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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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er allerdings eine Liste an Dingen, die getan werden müssen. Jetzt. Das gebietet ihm seine Moral, und Lydia hätte das genauso gewollt.
    In allem hat sie das Gute gesucht, immer das Positive herausgestrichen, als wäre sie ein himmlischer Leuchtstift. Unrecht war für sie das größte aller Übel, da wurde sie fuchsteufelswild, konnte Hebel in Bewegung und Menschen unter Druck setzen, auch ihren eigenen Mann.
    Sie wird ihm fehlen. Sehr.
    Mit fester Absicht öffnet er die Tür.
    Selten, dass die Glocke so heftig anschlägt, selten, dass der Metzger in seiner Werkstatt Besuch bekommt. Noch nie hat er allerdings Besuch bekommen und dabei dermaßen erschüttert dreingeschaut.
    Johann König grüßt höflich und meint in Anbetracht dieser erstarrten Miene:
    „Komm ich ungelegen, oder sind Sie nun doch zur Einsicht meiner Mitschuld am Anschlag auf Ihre Frau gekommen?“
    Willibald Adrian Metzger starrt immer noch fassungslos auf dieses durchgestrichene „Danjela Djurkovic“, zwingt sich aber zur Höflichkeit und meint:
    „Weder noch.“ Was natürlich nicht stimmt, denn ungelegener geht gar nicht.
    „Was kann ich für Sie tun?“, fragt der Metzger versucht höflich.
    „Ich würde gern was für Sie tun, Herr Metzger. Mir tut das so leid mit Ihrer Frau, und ich biete Ihnen aufrichtig meine Hilfe an. Meine eigene Frau hätte das so gewollt. Also:
    Ich würde gerne Ihrer Frau die beste medizinische Versorgung zuteil werden lassen, vor allem, wenn sie aus dem Koma erwacht. Ich würde Ihnen gerne Ihre Fixkosten und eine Entschädigung zukommen lassen, damit Sie jede Minute unbeschwert im Spital verbringen können, so, wie es sich gehört.
    Und ich will Ihnen auf diesem Weg mitteilen, auch wenn das wahrlich ein schwacher Trost ist, Geld spielt keine Rolle. Fühlen Sie sich bitte durch dieses Angebot nicht gekränkt!“
    Der Metzger kann weder seine Verwunderung verbergen, gewiss verstärkt hervorgerufen durch das brennende Verlangen, schleunigst ins Spital zu kommen, noch die Vermutung, es könnte dem König ja viel mehr um sich selbst gehen und darum, seiner angeschlagenen Moral mittels Kaution zu einem Freigang zu verhelfen. Trotz dieses großzügigen – und im Grunde eigennützigen – Angebots reagiert der Metzger entsprechend ablehnend, natürlich mit einem respektvollen Maß an Freundlichkeit. „Was meine Frau betrifft, bin ich natürlich froh und dankbar über jede Unterstützung, was mich betrifft, schaff ich das schon. Das kann ich nicht annehmen, so gut es gemeint ist, Herr König. Ich hab bis jetzt immer finanziell unabhängig mein Leben gemeistert und mich nie in eine Abhängigkeit begeben!“
    Johann König bleibt hartnäckig:
    „Sie begeben sich in keine Abhängigkeit, wenn Sie mein Angebot annehmen und – ich will nichts dafür, außer meinen Seelenfrieden, obwohl ich weiß, den gibt es nicht zu kaufen“,
    geht dabei langsam durch die Werkstatt, inspiziert die Umgebung und setzt fort:
    „Wirklich sauber arbeiten Sie da, so ordentlich und liebevoll. Ich bin ja ein alter Sammler. Vorwiegend barocke Stücke, die haben’s mir besonders angetan!“
    Das ist das Letzte, was der Willibald jetzt braucht:
    Auf der einen Seite einen Bonzen, der auf altbekannte Art sein Gewissen beruhigen will, der gewiss unter dem Schock des überraschenden Unfalltodes seiner Frau leidet, den man im Grund nicht rauswerfen kann, denn das verbietet der Geschäftssinn noch vor der Höflichkeit, und der nun zu einer ausführlichen Werkstattbesichtigung ansetzt,
    und auf der anderen Seite ein Namensschild mit der möglichen Botschaft des Ablebens seiner Danjela, verbunden mit dem Drang, schleunigst zu ihr zu können.
    Er platzt beinah vor Verzweiflung, der Willibald, und entscheidet sich zur Offensive:
    „Herr König, ich will ehrlich sein! Ich weiß Ihr großzügiges Angebot sehr zu schätzen, habe aber gerade die Mitteilung erhalten, dass es meiner Frau sehr schlecht geht, deshalb mein Gesichtsausdruck bei Ihrem Eintreten. Eigentlich müsste ich ganz dringend ins Spital!“
    „Warum sagen Sie das nicht gleich! Bin ich ja doch ungelegen! Soll ich Sie hinfahren?“
    Und schon sitzt der Metzger in einer Luxuskarosse der Kategorie jenseits seiner Vorstellungskraft und wird von Johann König ins UKH gefahren, an dessen Rockzipfel für gewöhnlich die ganze Kolonne an Arschkriechern der Möchtegern-High-Society-Mitgliedern Schlange steht, bereit, alles für einen derartigen Chauffeurdienst zu geben. Was für eine verrückte

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