Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Maier für seene Sammlung oder wat liefern soll, aber jetz hat die Alte sowieso schon ne Jöre an dem Jehänge, darüber hat mir übrijens keener informiert, und jetz willste ooch noch den Jungen mitschleppen. Der is jebrechlich und braucht ne Bahre!«
»Moch kan lächerlichen Zwergerlaufstand! Nur weil der Bursch nimma hatschen kann, is er lang no net krank. Bekommt er ein paar Krücken und geht schon wieder. Außerdem bringen wir ihn ja nicht als Auslandslegionär zu irgendeinem Klub!«
»Dann jäbs für ihn wenigstens sofort ne Aufenthaltsbestätijung oder Staatsbürjerschaft? Dann erklär mir ma: Wat soll der Junge machen da oben, illejal? Außerdem: Machste dir den Burschen vertraut, biste verantwortlich, det hat schon der kleene Prinz jewusst, verstehste.«
»Der kleine Prinz war aber ein sentimentaler Fetzenschädel, oder wer lässt sich freiwillig von einer Giftschlange beißen!«
»Der Junge zum Beispiel, wenn er mitkommt, weil Pastor biste keener!«
»Dann erklär du mir mal: Was hat der hier für Perspektiven? Handtücher und vertrottelte Touristen. Ich bring ihn bei uns in eine Unfallklinik, dann sehn wir weiter.«
»In ne Unfallklinik, als Illejalen? Is ja ne Kleinigkeit!«
»Da hab ich Kontakte. Außerdem sieht er gleich, wie eine solide medizinische Grundversorgung so aussieht. Das ist nämlich ein bisserl mehr als die paar Pflaster und abgelaufenen Placebos, die wir da runterschicken. Spürt er hautnah den Unterschied zwischen Dritter und Erster Welt. Fühlt er sich gleich von Anfang an wie im Paradies, sozusagen neugeboren. Auf die Welt kommen beginnt eben immer im Spital!«
»Blödsinn. Ick zum Beispiel war ne Hausjeburt, inner Badewanne …«
»Ein alternativer Waschlappen, na, das erklärt alles. Hausgeburt, bis zur Einschulung gestillt, dann Waldorfschule, mit 23 endlich die Matura nachgeholt, dann versaute Aufnahmeprüfung auf irgendeine Kunstfachschule und schließlich abgebrochenes Psychologiestudium, hab ich recht. Und jetzt bist hauptberuflich Autofahrer. Spitzenkarriere!«
»Ick würd eher sajen, Sondertransporter für jeistig Minderbemittelte!«
»Gefahrenguttransporter, wennst weiter am Watschenbaum rüttelst. Und jetz kümmer dich um den Jungen, ich hab was mit Angela zu besprechen.«
»Von wem det Kind is zum Beispiel! Vielleicht is ja der Junge der Vadder, oder warum hängt der überhaupt bei uns rum?«
»Du fahren, nix denken!«
»Wenn dir dein einfachet Jemüt weiter so durchjeht, kannste verjessen, worum de mir jebeten hast, und aleene einbrechen jehen. Ick bin ja nich det Mädchen für allet.«
»Einbrechen? Ein Spaziergang wird das. Und eines sag ich dir, Szepansky: Mit Drohungen bist du bei mir ganz an der falschen Adresse. Ich find auch jemand anderen, bei der Summe, die ich da abräum.«
»Det frag ick mir, wer sich so ’n fetten Jaul in die Bude hängt. Wie willste det Bild überhaupt verkoofen, det is doch viel zu teuer, welcher Spinner soll det nehmen?«
»Na, der Maier selber.«
»Also, det versteh ick nich.«
»Du Pfosten, wir nehmen das Bild, drohen es zu zerstören, was dem Maier das Herz brechen würde, verlangen eine Lösegeldsumme, die deutlich unter dem Versicherungswert liegt, und die Versicherung zahlt wie nix, heilfroh, dass sie sich was erspart. Heißt Artnapping, der Spaß!«
»Also, ick kenn nur Kidnapping, und det heeßt zum Beispiel, dass ’n Junge jejen seinen Willen mitjeschleppt wird.«
»Gegen seinen Willen! Der kommt gern mit, auf nix anderes hat der sein Leben lang gewartet. Und jetzt zisch ab, aber dalli, und kümmer dich um ihn.«
Orthopäden und kühle Blonde
Wutentbrannt wendet sich Rudi Szepansky ab und läuft Noah hinterher, was schlagartig zu einer Gruppenbildung führt. Gustav Eichner und Angela stecken ihre Köpfe zusammen, und nichts daran erweckt den Anschein, der Inhalt des Gespräches könnte auch für andere Ohren bestimmt sein. Ein Weilchen wird getuschelt, schließlich folgt endlich auch Angela dem Jungen, und etwas in den Augen des Restaurators höchst Seltsames passiert.
Gustav Eichner blickt sich um, stellt Sichtkontakt zu Noahs ein Stück weit entfernt stehendem Attentäter her und nickt. Dieser nickt zurück, macht auf der Ferse kehrt und marschiert davon. Lange dauert es nicht, und Gustav Eichner, der zuvor einen Rucksack schultert, unternimmt ebenfalls einen Spaziergang, genau in dieselbe Richtung. Da drängt sich im Metzger-Hirn natürlich der Gedanke auf, das Einander-Zunicken der beiden Herren könnte
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