Der Metzger holt den Teufel
auf dem Kopf steht.«
Die leise Stimme des Freiherrn erfüllt das Innere der Ladefläche: »M und L. Mühlbach und Leugendorf.«
»Das seh ich auch so!«, fügt der Metzger hinzu. »Aber nicht nur das, auch anderes veranlasst mich zu der begründeten Vermutung: Bei den hier gezeichneten Figuren könnte es sich um Rupert und Eugen handeln.«
»Mephisto nun vorn, Shiver weit abgeschlagen …!«
Wernher von Mühlbach wirkt äußerst bedrückt: »Auch anderes? Was für eine Vermutung?«
Lange überlegt der Metzger, dann wählt er eine unverfängliche, aber doch vielsagende Antwort: »Ganz im Vertrauen, Herr Mühlbach, sagen wir einmal so: Ich würde keinem empfehlen, in derartiger Gesellschaft auf Drückjagd zu gehen! Nun denn, ab und zu werden wenigstens dann doch die richtigen Schweine getroffen!«
Leichenblass ist Wernher von Mühlbach jetzt geworden. Ernst und traurig sieht er dem Metzger in die Augen: »Könnten wir wieder einsteigen?«
Lauschig zusammengerückt, ergreift er hemmungslos das ihm zugeteilte Wort: »Es ist schrecklich, so schrecklich. Ich hab mir schon so etwas gedacht, wie ich Sophie allein aus dem Wald kommen gesehen hab, und zum Himmel gebetet, es würde anders sein. Aber es ist sinnlos. Beten ist so sinnlos!«
Es folgt eine lange Gedankenpause. Dann greift der Freiherr mit glasigem Blick nach der Hand des Restaurators: »Glauben Sie mir, es tut mir so unendlich leid. Ja, in manch schwachen Momenten auch deshalb, weil dieses elende Schwein nur am Ohr erwischt wurde. Wie geht es Sophie, sagen Sie mir, dass es ihr gut geht, bitte, sagen Sie mir, es ist, es ist nicht, es …« Wernher von Mühlbach gerät ins Stocken, zusammengesunken ist seine Haltung, gebeugt sein Kopf. Dass er sich offenbar eine Vorstellung davon machen kann, was passiert sein könnte und zum Glück nicht wirklich passiert ist, erstaunt den Metzger ebenso wie der Inhalt dieser Bemerkung.
»Sie hat Glück gehabt, Sophie hat wirklich Glück gehabt. Nur derjenige, der seinen eigenen Sohn hier eines Verbrechens bezichtigt, sind Sie, Herr Mühlbach, ich will das nur feststellen, auch vor Zeugen!«
Petar Wollnar blickt bemüht unbeteiligt beim Fenster hinaus, ihm ist es ja bereits unangenehm genug, an diesem Gespräch überhaupt teilhaben zu müssen, da braucht man ihn nicht auch noch zu erwähnen.
»Gestatten Sie mir die indiskrete Frage: Laut Zeitung wurden die betroffenen Frauen jedes Mal von den Leugendorfs erpresst. Sie werden Ihren Sohn wohl ebenso jahrelang auf diese Weise gedeckt haben!«
»Ja, ich habe ihn gedeckt, gegen mein Gewissen, und ich hasse mich dafür, an jedem verdammten Tag. Auchich bin erpressbar, Herr Metzger. Mehr möchte ich dazu nicht sagen! Aber damit ist es jetzt vorbei. Endgültig vorbei! Wenn dieses Thema öffentlich wird, und das wird es, werde ich nicht mehr schweigen, das bin ich meiner verstorbenen Frau und meinem Namen schuldig. Und ich denke, Sie können, was diese Abbildung betrifft, getrost davon ausgehen, mit Ihrer Vermutung absolut richtig zu liegen.«
Natürlich ist er verblüfft über die Offenheit des Herrn Mühlbach, der Metzger, alle Fragen sind aber noch nicht geklärt: »Jetzt interessiert es mich aber schon, wer da vor Ihrem Rückkauf zuletzt in dem Haus Am Mühlengrund 1 gewohnt hat.«
»Ganz am Ende nur mehr die Reichert-Tochter!«
»Allein?«
»Ja, nur sie mit ihrem Kind.«
»Also nicht allein.«
»Für die Reichert-Tochter muss sich das aber beinah wie allein angefühlt haben. Eine ganz eine schreckliche Geschichte war das: zuerst Vater, Mutter und zwei Kinder, Zwillinge. Dann ist die Tochter gestorben, Selbstmord. Im Wald hat sie sich erhängt mit dreizehn oder vierzehn Jahren, stellen Sie sich das vor. Ja, und dann ging auch noch die Ehe auseinander.«
Willibald Adrian Metzger ist schockiert, die Gedanken, die dem Metzger nun im Zusammenhang mit dem Selbstmord des Mädchens kommen, schnüren ihm die Kehle zu. Es dauert, bis er wieder Worte findet: »Hat die Reichert-Tochter auch zuletzt noch Reichert geheißen?«
Herr Mühlbach überlegt: »Während ihrer Ehe wohl eher nicht, aber wer weiß. Liiert war sie mit dem Vater ihrer Kinder ja länger, jedenfalls länger als dann mit allden anderen Herren. Und wenige waren das gerade nicht, das sag ich Ihnen. Viele von ihnen haben bei uns am Hof gearbeitet und sich quasi die Klinke in die Hand gegeben. Jedenfalls muss sie nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen haben, denn eines weiß ich mit Sicherheit:
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