Der Metzger sieht rot
verordnet, geht keiner heim, bevor es der Pospischill erlaubt. Und der denkt gar nicht daran, irgendetwas anderes zu erlauben als das Anlegen der entsprechenden Adjustierung für den bevorstehenden nächtlichen Ausflug ins Stadion. Ein Ausflug mit aller polizeilichen Gründlichkeit, die Spurensicherung hat, so durfte Eduard Pospischill dem vorangegangenen Telefonat entnehmen, schon der Oberst hinbestellt.
Vor dem Stadion begrüßt den Kommissar ein eher gereizt wirkender Stadionmanager.
Und während Karl Hohenecker nonverbal mit einer ausladenden Armbewegung und dem entsprechenden süffisanten Blick die doch großflächige Ausdehnung des Bauwerks kommentiert, meint er sarkastisch:
„Und wo wollen S’ zu suchen beginnen, Herr Kommissar?“
So als wäre der Hohenecker mitsamt seiner üblen Laune gar nicht anwesend, antwortet der Pospischill nüchtern, den Blick Richtung Gittertür:
„Bringen S’ uns in die Spielergarderobe!“
Dort angelangt, platzt dem Hohenecker dann der Kragen, ausgelöst durch die Anweisung des Kommissars.
„Garderoben aufsperren!“
„Was glauben Sie, erstens hab ich keinen Schlüssel, und zweitens können S’ da nicht einfach reinschauen!“
„Na, dann schaun S’, dass Sie erstens schleunigst Reserveschlüssel auftreiben, und zweitens, glauben S’ mir, Herr Hohenecker, ich darf alles!“
Genau hier platzt er! Mit einem Schlag ist es dem Stadionmanager zu eng in der Kragengegend, und mit glühenden Augen zückt er sein Telefon.
Der darauf folgende Anruf bringt ihm aber bei Weitem nicht die ersehnte Linderung.
Sehr zur therapeutischen Erleichterung des Pospischill, der in Anbetracht handyzückender Gegenüber die Anfänge einer leichten Paranoia in sich ortet.
Lange dauert es dann nicht, und der Zeugwart Walter Kuransky steht mit Reserveschlüsseln und Sportdirektor Heinz Hörmann in der Tür.
23
Die folgende Zeit bei Danjela erscheint plötzlich in einem ganz anderen Licht. Während im Nebenzimmer der Herzschlag der Hoffnung endgültig zu schlagen aufgehört hat, sind beim Metzger nach dem anfänglichen Schock ein paar Lebensgeister zurückgekehrt. Ausschlaggebend war sicher einerseits das erstmalig öffentliche Aussprechen der Anrede „meine Frau“, im Metzger hat sich nämlich durch dieses verbale Bekenntnis eine nie dagewesene Zugehörigkeit eingestellt, andererseits ist dem Willibald klar geworden, wie knapp die Danjela am Abgrund steht und trotzdem, in Anbetracht der drohenden Leere, immer noch genug Grund besteht, fest daran zu glauben, sie könnte sich den finalen Schritt nach vor momentan doch noch ersparen.
Ganz nach dem Vorbild Zusanne Vymetals beginnt der Metzger in Gegenwart der Djurkovic nun zu reden. Wie ein Wasserfall kommt ihm eine Geschichte nach der anderen über die Lippen, und wie er dann schließlich beim Thema Stadion landet, beugt sich der Willibald zur Danjela vor, um ihr diese seltsame Parfümgeschichte aus der Garderobe ins Ohr zu flüstern, während die neue im Erinnerungszentrum vergeblich auf Abruf wartet.
Die Begebenheit in der Alten Mühle lässt er aus, weil irgendwie kommt ihm ernsthaft der Gedanke, Danjela Djurkovic könnte vielleicht doch alles verstehen.
Dann schläft er kurz ein, mit einem Ellbogen am Bett aufgestützt. Was folgt, ist dieser betäubte Dämmerzustand zwischen schmerzhafter Müdigkeit und körperlichem Unbehagen. Um zwei Uhr gibt er schließlich gerädert den Kampf um eine halbwegs erträgliche Schlafposition auf.
Schweren Herzens verlässt er mit einem Abschiedskuss auf eine der beiden bandagierten Djurkovic-Wangen und den Worten „Ich wart auf dich, jeden weiteren Tag meines Lebens!“ das Zimmer.
Bewusstsein ist keine messbare Größe. Der wird nämlich noch ganz schön Augen machen, der Willibald, wenn er herausfindet, was dieser Satz seiner Danjela bedeutet hat.
Draußen auf dem Gang steht Johann König an die Wand gelehnt, den Blick zu Boden wie ein Verlorener. Ganz allein. Von der positiven Strahlkraft, die sein Bild in der Kicker-Saurias-Regis-Vereinszeitung dem Metzger vermittelt hat, fehlt jede Spur.
„Mein Beileid!“, meint der Willibald behutsam.
„Danke!“, Johann König, von dem man annimmt, er wäre von Leibwächtern und einer Horde Speichellecker umgeben, selbst zu seiner bittersten Stunde, hebt langsam den Kopf und blickt dem Metzger ruhig in die Augen. Sein Blick ist glasig, seine Stimme brüchig.
„Dass Sie mit mir reden!“
„Verzeihung, ich wollte Sie nicht stören!“
„So war
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