Der Metzger holt den Teufel
da muss es ihm schon wirklich ganz schön dreckig gehen!«
Für Willibald Adrian Metzger steht nun fest: Oskar unternimmt also wirklich etwas, und genau das hat er befürchtet. Jetzt ist er selbst reif für einen Krankenstand, der Willibald, so schlecht geht es ihm. Einfach zu Hause bleiben und sich aufs Sofa legen kann er aber nicht, zu deutlich klingen ihm noch die Worte dieser Frau im Ohr, die letzte Woche auf höchst ungute Art und Weise in seiner Werksatt aufgetaucht ist: »Ein Theoretiker sind Sie, einer, der offenbar nichts von der Umsetzung in die Praxis hält!«
Sehr zur Freude der reichlich gefüllten Schweißporen befördert ihn also an diesem Morgen ein für seine Verhältnisse äußerst schneller Schritt in die Werkstatt. Und dort erwartet ihn eine Lektion, die er soschnell nicht wieder vergessen wird: Oskar steht vor der Tür.
Glückerfüllt schmettert ihm der Metzger entgegen: »Mensch, hab ich mir Sorgen gemacht.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen wird er unterbrochen: »Gar kein Vertrauen?«
Davon wird Danjela Djurkovic nie etwas erfahren! Umarmen könnte er den Jungen, vor Erleichterung, was natürlich ein recht einseitiges Anliegen darstellt. Denn für den hörbar außer Atem geratenen Metzger wäre zurzeit selbst ein Mitternachtsspaziergang in Transsilvanien eine ungefährliche Angelegenheit, zumindest laut der ihm entgegengebrachten Wortmeldung: »Angst vor Vampiren?«
»Wie bitte?«, äußert der Metzger sein Unverständnis.
Und erhält als Erklärung: »Knoblauch, Allium sativum, ausgesäter Lauch, abgeleitet vom Althochdeutschen ›klioban‹, heißt ›spalten‹. Ist eine mehrjährige krautige Pflanze. Wuchshöhe …«
»Versteh schon«, unterbricht ihn der Metzger, »ich bin trotzdem froh, dass du da bist. Ich war mir sicher, dir …«
»Sich sicher sein ist nicht gut!«, unterbricht ihn Oskar nun retour, und auch da hat er natürlich wieder vollkommen recht.
Souverän legt der Junge einen Laptop auf die Werkbank, öffnet ihn und betätigt zweimal die Leertaste, was nicht nur für den mobilen Computer bedeutet: Es ist vorbei mit dem Ruhezustand. Auch der Film beginnt zu laufen, und der Metzger muss sich setzen.
54
P UNKT ZEHN U HR FÜNFUNDVIERZIG sitzt Irene Moritz frustriert im Büro und wartet, bis alle eingetroffen sind. Um elf Uhr beginnt die zweite Besprechung dieses Tages, und es wird nicht die letzte sein.
Willibald Adrian Metzger ist unterwegs hierher.
Bei der ersten Konferenz hat sie mit der Widhalm-Geschichte ja nicht gerade für Begeisterungsstürme gesorgt. Einhellig wurde ihr gekontert: Eine wildfremde Frau, die irgendwann in der Nacht irgendwo einen Wagen samt Insassen stehen gesehen haben will und daraus folgert, Rupert von Leugendorf könne nicht der Mörder gewesen sein, das sei einfach nur lächerlich. Dass dieser Leugendorf aus reiner Rache seinen Kumpel Mühlbach, der ihm kein Alibi verschafft hat, hineinziehen will, liege doch mehr als nur auf der Hand. Abgesehen davon sei es höchst fahrlässig, die Ermittlungen bei null beginnen zu lassen, denn alles, was sie dann hätten, sei das merkwürdige Phantombild von irgendeiner Dame, die laut Aussage eines einzigen Mannes zufällig zur Tatzeit aus dem Wald gesprungen sein soll, was also in Wahrheit bedeutet: Sie haben nichts!
Genau das soll sich nun bei der zweiten Besprechung des Tages ändern. Punkt elf Uhr, Gerhard Kogler, Herbert Homolka und dieser nun dienstälteste machoide Neuzugang namens Josef Krainer sind bereits anwesend, betritt Willibald Adrian Metzger in Begleitung eines Jungen das Besprechungszimmer. Eines Jungen, der bei seinem Eintreten von allen Versammelten zwar bedauert, aber in keiner Form ernst genommen wird – wasim Kommissariat zur ersten Überraschung des Tages führt.
Denn genau dieser Oskar Marek legt, kaum dass er aus dem Mund des Restaurators vorgestellt wurde, seelenruhig eine gebrannte CD auf den Tisch und erteilt unmissverständlich den Befehl: »Sofort ansehen!«
Während Herbert Homolka sich der Sache annimmt, schildert Willibald Adrian Metzger, seit wann er zu dem Jungen Kontakt hat und dass es sich bei dem nun folgenden Film um eine Aufnahme handle, die von Philipp am Tag des Mordes an Galina Schukowa mit einem Mobiltelefon gemacht und an einen Freund weitergeleitet worden sei, der unerkannt bleiben wolle.
»Welcher Philipp?«, will der neu zur Truppe dazugestoßene Josef Krainer wissen. Irene Moritz schildert kurz das ihr dazu Bekannte, und Willibald Adrian Metzger
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