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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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sind ein Kaiserschmarrn oder Schinkenfleckerln.
    Einen Teil der Fahrt legt die Pistenraupe auf dem für sie vorgesehenen Terrain zurück, dann führt der Weg eine verschneite, holprige Zufahrt entlang, nicht aufwärts, sondern sich ziemlich geradlinig und glücklicherweise seitlich einer abgelegenen Hütte nähernd. Glücklicherweise deshalb, weil mit einer Pistenraupe genau dieselbe Forststraße zu befahren, die Urlauber in Vorfreude auf die zu erwartende Kohlenhydratdröhnung zuerst hinaufmarschieren und dann sowohl fest als auch flüssig abgefüllt wieder hinunterflitzen, könnte unter Umständen ziemlich bedrückend enden. Wobei, ein Fußgänger möchte man angesichts entgegenkommender blunzenfetter Rodler wahrscheinlich auch nicht sein. Johlend, als wären sie bereits vor Betreten des Zielorts alkoholisiert, entsteigen Sophie Widhalm, Danjela Djurkovic und Toni Schuster dann oben angekommen der Pistenraupe, nur der Metzger braucht ein wenig, bis er abgestiegen ist. Weich sind seine Knie, flau sein Magen, dumpf seine Ohren.
    »Na, da wird’s ja heut noch wer gewaltig lustig haben!«, orakelt der Liftwart zum Abschied, wen auch immer er damit gemeint hat, dann überlässt er seine Fahrgäste ihrem Schicksal.
    Die Hütte wird genau dem gerecht, was sich ein Winterurlauber von einer abgelegenen Einkehr in den Bergen wohl erwartet. Hier kommt man mit Skiern gar nicht hin, außer natürlich es sind Tourenski. Heller Rauch steigt aus dem Schornstein, und schon allein der Bauweise wegen ist ihr die alpine Gemütlichkeit auf den Leib geschrieben. Ganze übereinandergeschichtete Holzstämme bilden die Außenmauern, dazu ein Holzschindeldach, ein Herzerlbalkon, doppelte Holzfenster mit hölzernen Fensterläden, vor der Hütte stapelweise Brennholz, ein paar verwaiste Tourenskier und, als wäre es ein Bikertreff, eine Reihe geparkter Motorschlitten. In der Hütte ein offener Kamin, rustikale alte Holztische, knarrende Holzsessel, Holzlüster über den Tischen, da entflammt das Herz des Naturverbundenen – viel mehr entflammen darf hier herinnen allerdings nicht.
    Und angeheizt wird schon gar nichts, außer der Ofen. In Reinis Bürglalm gibt es weder einen Après-Ski-Trubel noch eine künstlich hochgezüchtete, unmissverständlich paarungsorientierte Gute-Laune-Stimmung. Statt einer Schlagerradiobeschallung mit dem Realitätsbezug eines Liebhabers halluzinogener Pilze, einem von Dauerbummbumm unterlegten Sierra Madre , Zillerthaler Hochzeitsmarsch oder Who the fuck is Alice entströmt den Boxen Musik, die selbst Einheimische der Kategorie Volksmusik zuordnen. Sprich: Zither-, Gitarren-, Ziehharmonika-, Hackbrett-, Klarinetten- und Streichinstrumentenklänge sowie mehrstimmige Gesänge.
    Wer hier eintritt, hat maximal zehn Minuten und einen Vogelbeerschnaps später einen Entspannungspegel erreicht, als säße man im Anschluss an einen friktionsfrei überstandenen Heiligen Abend endlich gemütlich beisammen bei einem Doppler Rotwein.
    Ja, das ist Urlaub!, muss sich der Metzger nun heimlich eingestehen und ordert den nächsten Hochprozentigen.
    »Gehört Vogelbeere mir, weil trinkst du nix so viel, musst du noch rodeln!«, setzt ihm Danjela Djurkovic vorsorglich ein Limit, und gut ist das, denn die Vorsorge und die harten Zeiten sind ein recht harmonisches Pärchen.
    Und gerade wenn es um das Beziehungsverhältnis zweier Menschen geht, ist das mit der Harmonie ja wahrlich kein Honiglecken. Diesbezüglich bekommt Toni Schuster nun eine Kostprobe, die ihm nach nicht einmal 24-stündiger Bekanntschaft unmissverständlich verdeutlicht: Er hat es hier mit einer ganz gewaltigen Zicke zu tun. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass der gerade die Bürglalm betretende Edelweißbesitzer Jo Neuhold schnurstracks an ihm vorbeispaziert, den erhaltenen freundlichen Gruß trotz Augenkontakt unerwidert lässt, dafür diversen anderen Gästen zuwinkt, kurz an einem Tisch mit zwei Herren Platz nimmt, danach sichtlich mitfühlend von Hüttenwirt Reini geherzt wird und mit ihm in der Küche verschwindet.
    »Was ist mit dem los?«, zeigt sich Sophie konsterniert: »Gestern bist du noch der bejubelte Held der Nacht, heut bringt der Affe nicht einmal ein Hallo zustande, ich fass es nicht.«
    Toni Schuster zeigt sich unaufgeregt und sorgt für Erheiterung: »Das is mir dermaßen egal, da interessiert mich der Lurch in den Ecken hier mehr. Meine Güte, hat der Herr Neuhold eben ein bisserl eine Störung in der Memorycard!«
    »Gute Idee, Memory.

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