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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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des Jungspunds Kogler antwortet der Pospischill: „Nehmen S’ den Kogler mit!“
    Heute kann der Kogler also noch beweisen, ob er wirklich zur abgebrühten Irene Moritz passt.
    Und während sich gerade irgendwo in der Stadt, in einem versteckten Kämmerchen, die Tabernakelschrankbesitzerin Ingeborg Joachim vor den staunenden Augen des Spieltischbesitzers Otto Weinstadler nicht nur ihres Pelzes entledigt, holt der Frühling vergnügt zum nächsten absurden Schlag aus.
    Polizei-Jungspund Gerhard Kogler beweist nämlich in dominoday-artiger Manier, dass, wenn einmal der erste Stein der Ungeschicklichkeit gefallen ist, unweigerlich eine Kettenreaktion ausgelöst wird, dagegen ist eine La-Ola-Welle durchs Stadion ein kurzer Huster.
    Alles beginnt mit der Irene-Moritz-Idee, doch einmal das Steuer zu wechseln. Wobei es hier klarerweise nicht um das Ansinnen geht, endlich einmal eine Frau ans Lenkrad zu lassen. Irene Moritz fährt nämlich immer selbst, logisch, als mit Abstand herausragendste Absolventin des Dienstgruppen internen Fahrtechniklehrganges. Keiner will neben Irene Moritz ans Steuer.
    Ein Albtraum also für den verliebten Kogler, weil den Wunsch der Angebeteten abzulehnen, geht natürlich nicht. Gerhard Kogler, übrigens Schlechtester im Fahrtechniklehrgang und alles andere als ein gefühlsbetonter Fahrer, was absolut nicht auf sein Wesen zutrifft, ist dermaßen nervös, dass er völlig unbeabsichtigt zumindest in Ansätzen die Verhaltensanforderungen eines männlichen Lenkers in Gegenwart einer weiblichen Beifahrerin erfüllt, die da beispielsweise wären:

    1.) Halte der Frau die Beifahrertür auf, warte, bis sie eingestiegen ist, und reiche ihr den Gurt.
    2.) Schalte das Radio aus und zeige Gesprächsbereitschaft.
    3.) Wenn die Frau nicht spricht, ist sie entweder krank oder traurig, dann sprich du, oder sie hat Angst, dann ändere deine Fahrweise.
    4.) Lenke den Wagen mit Ruhe und Überblick ganz nach dem weiblichen Prinzip: Sicherheit, Sicherheit und Sicherheit. Handle folglich entgegen den Grundsätzen männlichen Fahrverhaltens (was beim Kogler sowieso generell der Fall ist) wie:
    -  Spurwechsel, sobald auch nur der geringste Verdacht entsteht, es könnte links oder rechts schneller gehen.
    -  Konsequentes Vorarbeiten in eine vordere Startreihe in Anbetracht einer rot werdenden Ampel. Schleifenlassen der Kupplung vor der roten Ampel und Ausnutzung der Unkonzentriertheit anderer Verkehrsteilnehmer beim Umspringen auf Grün, um weitere Plätze gut zu machen.
    -  Selbst bei den schwierigsten Verkehrssituationen stets den linken Ellbogen irgendwo an der Innenseite der Fahrertür aufgestützt lassen, immer mit der rechten Hand am Schalthebel bleiben und unter keinen Umständen beide Hände zur Bedienung des Lenkrads heranziehen.
    -  Vorrang muss man nicht geben, Vorrang muss man sich nehmen.
    -  Blinken ist ein Täuschungsmanöver.
    -  Lastwagenfahrer, Busfahrer, Mercedes-, BMW-, und Golf GTI-Fahrer, Lenker mit Hut, Fahrschüler, Mopedfahrer, Fahrradboten und Fahrzeuge der Post sind Feinde und müssen geschnitten, ausgebremst, abgedrängt und im besten Fall zum Stillstand gebracht werden.
    Nochmals: Handle also unter allen Umständen gegen diese Grundsätze.
    5.) Lass aber nie einen Zweifel darüber aufkommen, wer das Steuer in der Hand hat, um die hohe Wahrscheinlichkeit möglicher fahrtechnischer Hinweise von weiblicher Seite auf ein Minimum zu reduzieren. Sollten diese, was anzunehmen ist, doch erteilt werden, ersticke sie durch belächelnde Überheblichkeit und sarkastische Bemerkungen im Keim.
    6.) Sollte selbst das nichts nützen, halte den Wagen auch bei erhöhtem Verkehrsaufkommen mitten auf der Fahrbahn an, steig aus und bitte die Frau ans Steuer. Das hilft dann garantiert.
    7.) Achte darauf, dass die Stimme des Navigationsgerätes männlich ist, da die Gefahr besteht, dass Frauen in Gegenwart eines Mannes, der sich von einer anderen Frau etwas anschaffen lässt, dieses Recht ebenso in Anspruch nehmen wollen.
    8.) Um alles in der Welt, verkneif dir jeden Fluch.

    Irene Moritz macht ganz schön Augen, wie ihr der Kogler die Tür aufhält und den Gurt reicht. Unter normalen Umständen würde sie dies umgehend dazu nutzen, eine Diskussion über die Verniedlichung und Herabsetzung der Frauen anzustimmen, denn nichts widerstrebt ihr mehr als die Weiblichkeit entmündigende Kavaliere. Dem Kogler ist aber dermaßen die Angst ins Gesicht geschrieben, dass sein Türaufhalten den

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