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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Phantombild!«
    Lange betrachtet sie die beiden nebeneinander vor ihr liegenden Bilder. Dann hebt sie den Kopf: »Das wird nichts werden, Herr Metzger, mit diesem vagen: ›Philipp hat am Tag des Mordes an Galina Schukowa mit einem Mobiltelefon ein Video gemacht und an einen Freund weitergeleitet, der unerkannt bleiben will.‹ Philipp ist mit diesen Bildern eventuell unmittelbarer Zeuge in einem Mordfall, er gilt als vermisst, ich will wissen: Wo hast du dieses Video her, Oskar? Warum bekommen wir es erst jetzt zu sehen? Vielleicht ist Ihr Sakko ja doch nicht nur rein zufällig zurückgekommen, Herr Metzger? Und für alle anderen hier herinnen gilt: Heute ist Tag eins. Wir suchen eine Frau, fünfunddreißig bis vierzig Jahre alt, hager, groß. Augenfarbe braun, schmale Lippen, aufgrund der kleinen Hasenscharte sehr üppig geschminkt, schmale Nase, Muttermal unter dem rechten Auge, die Frisur hier könnte echt sein. Machen Sie noch einen Ausschnitt, Homolka, aber nur vom Gesicht. Ich will Bilder in allen Zeitungen! Ich will, dass dieser Sven im Spital von nun an bewacht wird. Bringt mir den Mühlbach her, den werden wir in trauter Zweisamkeit ein wenig zusammenhocken mit seinem Freund, vielleicht fliegen da ja die Funken. Ich glaub diesbezüglich nämlich mittlerweile eher Sophie Widhalm und Rupert von Leugendorf. Und Sie, Homolka, Sie wissen, was Sie zu tun haben, Sie nehmen das Video unter die Lupe!«
    »Ja, ich weiß, was zu tun ist. Wird zur völligen Zufriedenheit erledigt!«
    Dann folgen die letzten Anweisungen: »Kogler, Du setzt den Haufen hier in Bewegung! Herr Metzger und Oskar mit mir!«

55
    O SKAR IST WIE VERWANDELT . In sich gekehrt, lässt er die Fragen über sich ergehen und erklärt mit kurzen, abgehackten Worten, er habe, so wie beinah jeden Tag, Sven im Spital besucht, sich aus den Privatsachen im Kasten des Krankenzimmers das Handy herausgesucht und sich dann von einem Freund, dessen Namen er niemals sagen werde, dabei helfen lassen, an die Daten und somit an das Video zu kommen. Es sei ihm einfach unangenehm gewesen, jedem hier offiziell von diesem kleinen Diebstahl zu erzählen. Das sei alles.
    Mehr kann und muss Irene Moritz aus ihm dann nicht mehr herausholen. Nur der Metzger bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Beim Verlassen des Kommissariats will er schließlich mit dem starr vor sich hin blickenden Jungen ein Gespräch beginnen und erhält als einzige Antwort: »Ganz anders ist das, ganz anders.«
    Ganz anders nimmt der Metzger nun auch seine Umwelt war. Das liegt vor allem daran, dass ihn dieser Film und die schrecklichen Schilderungen seiner Halbschwester vieles mit anderen Augen betrachten lassen. Und wie der Restaurator wenig später grübelnd in seiner Werkstatt zwischen den Mühlbach-Möbeln herumspaziert, ergeht es ihm, als würde er durch ein Fenster direkt in die Hölle sehen.
    Vorbereitet wird dieser Einblick durch jenen Gedanken, der ihm bereits am Frühstückstisch im Palais und dem damit verbundenen paarweisen Auftreten von Eugen und Rupert gekommen war: Da haben sich genau die Richtigen zu einer ekelerregenden brüderlichen Symbiosezusammengeschlossen. Wie zweieiige Zwillinge, gezeugt von denselben bösen Geistern, wirkten die beiden auf den Metzger.
    Und justament genau bei diesen Überlegungen läuft er nun in seinem Gewölbekeller gedankenverloren gegen sein aktuelles Werkstück. Durch den Aufprall gerät der Kasten in Bewegung, rutscht von seinem als Ersatz gedachten vierten Bein, also dem untergeschobenen Ratgeber, und verliert, wie das halt so ist, wenn einem etwas untergeschoben wird, hoffnungslos das Gleichgewicht. Krachend schlägt er am Boden auf. Ja, dem Metzger kommt es sogar so vor, als hätte ihn das Möbel anrennen lassen, sich seinen Gedanken in den Weg gestellt, aus voller Absicht.
    Da liegt er vor ihm, der Kleiderschrank, und auch die Wahrnehmung dreht sich. Genauso wie es von Danjela Djurkovic angekündigt wurde: »Ist Ratgeber auch gute Unterlage für Leben! Dreht sich um Perspektive, wirst du noch machen Augen!«
    Langsam geht Willibald Adrian Metzger in die Knie und starrt erschüttert auf die ehemals tapezierte Innenwand. Denn dieses Bild der bösen Geister hat mittlerweile auch in der Wirklichkeit seine Darstellung gefunden. Mit einer ins Gesicht gemalten, erschreckend gelungenen gezeichneten Niedertracht lachen sie ihm aus dem Kasteninneren entgegen, wenn auch auf den Kopf gestellt, wie Abbildungen aus dem Reich der Finsternis: die beiden noch

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