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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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kein Gruß, sondern vielmehr ein Zeichen gewesen sein. Und ein Glaserl auf das gerissene Kreuzband des Jungen werden die beiden ja wohl jetzt nicht heben gehen.
    Irgendetwas stinkt hier gewaltig zum Himmel, sagt ihm zumindest sein Instinkt. Vielleicht aber liegt er ja auch falsch, der Metzger. Was seinen Rücken angeht, trifft das auf jeden Fall schon einmal zu. Er muss also dringend ein paar Schritte einlegen, sich durchstrecken. Ein Sieben-Tage-Aufenthalt in diesen Liegen, kombiniert mit den grubenartigen, weichen Betten, und der Urlauber darf sich nach seiner Heimkehr unter Dauerschmerzen so lange seine Infiltrationen beim Orthopäden abholen, bis endlich die Einsicht folgt: Da saugt mir jemand mit voller Absicht mehr ab, nämlich Geld, als er mir an Linderung einspritzt. Um einen guten Orthopäden zu finden, bedarf es eines Laufes von Pontius zu Pilatus, braucht man also gute Füß, was in sich durchaus ein bisserl einen Widerspruch darstellt. Ja, Geschäfte gibt es immer zu machen, und je schwerer sich die Menschen auf ihren Beinen halten können, desto leichter klingelt die Kassa, das gilt im Übrigen nicht nur für Heilpraktiker.
    Wo wollen die beiden, in deutlichem Abstand hintereinandergehenden Herren also hin?
    Da kann er jetzt natürlich nicht anders, der Metzger, als blitzartig seine Habseligkeiten zu schnappen und adjustiert in Badeshort, Leibchen, Strohhut und Badeschlapfen diese höchst seltsame Einladung anzunehmen: Es geht zwischen den Schirmreihen hindurch auf die in dem Sand liegenden, als Promenade gedachten Holzbretter, vorbei am Hotelkomplex, vorbei an der Strandbar, selbiges gilt für die nächsten drei, vier, fünf Hotelanlagen, bei zehn hört Willibald Adrian Metzger zu zählen auf und marschiert nur mehr, nicht ohne mit leichtem Missmut festzustellen, wie schwer so eine Badetasche werden kann, selbst wenn sie nur ein paar Zeitschriften, eine 250-ml-Flasche Sonnenmilch, zwei Handtücher und diversen Kleinkram enthält.
    Dann ändert sich schlagartig die Umgebung. Aus dem geometrischen Muster der Liegestuhlreihen wird ein Durcheinander verschiedenfarbiger Schirme, aus den Hotelanlagen ein lichter Hain aus Pinien und Buschwerk. Hier sind die Freiheitsliebenden zu Hause, das nächtliche Dach der Sternenhimmel und eine bunte Plane, im besten Fall eine Plastikhartschale, hier sind die Sanitäreinrichtungen Orte der Gemeinschaft. Camping also.
    Ein einziges Mal kam der Metzger-Junior dank seinem Senior in den Genuss dieser Erfahrung. Die Mutter wurde zu Hause gelassen, der geschwisterlos vorhandene Nachwuchs geschnappt, offen das Vorhaben ausgesprochen, die nächsten drei Tage mögen zwecks Überwindung der Fremde zwischen Vater und Sohn dienen – als könne der Sohn da etwas dafür. Nähe solle der Ausflug bringen, eine Art männliche Verbrüderung zur Folge haben, also wurde irgendein entlegenes Dreckskaff mit kleinem Tümpel und reichlich Wald angesteuert. Und bereits vom Tag eins an war es dem Metzger deutlich der Nähe und des Drecks zu viel. Sozusagen Haut an Haut in einem überhitzten Zweimannzelt neben einer nächtens röchelnden Person liegen zu müssen, die bis dato unter körperlicher Zuwendung maximal die herabsausende Handfläche verstanden hatte, das kann in puncto Kuscheligkeit und seliger Nachtruhe schon reichlich zäh werden.
    Es brauchte keine 24 Stunden, und die erstmals seit 14 Jahren ihre sturmfreie Bude genießende Metzger-Mama bekam unerwartet ihre beiden Ausreißer zurück. Wiedersehensfreude sieht anders aus.
    So zum Beispiel: Deutlich schrumpft der Abstand der drei hintereinanderspazierenden Herren. Gustav Eichner hat überhaupt auf seinen Vordermann aufgeschlossen und wird bereits vor einem kleinen Kuppelzelt gegenüber der Feuchträume erwartet. Direkt putzig wirkt die igluartige Behausung, über die der großgewachsene, stämmige Kerl hüftaufwärts hinausragt. Zwecks Nachtruhe jedenfalls dürfte sie reichen, und zusammengefaltet passt sie garantiert auf den neben dem Zelt stehenden Chopper, darauf kommt es an.
    Eine Harley also, mit Ledertaschen links und rechts, einem dermaßen langstieligen hohen Lenker, da verdunstet in Windeseile jeder Tropfen Schweiß am Achselhaar, und einem Kennzeichen, das deutlich mehr nach Binnenland als Mittelmeer aussieht.
    Dem Metzger ist ja dank seiner fehlenden Lenkerberechtigung ein gänzlich anderer Blick auf die Vielzahl der Straßenbenützer gewährt, und eines kann er in seiner Rolle als Fußgänger mit Sicherheit behaupten: je

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