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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Metzger eröffnende Gesamteindruck dieses Anwesens, fast wie die Miniatur eines Palais, ein kleines Kloster vielleicht, erscheint es ihm. In der Mitte der makellos instand gehaltenen, von Arkaden gesäumten Vorderfront stehen in einem mit Trauben umwachsenen Steinbogen die beiden Flügel eines Holztores einladend weit offen. Märchenhaft beleuchten Laternen einen herrlichen Garten, der vor allem eines ist: kindgerecht. Ein paar ausnahmsweise nett anzusehende, offenbar selbst hergestellte Gartenzwerge, ein hölzernes Klettergerüst mit Rutsche und Schaukel, ein kleines Spielhaus, ebenfalls aus Holz, ein Stück entfernt ein Planschbecken, zwei kleine Plastik-Fußballtore, in einem davon ein versenkter Ball. Hier findet Leben statt.
    Und diesbezüglich kommen Willibald Adrian Metzger und Petar Wollnar gerade richtig.
    Gebückt treten sie zwischen die erste und zweite Reihe der direkt an das Anwesen grenzenden Weinstöcke.

    Es dauert ein Weilchen, und der Vorplatz des Gebäudes erstrahlt im gleißenden Licht eines an der Hauswand montierten Scheinwerfers.
    Angela tritt mit einem älteren Herrn aus dem Gebäude. Die beiden gehen zum Wagen, der Mann hebt eine große Reisetasche aus dem Kofferraum, und kurz danach hebt auch Angela jemand.
    »Mama, Mama!«, schallt es hell durch die Weinberge. Bereits in den Pyjama gesteckt, stürmt ein etwa vier Jahre altes Mädchen, eine Schlafpuppe in der Hand, aus dem Torbogen heraus, gefolgt von einer älteren Dame. Beide Arme hochgestreckt, springt sie, begleitet von den Worten »Emma, mein Engel!« an ihrer Mutter empor, und dann werden sie Zeugen, all die im Dunkel der Nacht versteckten Zuschauer, wie eine Frau in die Knie sinkt, ihr Kind zu sich zieht, als würde sie die Welt umarmen.
    Viel Zeit für diesen so herzergreifenden Akt der Liebkosung bleibt den beiden aber nicht.
    »Wie rührend!«, durchschneidet ein scharfer Tonfall die Dunkelheit, dann tritt rechts der Straße eine Person aus dem Weingarten heraus: »Mir reicht’s jetzt aber trotzdem. Da blickt doch keiner mehr durch!«
    Festen Schrittes taucht Heinzjürgen Schulze ohne einen Hauch an Sentimentalität im Flutlicht auf.
    »Ist nicht längst Schlafenszeit, kleine Maus?«, versucht er sich nun mit kindlichem Tonfall, und ja, vielleicht ließe sich auf diese Weise sogar eine Gutenachtgeschichte erzählen, wäre da nicht die Waffe in seiner Hand und die Panik im Gesicht Angela Sahlbruckners.
    Hektisch drückt sie dem älteren Herrn ihre Tochter in den Arm: »Papa, Mama, bringt Emma rein, schnell!«
    Emma lässt die Puppe zu Boden fallen, vergräbt sich in den Schultern ihres Großvaters, dann beginnt sie zu weinen, leise, und der alte Sahlbruckner zu reagieren, laut: »Was is hier los, was soll denn dieser Auftritt, kennst du den Mann, Angela?«
    »Es ist alles in Ordnung, mein Schatz!«, erwidert Angela liebevoll an ihre Tochter und: »Geht rein, Vater, verstanden!«, streng an ihre Eltern gerichtet.
    Und während ihr skeptisch Gehorsam geleistet wird, kommt Heinzjürgen Schulze näher, mittlerweile die Waffe auf Angela gerichtet.
    »Wer sind Sie, und was wollen Sie hier?« Angsterfüllt, voll Unsicherheit ist ihr Ton.
    Heinzjürgen Schulze spart sich das Durchwühlen seiner Brieftasche und stellt sich ohne Ausweis vor:
    »Wer ich bin: Kriminalpolizist, Frau Sahlbruckner, das bin ich. Und wissen will ich, was hier läuft, was Sie an der Adria übernommen und an Maier geliefert haben, und warum Sie ihm Ihr Kind übergeben haben. Oder war das Kind die Lieferung?«
    Angela Sahlbruckner schweigt, blickt betroffen zu Boden, Heinzjürgen Schulze aber lädt demonstrativ seine Waffe durch.
    »Ich sag Ihnen jetzt eins. Es is mir scheißegal, wenn Sie scheinheilig wie ein Nonne das Köpfchen senken und Lust auf ’n Schweigegelübde bekommen. Ich hab zwei Kollegen, die an dem Fall dran waren, verloren, auch wegen Ihnen, kaltblütig ermordet, einer Genick gebrochen, Augen entfernt, einen hat man abknallen lassen wie einen Hund, und eines versprech ich: Ich tu Ihnen so lange weh, bis Sie mir sagen, was hier los is.« Heinzjürgen Schulze zielt und feuert ab. Spritzend zerfetzt es den Kopf von Emmas Schlafpuppe.
    Da kommen nun auch dem Metzger gerade ernsthafte Zweifel an seiner Menschenkenntnis, löst sich aus dem vom rechten Hauseck geworfenen Schatten blitzartig eine hagere Gestalt heraus. Gustav Eichner stürmt in den Lichtkegel des Flutlichtes, als hätte er auf seinen Auftritt gewartet. Applaus allerdings gibt es keinen,

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