Der Meuchelmord
Beichtstuhl. Sie wissen doch, wie ein Kardinal aussieht?« Das sollte wohl ein Witz sein. Er hatte keinen Blick von Kellers Gesicht gelassen.
»Er trägt ein rotes Gewand«, sagte Keller.
»Klar, er ist aufgeputzt wie ein Weihnachtsmann – nur ohne Bart. Den sollen Sie umblasen: Kardinal Regazzi. Und zwar während des Hochamts am Montagmorgen. Verstehen Sie? Er kommt an der Stelle herein, die auf dem Plan eingezeichnet ist, und verläßt die Kirche auch wieder hier. Wir können ihn von dem Beichtstuhl aus nächster Nähe abknallen oder auch auf dem Weg zum Hochaltar.«
Keller betrachtete die Skizze. »Und wie komme ich wieder 'raus?«
»Gleich neben dem Beichtstuhl gibt es einen Ausgang. Er führt zur 51. Straße. Hier.« Der Mann hatte einen Bleistift in der Hand. Keller sah, daß das Ende zerbissen war. Also schien auch dieser Kerl Nerven zu haben. Er zeichnete eine kurze Linie ein. »Hier verschwinden Sie. Die Tür liegt zwischen dem Beichtstuhl und dem Eingang für den Kardinal. Die beiden Türen dürfen Sie nicht verwechseln, weil Sie sonst in der Sakristei landen. Dort wird man Sie bestimmt nicht nett empfangen, nachdem Sie den Chef durchlöchert haben.« Er lachte. Es war ein eigenartiges Lachen, voll gutmütigen Humors.
»Bis hierhin alles klar?«
»Ich habe noch eine Menge Fragen«, entgegnete Keller.
»Die Antworten kriegen Sie«, sagte der andere. »Ich habe alles im Kopf.« Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn und fügte wieder hinzu: »Verstehen Sie?« Dann fuhr er fort: »Also, das geht folgendermaßen: Die Messe beginnt um halb elf. Immer wenn der Kardinal zu so einem öffentlichen Zirkus auftritt, wimmelte es von CIA, FBI und Polizisten. Man könnte keinen Zahnstocher 'reinschmuggeln und schon gar kein Schießeisen. Aber keine Sorge: Sie kommen unschuldig wie ein Baby herein, gehen den linken Seitengang 'runter und bis hierhin zum Beichtstuhl. Wann Sie drin verschwinden, ist Ihre Sache. Aber gleich hinter dem grünen Vorhang finden Sie eine Art Overall. Den ziehen Sie über. Es ist ein Anzug, wie ihn die Männer mit den Klingelbeuteln tragen. In diesem Teil der Kirche ist es ziemlich dunkel. Es macht also nichts, wenn einer der anderen Burschen im Overall Sie sieht. In der Kathedrale werden immer ein paar Neue als Ordner eingestellt, wenn viele Leute kommen. Außerdem wird es ohnehin gerammelt voll sein. Dann tun Sie so, als müßten Sie alles nachsehen. Gehen Sie zu dem Beichtstuhl, ziehen Sie den Vorhang zurück, als wollten Sie nachschauen, ob er auch leer ist – im Laufe der Nacht wird natürlich die ganze Kirche durchsucht, aber die Bullen machen trotzdem immer wieder Stichproben. Sie wissen ja, daß man bei Bobby Kennedys Beerdigung einen Kerl mit Eintrittskarte gefaßt hat, nur weil er bewaffnet war – Ihr Schießeisen hängt unter der Kniebank im Beichtstuhl. Sie ist mit einem grünen Stoff bezogen. Wenn Sie das Ding in der Mitte gerade hochheben, finden Sie in der Kniebank das geladene Eisen. Verstehen Sie?«
»Haben Sie noch jemanden in der Kirche selbst stationiert?« fragte Keller. Alles hörte sich so simpel an, aber auch ohne die Kathedrale gesehen zu haben, verstand er nun, warum man ihm so viel Geld geboten hatte: Nicht nur dafür, daß er einen Priester tötete, sondern weil er es in einem geschlossenen, von vielen Sicherheitsbeamten bewachten Raum tun mußte.
»Keine Sorge, mein Freund. Wenn wir etwas organisieren, dann tun wir's richtig. Sie finden den Anzug und die Waffe genau da, wo ich's gesagt habe. Wie das Zeug dort hinkommt, geht Sie nichts an.«
»Sie sagen also, ich kann durch diese Tür verschwinden.« Keller zeigte auf die Bleistiftlinie. »Woher wissen Sie, daß sie offen ist? Oder geht mich das auch nichts an?«
Der Mann hob halb scherzhaft, halb besänftigend die Hand.
»Nur nicht gleich wütend werden! Natürlich ist die Tür offen, aber sie wird bewacht. Innerhalb der Tür steht ein Mann, und ein anderer treibt sich draußen herum. Sie liegt ja gleich neben dem Eingang für den Kardinal.« Er zündete sich eine neue Zigarette an und zog gierig daran. »Sie brauchen sich nur um den Kerl draußen zu kümmern«, fuhr er fort. »Aber wie ich die Sache sehe, ist es ganz einfach: Er kommt herein, Sie schlagen ihn nieder, wenn er gerade an Ihnen vorbei ist, dann rennen Sie zu der Tür hinaus und machen, daß Sie schleunigst wieder hierherkommen. Verstehen Sie?«
»Und was mache ich mit der Waffe?«
»Einfach fallenlassen, Kumpel. Sie tragen
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