Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
er selbst für das Gemälde hinlegen musste, war um Welten tiefer als der durch die Versteigerung erzielte, es gibt unter der Hand also Gewinn. Habt ihr darum Szepansky auf ihn angesetzt?
Nur, ganz ehrlich: Bei dem Aufwand, der hier betrieben wird, muss es um mehr als ein Gemälde gehen.«
»Meine Güte«, schüttelt Schulze verwundert den Kopf: »Da brauch ich dir ja gar nichts mehr erzählen!«
Ernst blickt er den Metzger an, seufzt, nimmt einen kräftigen Schluck und bricht sein Schweigen: »Albrecht ist im Zuge eines Falles bei einer Versteigerung zufällig aufgefallen, dass zwei Bieter den Preis eines Gemäldes in unfassbare Höhen hinaufjagen. Gemälde aus der Sammlung Maier. Albrecht ist das komisch erschienen. Also hat er sich ein paar Auktionen allesamt im deutschen Sprachraum herausgesucht, wo Kunstwerke vom Maier’schen Besitztum zum Verkauf gebracht wurden. Und es war immer derselbe Ablauf: zwei Bieter, die am Ende unverhältnismäßig hoch weitersteigern, einer davon, der kauft.
Also haben wir uns auf die Suche nach den Hintermännern, sprich wahren Käufern gemacht, ein paar konnten wir ausfindig machen. Allesamt hochrangige, angesehene Persönlichkeiten, die Crème de la Crème unser beider Länder aus Kultur, Politik, Wirtschaft, Ärzte, ein wahres Elitentreffen, und alle haben sie eine Verbindung zu Maier, nämlich genau dort, wo sich Eliten treffen, wo es um Seilschaften, Netzwerke geht: Männerbünde. Alle diese Herren gehören also demselben Zigarrenclub an, drei Zweigstellen gibt es, ausschließlich für Mitglieder zugelassen, alle drei in prunkvollen, von Wachdiensten abgesicherten Villen, als wär es ein Geheimbund. Elitäre Männervereinigung mit Herren weit jenseits der fünfzig, die sich untereinander helfen, Geschäfte zuschanzen, die Welt aufteilen. Interessant an diesen Herren aber ist: Diejenigen, die Maier’sche Kulturgüter ersteigern lassen, sind keine Kunstsammler.
Warum also werden diese Bilder um so einen hohen Wert erstanden, was steckt dahinter? Es hat sich also genau die von dir gestellte Frage aufgetan: Wird hier auf eine gewisse Art und Weise Geld gewaschen? Wird Maier unter der Hand für etwas bezahlt, denn wie du sagst, die Männer kaufen das Bild, was ja seinen Wert hat, und erwerben mit dem hohen Zuschlag unter der Hand von Maier noch etwas. Nur was?
Wir waren der Auffassung, eine große Geschichte im Visier zu haben, denn der Kunstmarkt ist eine Spielwiese der organisierten Kriminalität.
Dr. Maier wird ja bei euch hofiert und geschützt wie ein Staatsheiligtum, da weiß man nicht, wer steckt mit ihm unter einer Decke, wer gibt ihm Informationen weiter, also haben wir auf eigene Faust gehandelt. Heinrich Albrecht hat versucht, ein wenig an ihn ranzukommen, nur ist das nicht geglückt.
Also hat er beschlossen, mitzusteigern, zu schauen, was passiert, und, ohne es zu wissen, sich dadurch zum Opferlamm gemacht. Er muss einen wunden Punkt erwischt haben, immer wieder gab es ein höheres Gebot, zeitweise absurde Beträge. Der Erwerb des Bildes muss für den Käufer im Hintergrund also von enormer Bedeutung sein. Von einem Tag auf den anderen war Heinrich Albrecht dann wie vom Erdboden verschluckt. Da mussten wir handeln, haben dem Privatchauffeur Maiers ein paar Horrortage beschert, ihn immer wieder bedroht und schließlich den Maierwagen vor seinen Augen in die Luft gejagt. Hat nicht lange gedauert, und er hat gekündigt.
Maier war also auf der Suche nach einem Chauffeur, und fast alle seine neuen Bewerber hatten unsere Dienstmarke im Herzen. Rudi Szepansky alias Rudolf Marotzke ist es dann geworden. Ein guter Mann, er schaffte es, schnell Vertrauen herzustellen. Lang hat es nicht gedauert, und er wurde von Maier auch für andere Fahrten eingeteilt, auch deshalb, weil wir die Liste abgeklappert haben, die uns Szepansky angefertigt hat: Mitarbeiter des Museums, mit denen Maier oft in Verbindung steht, die für ihn Ware, sprich Kunstgegenstände, von A nach B transportieren. Wir haben uns hier ein paar Herrschaften organisiert, die dafür sorgten, dass Fahrer ausfallen. Jedenfalls alles nur mit einem Ziel: Szepansky musste aufrücken, vom Fahrer zum vertrauten Fahrer werden, also jemand, der für Maier Transporte durchführt. So ist Rudi Szepansky an die Adria gekommen, ich war sein Hintermann! Und zu spät dran.«
Eine halbe Flasche Pinot Noir 1985 wird hinuntergespült, während dem Metzger der Gusto vergangen ist. Mit aschfahler Miene starrt er ins Leere: »Aber
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