aus zwölf Buchstaben, nur drei davon sind Vokale, eine äußerst konsonantenreiche Kombination also. Trotzdem klingt der Name eindeutig deutsch. Auf Hochtouren arbeitet es, das Hirn des Willibald, vergleicht im Geiste, zählt durch, und während dieser stillen Übung wird es im Inneren des Restaurators eng für den eben erst verdrückten Kaiserschmarren. Zwölf Buchstaben und drei Vokale sind es nämlich da wie dort.
    »Na, da ist ein bisschen Stimmung wie bei Tabellenletzte!«, bemerkt die zurückgekehrte Danjela Djurkovic, nimmt Platz, analysiert die Situation, und weil sie dem Rechtspopulismus zwar an Sprachkenntnis unter-, an geistiger Flexibilität aber deutlich überlegen ist, weiß sie auf Anhieb, was hier im Gange ist.
    »Hallo? Seid ihr noch da? Hab gar nicht gewusst, dass die Kombination Vogelbeere – Rum so eine kontemplative Wirkung hat«, äußert Sophie Widhalm ihre Unruhe. Ein wenig unheimlich ist ihr diese völlige Regungslosigkeit der beiden nun nämlich schon. Dann kommt Bewegung auf, zumindest innerhalb der Buchstaben, dann beginnt der Akt, von dem Willibald Adrian Metzger längst schon ahnt, wohin er führt.
    Zuerst wird dem KARL SCHROTHE das letzte H entnommen und unter den Karl gelegt, dann das O, das letzte R, das S und das T.
    HORST steht nun in der zweiten Reihe. In Kombination mit den verbliebenen Buchstaben der oberen Reihe bringt es eine Wirklichkeit ans Licht, die nun absolut jeden Ursprung haben kann. Jeden, bis auf einen: Zufall.
    Ein kurzer Wechsel noch, Danjela Djurkovic drückt ihren Zeigefinger auf das R, schiebt es von Position drei auf Position sieben, und aus dem KARLCHE wird ein KALCHER .
    Karl Schrothe, der Name des kürzlich verstorbenen Obdachlosen, ist nichts anderes als ein Anagramm des vor zwei Jahren verstorbenen Horst Kalcher, was für den Metzger bedeutet: Karl Schrothe war Horst Kalcher, der Vater dreier, dann zweier Töchter. Und genau dieser Horst Kalcher hat seine Töchter zu Vollwaisen werden lassen, um woanders Karl Schrothe werden zu können, sein zu müssen, wie auch immer. Er war die letzten zwei Jahre nicht dort, wo er hingehörte, an jenem einzigen Ort, an dem er tatsächlich gebraucht worden wäre, als starke Schulter und schützende Hand, als Teil einer vom Leben schwer in Mitleidenschaft gezogenen Familie.
    Es ist angerichtet, alles hängt zusammen, weiß er nun, der Metzger. Ein ungutes, schauriges Gefühl nimmt ihn in Beschlag, denn: Was kann so schlimm sein, einen Menschen zu derartigen Schritten zu bewegen?
    Toni Schuster kommt zurück, und obwohl er von all dem nun nichts mitbekommen hat, den tatsächlichen Grund des Wochenendausfluges seiner drei Begleiter auch gar nicht kennt, spricht er dem Metzger und der Djurkovic aus der Seele: »Wir sollten hier verschwinden!«
    Nur Sophie ist etwas verwundert: »Warum?«
    Kurz nimmt er Platz: »Bitte nicht hinsehen: Da, die beiden Herren, die gerade von der Toilette kommen und so vertrottelt herübergrinsen. Kann ein Zufall sein, aber rückblickend auf den heutigen Morgen hab ich doch irgendwie ein dummes Gefühl!«
    »Na, dann lassen wir diesen Samstagabend eben etwas früher zu Ende gehen!«, erklärt Sophie.

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    Puff – zuerst geht die

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